Mister M. (2)

Viel mehr als E-Mails, ein paar Kurznachrichten oder einer Nachricht auf dem Anrufbeantworter gab es in den vergangenen Monaten zwischen uns nicht. Er wollte sich mal wieder melden, einfach so, mal hören, wie es so geht. Bei ihm gäbe es nicht viel Neues. Immer noch keinen Job, immer noch keine Frau. Oder immer noch keinen Job, aber gerade die absolute Traumfrau kennengelernt. Nicht nur einmal versuchte er mir klar zu machen, dass er SIE nun endlich gefunden habe. Sie, die Traumfrau, nach der er im Grunde sein gesamtes Leben gesucht hat. SIE, mit der er nun endlich eine Familie gründen wolle. SIE, mit der jetzt alles möglich sei.

Bei genauerem Nachfragen kam immer wieder heraus: Sie hatten sich entweder noch nicht einmal persönlich getroffen (‚die Chemie stimmt einfach, das merkt man schon an den E-Mails‘), oder waren gerade einmal einen Kaffee trinken. Aber in der letzten Zeit war es immer wieder die EINE.

Heute hatte er es wieder einmal geschafft. Ich war mal wieder zuhause, als das Telefon klingelte. Ich nahm ab und kaum hatten wir uns begrüßt, sprudelte es aus ihm heraus. Jetzt und jetzt wirklich, ohne Scheiß, er sei sich sowas von sicher, jetzt habe er endlich die RICHTIGE gefunden. ‚Soso‘, dachte ich nicht nur und hakte nach. Natürlich kannte er sie wieder einmal aus dem Internet (hey, nix gegen Internetbekanntschaften) und natürlich hatten sie sich am Samstag das erste Mal gesehen. Um fünf tranken sie noch Kaffee, um 23 Uhr, so ließ er mich wissen, knutschten sie und was dann noch folgte, muss ich dem interessierten und mit reichlich Fantasie ausgestatteten Leser sicherlich nicht erzählen. Er blieb bis Montag, erzählte er, nicht ohne zu erwähnen, dass er bereits am Freitag sich wieder auf den Weg nach Hannover machen werde. Diesmal dachte ich nur ‚Hannover, auch das noch‘ und ließ mir des Weiteren berichten, dass er schon bald bei ihr einziehen werde. Dass sie Kinder haben wollen, Heirat nicht ausgeschlossen.

Er ließ sich nicht davon abbringen. Mahnende Worte, die die Frage thematisieren, wie man denn innerhalb von knapp 48 Stunden all diese Themen schon angesprochen haben kann, wenn man doch gerade einmal die Körper aneinander gewöhnt, blockte er ab. Fragen, was ihn denn so sicher mache, was ihn dazu bewegte, auch noch gleich bei ihm einzuziehen, versandeten. SIE ist ES. Keine Frage.

Während er schwärmte, dachte ich nach. Darüber, wann ich das letzte Mal nach nur 48 Stunden sagen konnte, dass das jetzt ein Mann für mehr war. Darüber, ob ich einfach nicht in der Lage bin, an die große Liebe zu glauben. An diesen Blitz, der einfach nur einschlägt, mitten ins Herz trifft und dich verwandelt. In einen hoffnungslosen Romantiker, der daran glaubt, dass es das jetzt gewesen ist. Die Zukunft, die niemals endet.

Während ich darüber grübelte, fragte er mich plötzlich, ob ich dann, wenn der Nachwuchs da ist, nicht die Patenschaft übernehmen wolle. Ich schluckte. Ich? ‚Nein, bloß nicht‘, dachte ich und verneinte einsilbig.

Begründen musste ich meine Ablehnung nicht. Er akzeptierte schweigend. Und wieder einmal konnte ich auf meiner Liste der vielen Gründe gegen eine Liaison mit diesem Mann einen Punkt ergänzen.

4 Antworten zu “Mister M. (2)”

  1. Sachar sagt:

    Hättest Du doch nur O.C. gesehen. Morgen um 10.00 Uhr gibt es die Wiederholung. Programmier Deinen Videorecorder.

  2. franziska sagt:

    Da sprichst du ein Thema an, ich hab doch gar keinen Videorekorder.

  3. Lu sagt:

    ist das ein elend. ( also nicht wegen dem videorecorder )
    die leute nehmen sich für nichts mehr zeit.

  4. […] jährlichen Start meiner Super-Sommer-Sport-Offensive kläglich gescheitert bin. Dass sich Mister M. mal wieder gemeldet hat und nun dem Online-Dating abgeschworen hat. Dass ich gestern mal wieder […]