Prag (3)

Nach einem dann doch noch schön gewordenen Tag in der Stadt hier eingekehrt. Nette Location, nicht weit entfernt von der Moldau und einer Brücke, von der man einen wunderbaren Blick auf die Burg und Umgebung hat. Da saßen wir nun und warteten bei anregender Musik auf das Essen. Dieses Elektrik-Gefrickel kann ich nicht immer ertragen, dort passte es aber. Ganz und gar nicht passend waren dann aber die Gäste, die sich nach und nach zu uns gesellten. Zunächst die Viererrunde, bestehend aus einem Ehepaar, Ende 50, und den beiden älteren Damen, Ende 60. Beide behost in der Trendfarbe beige saßen sie very british mit ihren großen Brillen, der goldenen Brosche am Revers und ihrem Rotwein. Und bissen ins kümmelgespeiste Brot. Eine Rentnergruppe kann sich ja irren – meint man. Doch als dann wenig später noch ein älteres Pärchen den Laden betrat, diesmal im unauffälligem Dunkelblau bekleidet, wunderte ich mich arg. Diese Menschen, die mit blauer Plastiktüte durch die Gegend laufen, setzen sich freiwillig in dieses Lokal, in dem sie laut mit einer Mischung aus Dub, Dance und was auch immer beschallt werden? In Prag ist doch alles anders.

Und heute Nacht war es dann soweit. Ich weiss nicht, ob ich nun diesen Grad der Entspannung erreicht habe, dass all das, was in den letzten Wochen vorgefallen war, wieder hochkochen konnte oder musste. Schön war es auf jeden Fall nicht und für den Begleiter sicherlich auch ein wenig überfordernd. Aber sie mussten raus, die Gefühle, auch heute morgen noch einmal. Trotzdem oder vielleicht auch deshalb wurde der Tag dann aber doch noch schön. Der letzte hier, im übrigen, weil es morgen weiter geht. Zurück nach Deutschland, jedoch in die Lieblingsstadt. Auf einen netten Abend, hoffentlich.

Prag (2)

‚Warum stürzt sich denn heute keiner aus dem Fenster, macht man das hier nicht so?‘ kalauerte der Begleiter heute Mittag auf dem Burggelände. Zu recht, folgten auf den ersten im Juli 1419, im September 1483, im Mai 1618, im Februar 1948 weitere. Warum also nicht auch einer im September 2004. Eine Geschichte fuer die Enkel, und wir wären live dabei gewesen.
Solch spannende Informationen sind den leider überschätzten Reiseführern zu entnehmen, die wir vor der Fahrt erworben hatten in Ermangelung eines in Deutschland wiederum absolut unterschätzten ‚Lonely Planet“. Der war in dem von uns aufgesuchten, und eigentlich gut sortierten Buchladen leider unauffindbar, was uns in den Glauben versetzte, dass es einen separaten Prag-Lonely-Planet nicht gibt. Für zukünftige Prag-Reisende hier die Entwarnung: Es gibt ihn sehr wohl. Jedoch muss an dieser Stelle ein absolutes Lob an die Tschechen gerichtet werden, bei denen der Lonely Planet nicht wie in Deutschland als Insider-Tipp fungiert, sondern in Hülle und Fülle unter die Leute gebracht wird. Und das sogar in tschechischer Sprache – Respekt!

Und gab es früher vornehmlich Reisegruppen, die von seltsamen Menschen mit Schirm in die Luft gereckt angeführt wurden, ändern sich in der heutigen Zeit auch diese Rituale. Der Touri-Guide von heute macht sich durch andere Gegenstände kenntlich: Fähnchen mit der heimischen Stadtflagge drauf (gesichtet wurde Hamburg) oder – passend zur Jahreszeit – gelben Plastikblümchen. Der Top-Tipp für angehende Guides ist jedoch immer noch die unkonventionelle Banane, die man leicht mit sich führen und nach der Benutzung auch angemessen vernichten kann. Unser Urteil: Praktisch!

