Zeitschriften im Test: Emma

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30 Jahre Emma – Zeit, um einmal ein paar Worte über mein Verhältnis zu dieser Zeitschrift zu verlieren. Was bedeutet mir diese Zeitschrift von Alice Schwarzer? Ganz ehrlich? Die Antwort auf diese Frage lautet schlicht und ergreifend: nichts. Ein einziges Mal stand ich im Zeitschriftenkiosk und dachte mir, och, könntest dir ja mal die Emma kaufen. Das ist noch gar nicht so lange her, da zierte nämlich Jürgen Vogel das Titelblatt. Ein Mann auf der Emma, ist ja eher selten gewesen, in den vergangenen 30 Jahren.

Einerseits ist es wohl traurig, dass ich nicht ein einziges Mal in meinem Leben Emma gelesen habe. So als Frau, junge Frau unter Männern. Und andererseits ist es vielleicht gar nicht so schlimm: Schließlich findet man Frauenthemen nicht nur in Emma, sondern auch in anderen Zeitschriften. Und auch wenn ich es nicht wirklich beurteilen kann, weil ich dieses Magazin bisher vortrefflich ignoriert habe, ist es vermutlich trotzdem ein Verdienst von Emma, dass ich in den vergangenen 30 Jahren nie wirklich Emma lesen musste. Weil meine Mutter zuhause immer Brigitte las, weil es auch in anderen Zeitungen und Zeitschriften (mittlerweile) Frauenthemen gibt.

Wenn Emma oder Alice Schwarzer also Frauenthemen, Feminismus und all den Kram in die deutsche Medienlandschaft gebracht hat, dann stimmt mich die Lektüre dieser Jubiläumszeitschrift verdammt traurig. Nicht, weil es anscheinend immer noch total wichtig ist/sein muss oder was auch immer, dass es Emma gibt. Nein, eher weil Emma es in all den Jahren nicht geschafft hat, sich so zu präsentieren, dass sie Spaß macht. Sie geht Themen an, die sicherlich irgendwie wichtig sind, aber so verquast geschrieben sind, dass höchstens Hardcore-Frauen diese gerne lesen.

Nun lehrt die (Frauen)Geschichte, dass, wann immer eine Spezies systematisch lächerlich gemacht wird, es damit eine besondere Bewandnis hat und die behauptete Lächerlichkeit, also Marginalität, meist im Gegensatz steht zur tatsächlichen, nämlich beachteten und für einige sogar bedrohlichen Bedeutung dieser Spezies.
(Entnommen aus dem Text: „Frauenbeauftragte – jenseits des Klischees“.)

Langweilig sind die Promi-Glückwünsche (Harald Schmidt, Reinhold Beckmann, Kai Diekmann, Dörte Gatermann (Architektin), Peter Hahne u.v.m.). Sie dürfen sagen, was sie 1. an Emma freut und 2. ärgert. Ihr seid sicherlich nicht sonderlich überrascht, dass die schlimmsten weil vorhersehbarsten Antworten auf diese Fragen auch die am meisten verwendeten Antworten sind. Sinngemäß: 1. und 2.: Dass es sie gibt.

In einem Text über Sarah Wiener geht es vor allem darum, dass sie kocht und eine Frau ist. Auch der Text über eine Betriebsratsvorsitzende thematisiert vor allem das Geschlecht der beschriebenen Person und als es dann um die EU-Generalanwältin Juliane Kokott geht, lerne ich noch hinzu, dass man Journalistinnen immer noch mit großem I schreibt.

Egal, ob Ulla Schmidt oder die vier Stimmenimitatorinnen (drei Angela Merkel, eine Ulla Schmidt) – Warum nur muss jeder Text das Frausein oder irgendeine Metaebene des Frauseins thematisieren?
Ich weiß nicht, wie oft ich mittlerweile Geschichten darüber gelesen habe, wie beschissen es als alleinerziehende Mutter ist: Die Anfeindungen aus den Kindergärten, von Kollegen, Freunden, Nachbarn, was für eine Rabenmutter man doch sei. Wahrscheinlich ist es wichtig, dass diese Texte geschrieben werden, immer wieder geschrieben werden. Ich kann’s nicht mehr lesen.

Das ist wohl ebenfalls ein Verdienst von Emma. Die Übersättigung. Ich weiß nur nicht, ob dies auch beabsichtigt war.

7 Antworten zu “Zeitschriften im Test: Emma”

  1. monika sagt:

    Also meistens ist ja ratsam, wenn man über Dinge, die man nicht kennt, auch nicht herzieht oder eine Art Kritik versucht. Wäre in diesem Fall meiner Meinung nach auch besser gewesen. Mir stellen sich jedenfalls die Nackenhaare auf, wenn ich lese, daß Du die Emma nicht gelesen hast, weil es ja die Brigitte gab, die schließlich auch Frauenthemen zum Inhalt hat. Soviel müßtest aber selbst Du, wenn Du nur ein bis zwei Emmas gelesen hast, wenigstens kapiert haben, daß man nämlich die Themen der Brigitte (Mode, Frisur, Schönheit usw. ) nun wahrlich nicht mit denen der Emma vergleichen kann. Und zum Spaß haben ist die Emma auch nicht gedacht oder sollte man über Themen wie z.B. die Beschneidung von Frauen (wogegen endlich, auch Dank Emma, die das oft thematisierte, endlich ein Gesetz erlassen wurde) zum Lachen finden?!
    Ich (65) würde mich zwar gerne als Feministin oder Emanze bezeichnen, darf ich aber nicht, weil ich nie für die Gleichberechtigung usw. gekämpft habe, sondern nur davon profitierte, daß es Frauen wie Alice Schwarzer gab, die diese ‚Arbeit‘ auch für mich erledigten, die ihren Kopf hingehalten haben und oft ‚Prügel‘ dafür einsteckten. Mein Dank dafür ging leider nicht einmal soweit, daß ich jemals eine Emma kaufte, sondern sie nur hin und wieder aus der Stadtbücherei kostenlos mitnahm. Stolz bin ich nicht darauf, aber wenigstens habe ich Respekt vor der Lebensleistung der Alice Schwarzer und ihrer Emma und es wäre schön, wenn auch junge Frauen das erreichte nicht immer für selbstverständlich hinnähmen oder es wenigstens unterlassen würden, eine solche unqualifizierte ‘Kritik’ von sich zu geben.

