Das TV-Duell war eine Ü50-Debatte

Ja, es geht nicht anders, ich muss auch noch was zum so genannten TV-Duell sagen. Natürlich ist es wichtig, zu wissen, was die beiden Spitzenkandidaten über die aktuelle Nordkorea-Krise denken, welches Verhältnis Deutschland in der neuen Legislaturperiode zur Türkei haben möchte und wie es in Sachen Flüchtlingspolitik weitergeht. Aber anstatt den Großteil der Sendezeit diese und andere Themen wirklich zukunftsgewandt zu besprechen, führten die beiden Spitzenkandidaten oft eine Debatte über die Vergangenheit. War es nun richtig, wie Angela Merkel 2015 die drohende humanitäre Katastrophe verhinderte? Griechenlandrettung? Euro-Debatte? Das Diesel-Desaster?

Alles schön und gut. Aber was bedeutet es für ein Land, wenn mit der Autoindustrie eine der tragenden Säulen der deutschen Wirtschaft ins Wanken gerät und diese statt sich auf die Zukunft zu stürzen, lieber an in die Jahre gekommenen Technologien festhält? Und wie sieht es eigentlich mit den anderen, weniger plakativen, Säulen aus: Maschinenbau? Chemie? Wie behält Deutschland seine führende Rolle in der Weltwirtschaft? Wie halten wir unsere Gesellschaft zusammen? Wie modernisieren wir die Infrastruktur? Wann kommt denn nun der flächendeckende Breitbandausbau, den die Parteien seit Jahren in ihren Wahlprogrammen haben? Wie digitalisieren wir dieses Land wirklich? Und wie bereiten wir die junge Generation auf die Zukunft vor? Können Schulen und Universitäten das leisten oder bedarf es nicht auch größerer Investitionen in unser Bildungssystem? Und schaffen die Lehrer und Professoren eigentlich diesen Schritt? Ist unser Arbeitsmarkt noch flexibel genug für die neue Zeit?

Doch anstatt diese Fragen zu diskutieren, scheindebattierten Schulz und Merkel über Themen wie die Rente mit 70. Obwohl jeder weiß, dass in einer immer älter werdenden Gesellschaft mit weniger Kindern das System ohne signifikante Veränderungen nur kollabieren kann.

Das TV-Duell am Samstag offenbarte die Spaltung, die durch dieses Land mittlerweile geht. Auf der einen Seite die Generation Ü50 – kein Teilnehmer der Debatte war U50, keiner! – von denen viele die Jahre bis zum Ruhestand zählen. Die vielleicht mit ihrem bisherigen Handwerkszeug durchkommen werden. Auf der anderen Seite die Jüngeren, die wissen, dass nichts sicher ist: Wohlstand, Rente, Arbeitsplatz. Die wissen, dass von ihnen eine enorme Flexibilität abverlangt wird, weil sie sonst zurückbleiben werden. Aber die blieben mit ihren Themen bei dem einzigen öffentlichen Zusammentreffen der beiden Spitzenkandidaten außen vor. Auch weil sich die Moderatoren für diese Themen keine Zeit nehmen wollten.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat die Pflicht, „im Interesse von Informationsfreiheit und Demokratie, ein vielfältiges, umfassendes und ausgewogenes mediales Angebot zu sichern.“ Das TV-Duell gehörte definitiv nicht dazu.

PS: Nur wenige Stunden nach dem TV-Duell postete die FDP bei Facebook diesen Wahlkampfspot. Das ist kalkuliert – logisch, aber es ist auch vor allem gut gemacht. Und schon die NRW-Wahl hat gezeigt, dass die Strategie ausgehen könnte.

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