Prag (1)

Nach einem anstrengenden Ankommtag gestern heute der erste Prag-Tag ohne schwere Tasche durch die U-Bahn tragen. Ohne erst an das eine Ende der Stadt fahren, weil dort die eigentliche Bleibe angedacht war, wir uns dann aber am abgelegensten Ort befanden und unmöglich bleiben konnten.

Heute dann durch die Stadt gelaufen, viel gesehen und wohl gefühlt. Eigentümliche Menschen. ‚Alte Menschen tragen hier gern große Brillen‘ urteilte der Begleiter gleich während der gestrigen U-Bahn-Fahrt. Wie recht er hatte. Auch die großen Brüste der weiblichen Prag-Bewohner fielen ihm wohlwollend ins Auge.

Es gibt sie schon, die schönen Seiten der goldenen Stadt. Allerdings nicht dort, wo man sie vermutet. Dort gibt es nur Lager von Bernsteinketten, Kristallglaskitsch, Matruschkas (schreibt man die so?) und vielen bunten, lustigen T-Shirts. Ob den Sprüche-auf-T-Shirts-Contest allerdings ‚Czech me out‘ oder ‚McShit‘ gewinnt, darauf konnten wir uns bisher nicht einigen. Aber wir haben ja auch noch ein paar Tage.

Los geht’s

So. Nur noch wenige Stunden dann geht es los. Auf nach Prag, auf in den Urlaub. Entspannen.
Ich werde es bestimmt nicht lassen können und ab und zu einen Gruß hinterlassen. Ob es zum Reiseberichtsmodus reicht, bleibt abzuwarten.

FILM: Sommersturm

Eine Zeit lang habe ich jeden neuen deutschen Film gesehen. Dann irgendwann, ich weiß nicht wann, hatte ich keine Lust mehr. Jetzt hatte ich wieder Lust und nach dem Hype der letzten Wochen auf allen TV-Kanälen und in den verschiedenen Kinos (ich habe in den letzten zwei Wochen so viele Mitarbeiter mit blauen Sommersturm-T-Shirts gesehen) war ich auch ein bisschen neugierig auf diesen Film.

Und was soll ich sagen: Muss man nicht sehen, diesen Film. Schon allein, weil so viele Klischees abgehandelt werden. Da ist die Figur dieser Sächsin, die nicht mal richtiges Sächsisch spricht, und die auf verbissene Ossi-Frau machen soll. Natürlich nur um die pubertierenden, sich selbst noch nicht gefundenen Zuschauer zu erheitern. Da ist die schwule Rudergruppe, von denen zwei natürlich furchtbar tuckig rüberkommen. Da ist der eine von ihnen, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, Hetero-Männer zur Bisexualität zu bekehren. Natürlich nicht ohne die Szene, in der er im Blaumann mit freiem Oberkörper die Muskeln spielen lässt. Da ist der hagere Blondi, der sich seiner Sexualität nicht sicher ist und sich in seinen besten Freund verliebt.

Ich könnte noch so viel weitermeckern, will ich aber gar nicht. Kinder, die nicht wissen, ob sie lieber mit Männlein oder Weiblein in die Kiste hüpfen sollen, können sich den Film ja gerne anschauen. Alle anderen sollten es lieber lassen. Alles schon mal dagewesen. Und nur um den Stadlober nun mit nem Kerl knutschen und fummeln zu sehen, lohnt sich der Gang an die Kinokasse wirklich nicht. Nur eins war gut an dem Film: das Nada-Surf-Lied (Blonde on Blonde) zu Beginn und am Ende. Vergesst Rosenstolz!

Urlaub rules!

Nur noch einmal schlafen.
Nur noch einmal aufstehen.
Nur noch einmal frühstücken.
Nur noch einmal duschen.
Nur noch einmal zur Arbeit fahren.
Nur noch einmal arbeiten.
Nur noch einmal Mittagspause machen.
Nur noch einmal arbeiten.
Und dann heimfahren.
Urlaub für zwei Wochen!

