Bisher gehörte ich zu den Frauen, die nicht viel von einer Frauenquote hielten. Und rein rational spricht auch immer noch nicht besonders viel für eine solche Quotierung. Aus vielen Gründen, die auch die beiden Autorinnen des aktuellen Spiegel-Titels ansprechen. In der Wirtschaft sollte Leistung belohnt werden und in meiner Vorstellung ging ich immer davon aus, dass es in deutschen Unternehmen doch mittlerweile völlig normal sein sollte, die Besetzung von Posten eben ohne die Frage nach dem Geschlecht zu lösen, sondern basierend auf Faktoren wie Kompetenz, Erfahrung und vielleicht auch Belastbarkeit.
Natürlich weiß ich mittlerweile, dass es diesen Idealzustand noch lange nicht gibt. Natürlich geht es bei der Besetzung um diese harten Faktoren, aber eben nicht nur. Sympathie spielt eine große Rolle, Vertrauen und natürlich eine gehörige Prise Machtbewusstsein – wer gibt schon gern freiwillig einem potenziellen Nachfolger Raum, sich zu empfehlen? Und eben dann doch am Ende auch die Frage des Geschlechts. Es kann kein Zufall sein, dass die montägliche Redaktionskonferenz beim „Spiegel“ so männlich geprägt ist wie alle Redaktionskonferenzen, die ich bisher kennengelernt habe.
Nun könnte man sagen: Ja, der Journalismus, der ist ja eh ein eher männliches Terrain, kein Wunder, in anderen Branchen sieht das ja ganz anders aus. Zahlreiche Studie widerlegen dies.
Doch ist eine gesetzliche Quote die Lösung? Wie gesagt: eigentlich nein. Ist es erstrebenswert, eine Frau zu sein, die einen Führungsposten nur aufgrund eines gesetzlich vorgeschriebenen Schlüssels bekommen hat? Ich kann mich mit einem solchen Gedanken noch immer nicht so recht anfreunden. Und Ursula von der Leyen, die im Spiegel mit den Worten „Ich wäre von Herzen gern eine Quotenfrau, wenn ich damit eine Eisbrecherin wäre“ zitiert wird, sagt das meiner Meinung nach auch nur, weil sie es eben ohne die Quote geschafft hat.
Es mag naiv klingen, aber so ganz mag ich mich nicht von meinem Weltbild verabschieden. Nämlich, dass es auch ohne gesetzliche Zwänge gehen muss. Weil Frauen Kompetenzen haben, die Unternehmen bereichern können. Weil sie eine andere Sicht auf die Dinge mit in ein Unternehmen bringen können. Und weil die meisten Unternehmen eben Produkte für alle herstellen. Und nicht nur für 50 Prozent der Gesellschaft. Da muss es doch möglich sein, Lösungen zu finden.
Ich bin davon überzeugt, dass es genügend Frauen gibt, die bereit wären, sich auf die Bedingungen, die eine Führungsaufgabe mit sich bringt, einzulassen, Verantwortung zu übernehmen und dafür eben auch Kompromisse in ihrem Privat- und Familienleben einzugehen. Und mit Kompromissen meine ich nicht, komplett auf Kinder zu verzichten und das Leben auf die Karriere auszurichten. Ich würde mal behaupten, dass viele männliche Chefs auch deshalb so erfolgreich sind, weil sie Privatleben und Kinder haben, mal ganz unabhängig davon, dass es oft eine Frau im Hintergrund gibt, die den Alltag organisiert. Nicht ganz so überzeugt bin ich davon, ob Unternehmen wirklich bereit sind, Modelle zu entwickeln, die es insbesondere Frauen ermöglichen, flexible Lösungen für die Vereinbarkeit von Führungspositionen und Familie zu finden. Weil es ja auch irgendwie ohne die Frauen geht. Das hat die Vergangenheit ja gezeigt.
In dem Spiegel-Titel wird unter anderem auch Miriam Meckel zitiert: „Junge Frauen leiden oft an kognitiver Dissonanz, sie wollen nicht wahrhaben, dass ihre Aussichten beschränkt sind, weil das ihr Selbstbild erschüttert“. Auch wenn ich mit meiner von der Hoffnung auf die Selbstregulierung geprägten Ansicht vermutlich genau in diese Falle trete.
Ich könnte den Text jetzt mit einem „Mein Gott, wenn es ohne diese verdammte Quote halt nicht geht, dann macht halt“ beenden. Trotz allem: nein. Ich will noch ein kleines bisschen hoffen. Mal sehen, wie lange noch.