  2. Johannes sagt:

    Oh ja, da kommen sie also, die Emma-Leserinnen. Die Saat von 30 Jahre Hass predigen ist so wunderbar aufgegangen das man sich sogar schon gegenseitig zerfleischt. Danke Monika, für diese wundervolle Demonstration von Frauensolidarität, gegenseitiger Rücksichtnahme und Tolleranz.

  3. percanta sagt:

    Warum so grantig, Herr Johannes? Frau Monika hat sachliche Kritik geäußert, ist die unter Frauen nicht erlaubt?
    Und zum Thema (vor allem von Monikas Beitrag) – ich ärgere mich, wie Franzi vermutlich auch, über die „Gleichstellungsformulierungen“ à la „alle StudentInnen“, weil ich mich dadurch nicht MEHR gemeint fühle, sondern im Gegenteil peu a peu aus der Form „Studenten“ ausgeschlossen werde, die früher für beide galt (meinen Ohren nach). Mehr ärgere ich mich aber über häufig gehörte Aussagen wie „ich bin ja keine Emanze, aber… “ oder „also, nicht dass Ihr denkt, ich wäre Feminstin…“ – Frau Monika erklärt für mich sehr einsichtig, warum sie das LEIDER nicht sagen KANN, aber ich frage mich, warum so viele Frauen der angesprochenen jungen Generation, also auch meiner (ich bin genauso alt wie die EMMA), sich so dezidiert und abwehrend von Zuschreibungen wie „Feministin“ distanzieren wollen?
    Aus Furcht vor allen -ismen? Okay.
    Oder doch, um sich von den Anliegen und der Haltung zu distanzieren?
    Ich bin den frauenbewegten Frauen und damit auch Alice Schwarzer, die der Sache ein Gesicht und eine Stimme gegeben hat, sehr dankbar für das, was sie erreicht haben. Auch im Jahr 30 n.E. weiß ich nicht, wie ich Kinder und Karriere verbinden soll – was aber sicher NICHT an Emma & Co liegt, sondern eher daran, dass sich noch einiges mehr ändern muss.

  4. roman sagt:

    (dank dir konnte ich die frage nach dem namen der jubiläums-zeitung beantworten.)

  5. caro sagt:

    schade, franzi, dass du das meiner meinung nach sehr gut geratene und [mit realdoll bildern illustrierte und bordellbewertungsites-kommentaren versehene] dossier ‚prostitution‘ des jubiläumshefts nicht erwähnst. allein für dieses dossier und den darin enthaltenen kommentar ‚die debatte in frankreich‘ (oder ähnlich, hab das heft gerade nicht zur hand) lohnt sich meiner nach das heft.
    ja, so manche emmajounralistin verrennt sich manchmal in befremdliche argumentationen, und ja, das ‚fraufraufrau‘ ding erscheint seltsam, aber für mich ist das beste an emma, dass die dort vertretenen meinungen mich und meine meinung herausfordern. ’seh‘ ich das so?‘ ‚macht deren argumentation sinn?‘ ‚ist das wirklich so?‘. sowas passiert mir bei keinem anderen heft für frauen. die hab ich nach zehn minuten auf dem crosstrainer druchgeblättert und als unnütz beiseite gelegt. emma nicht.

  6. Maja sagt:

    Ich stimme Monika zu. Bin selbst „erst“ 26, dafür aber seit mehr als 6 Jahren Emma-Leserin. Und ich meine, dass man sie eben nicht auf dieses fraufraufrau reduzieren sollte. Es geht um mehr um die Gesellschaft in der nun mal 2 Geschlechter leben und eines seit ewigen Zeiten anders behandelt wird. Themen wie religiöser Fanatismus wurden diskutiert lange bevor sich irgendjemand damit befasst hat. Was v.a. in dieser Ausgabe in der Zusammenfassung der Geschichte der Emma ersichtlich wird, liebe Leserin. Und solange sachliche Kritik einer erfahrenen älteren Frau als zerfleischender Zickenterror o.ä. von dem anderen Geschlecht bezeichnet wird, haben „wir“ Emma nötig.

  7. Frauke sagt:

    Mich wundert in dieser gesamten Emma-Diskussion immer wieder, daß (wir) Frauen offenbar immer wieder betonen müssen, daß wir Frauen sind. Is doch gar nicht so ungewöhnlich! Muß man da immer drüber reden???

    Klar bin ich auch heute noch der Frauenbewegung dankbar. Die fing aber lagen vor Emma an… die hießen wohl damals Sufragetten und sind für das Wahlrecht auf die Straße gegangen… Emma ist doch eigentlich nur eine Zwischenstation auf dem Weg der Gleichberechtigung von Frau & Mann.

    Und noch was: wenn mein Freund mir die Wasser-Kiste abnimmt und in den 5. Stock trägt, freue ich mich, daß er mir hilft und beleidige ihn nicht (so wie es angeblich die Amerikanerinnen machen), weil er mir anscheinend unterstellt, daß ich es selbst nicht kann…