Wohnungswechsel

‚Wollen Sie sich nicht vergrößern?‘ fragte der Hausdrachen heute beim monatlichen Waschmünzen-Besorgen. Ääh, wusste sie, was ich bisher nicht einmal ahnen konnte? Doch bevor eine peinliche Stimmung zwischen uns auftreten konnte, schob sie nach, dass die Dame aus dem ersten ja ausziehen würde. ‚Eine freie Zwei-Zimmer-Wohnung, vielleicht wär das ja was für Sie‘, ja, vielleicht dachte ich und ahnte, dass die Bezahlung dieser Räumlichkeiten nicht in mein kleines Budget passen würden.

Aber schon hatten wir unser heutiges Small-Talk-Thema gefunden. Aus Frau Hausdrachen sprudelte es geradezu. Erst letztens habe sie beim Umzug ihrer Tochter mitgeholfen. Und die ist mit ihren 50 Jahren ja nun schon zehnmal umgezogen. Mir stockte der Atem, sollte auch ich nun einmal nachzählen? Auf die Gefahr hin, dass sie mir zu unserem kleinen Plausch gleich ein leckeres Likörchen verabreichte und mich in die heiligen Wohnzimmerhallen bot, wagte ich die Aussage, dass zehnmal ja nun wirklich nicht so viel seien. Schließlich habe auch ich es mit meinen jungen Jahren schon auf die stattliche Zahl von 11 Umzügen gebracht.
Die Zahl ausgesprochen erblickte ich die erstaunten Augen des Hausdrachens. Bisher konnte man wirklich davon ausgehen, dass diese Frau wirklich nichts umhaut. Nichts mehr. Ich war allerdings auch platt, als sie mir daraufhin berichtete, dass sie in ihrem langen Leben gerade zweimal die Wohnung gewechselt hatte. Vierzig Jahre sei sie nun schon in dieser Wohnung. Vierzig lange Jahre. Das könnte ich nicht, sagte ich nicht. Und grübelte bis vor die eigene Wohnungstür, ob ich noch ein paar Gedanken an den Umzug innerhalb dieses Hauses verschwenden sollte.

Hang over?

Eine durchzechte Nacht mit wenig Schlaf, meist ein Fall für Aspirin und Wasser in Mengen. Milch soll auch helfen, sagen Experten. Seit einiger Zeit gibt es für hart gesottene Männer und solche die dran glauben, auch das Duschgel zum Kater. Das mit dem Axe-Effekt, welches ich nach wenigen Stunden Schlaf heute morgen auch testen wollte. Was bei Männern wirken soll, kann doch auch für zarte Damenhaut nicht verkehrt sein. Und dann: Nichts. Kein Kribbeln, kein belebendes Gefühl. Darauf können auch nur Männer reinfallen. Ts.

Schmerz

Ich will nicht jammern. Wirklich nicht. Und weil jetzt sowieso jeder ahnt, dass nun ein großes ‚Aber‘ folgen muss: Es tut immer noch so weh. Mal mehr, mal weniger, es ist nicht schön, morgens vom Radiogedudel geweckt zu werden und als erstes zu fühlen, dass da immer noch was weh tut.

Ja. Und ich kenne auch die Antwort: Weiter kühlen, Kamillentee saufen und ab und zu eine neue Tablette einwerfen. Und auch jetzt sollte eigentlich dieses Wort mit den vier Buchstaben folgen: Ich will nicht mehr!

Will mir endlich wieder keine Gedanken darüber machen, dass das nächste ‚Coolpäck‘ kalt genug ist, um an die Backe gehalten zu werden. Will endlich wieder einmal kräftig zubeißen. In einen Apfel oder so. Und den Mund mal wieder richtig voll nehmen. Nicht nur verbal, versteht sich.

Blond gesträhnt, feschen Kurzhaarschnitt mit Mann und Kind kam sie daher. Trug unter ihrer leicht durchsichtigen weißen Bluse ein hübsches weißes Top, so eins, was die Leichtathletik-Frauen derzeit bei Olympia tragen. ‚Purhörerin‘ beschimpfte er sie. Verblüfftes, zustimmendes Nicken. Nie passte ein Schimpfwort besser.