DLD10 – zweiter Tag

Die ersten Panels komplett verpasst. Obwohl ich mich sowieso schon nicht zwischen China und Identity entscheiden konnte. Aber es gab wichtigeres zu tun. Zum Beispiel ein Interview mit Jeff Jarvis führen, ein paar Videos drehen, reden und frühstücken. Danach saß ich in „Informavore“ – wenn schon mal ein Old-Media-Mann ein Buch schreibt und darüber auch noch auf einer New-Media-Veranstaltung reden darf, muss ich da natürlich hin.

Ich teile Frank Schirrmachers Angst vor der Informationsüberflutung nicht. Dennoch kann ich seine Argumentation in einer Hinsicht verstehen. Wir schaffen gerade Maschinen, die mächtig genug sind, uns in bestimmten Teilen des Lebens das Denken abzunehmen. Dass dies missbraucht werden kann, steht außer Frage. Dass diese Gefahr gesehen wird, gerade von der technikbegeisterten und -fixierten Meute, davon ist nicht auszugehen. Es macht wenig Sinn, auf Schirrmacher einzuprügeln. Letztendlich ist es ja gut, dass sich ein Denker (und ein solcher ist er ja ohne Frage) sich mit den großen Fragen der digitalen Welt auseinander setzt. Muss mir unbedingt auch mal dieses Edge.org anschauen. Leute, über die ich mehr wissen möchte: David Gelernter.

Richtig spannend wurde es dann beim Search-Panel. Bing, Wolfram Alpha, die russische Suchmaschine Yandex und natürlich Google sind hier vertreten. Es geht um die verschiedenen Konzepte, wobei die Vorstellung von Yandex vielleicht ein bisschen zu kurz kommt. Muss ich mir wohl nochmal genauer angucken. Ich bin schwer begeistert von dem Wolfram-Alpha-Ergebnis auf die Frage „weather in munich when angela merkel was born“ und enttäuscht von dem Eindruck, den Google bei mir hinterlässt. Ich bin ja selber nicht so eine Rampensau, aber ein bisschen mehr Show und große Worte hätte ich mir von Ben Gomes schon erwartet. Andererseits: Es ist auch schwer, wenn der Konkurrent mal eben sehr anschaulich macht, wie die Zukunft von Bings Kartenangebot aussieht. Es gab Szenenapplaus, wenn ich das mal eben kurz zusammenfassen darf. Blaise Aguera y Arcas nahm dies zum Anlass, mal ein bisschen auf die Kacke zu hauen. Man sei Google sehr dankbar für die Pionierarbeit, die da geleistet wurde, aber nun sei eine andere Zeit – vermutlich ziemlich frei übersetzt, aber so ist das bei mir hängengeblieben.

Das „Strategy“-Panel versprach schon allein von der Besetzung her, interessant zu werden. Googles Justiziar David Drummond, der noch vor einigen Wochen in einem Blogpost die neue China-Strategie erklärt hatte, Burdas neuer Mann Paul Bernhard Kallen und dann noch Thomson-Reuters-Mann Tom Glocer. Nachdem Drummond noch einmal die China-Strategie erklärt hatte, ging der Schlagabtausch zwischen Drummond und Kallen los. Er forderte noch einmal mehr Transparenz von Google. Der Gigant sei auf dem Weg zu einer Infrastruktur-Firma, so dass man sich nicht darauf verlassen könne, dass das, was heute getan werde, morgen noch gelte. Jeff Jarvis meldete sich zu Wort und wollte noch einmal wissen, was denn die deutschen Verlage meinten, wenn sie einen „Fair share“ von Google forderten. Darauf verlas Kallen die Geschäftsbedingungen von Google Adsense, nach denen es keinerlei verlässliche Angaben gibt, wie hoch der Anteil, den die Partner erhalten, denn nun sei. Alles liege nämlich in Ermessen von Google. Natürlich wurde in dieser Runde nichts geklärt. Spannend war es aber trotzdem.

Schreibe ich also auch noch etwas zu dem letzten Panel, dem ich beiwohnte. „Content“, meine Branche sozusagen. Jeff Jarvis führte durch die Runde, die aus möglichen Vertretern von Geschäftsmodellen für Content-Strategien der Zukunft bestand. Shawn Colo von Demand Media erklärte sein Geschäftsmodell, was Jarvis zwischendurch auf „content-farms, which fill the internet with crap“ verkürzte. In Suite 101 ist Burda bereits investiert, ähnliches Modell und dann war da noch der Quoten-Oldworldler von der Telegraph Media Group, Edward Roussel. Wirklich viel kam bei der Diskussion dann erwartungsgemäß nicht heraus. Gut aber, dass es zu diesen Modellen ein Panel gab. Was ich lustig fand: Dass Shawn Colo von Qualitätcontent sprach. Hab ich doch irgendwo schon mal gehört.

Und sonst? Das Nexus One zum Testen bekommen (200 Teilnehmer haben das Gerät sogar geschenkt bekommen), wirklich viele Videos gedreht, die ihr bald auf den passenden Blogs zu sehen bekommt. Interviews geführt, die es bei RP ONLINE zu lesen geben wird und nachgedacht. Über die leidige Paid-Content-Diskussion, sich meiner Meinung nach irrende Journalisten und Tagesschau-Apps. Aber dazu schreibe ich dann mal ein andermal.

Blogpost statt Abendprogramm. Obwohl ich so mal ins P1 gekommen wäre. Wurscht.

Eine Antwort zu “DLD10 – zweiter Tag”

  1. bernd sagt:

    Brillant – „content-farms, which fill the internet with crap“ trifft DemandMedia perfekt. Zeigt aber auch, dass die User im Internet Dinge suchen, die etablierte Anbieter nicht „mundgerecht servieren“. Vielleicht sollte der eine oder andere Ratgeber-Buchverlag sich mal ein paar SEO-Experten einkaufen …