Daniel Schreiber: Liebe! Ein Aufruf

Wir alle kennen: Manchmal fühlt es sich an, als ob alles zu viel ist. Die Weltlage. Die Debatten. Das Tempo. Und dann noch diese Müdigkeit, die sich einschleicht, wenn man denkt: Ich kann sowieso nichts ändern.
Vielleicht war es genau deshalb gut, dass ich Daniel Schreibers neues Buch „Liebe! Ein Aufruf“ gelesen habe. Aber nicht nur deshalb.
Denn plötzlich war ich wieder da. Anfang des Jahres. Beim Schreibworkshop in einem Wald bei Kassel. Mit mir neun andere Menschen, die gerne schreiben und sich hier Feedback, Inspiration und vielleicht auch eine kleine Auszeit holen wollten.
Ich erinnere mich an meine Aufregung, als ich dort ankam. Und wie die Aufregung stieg, als ich meine Texte vorlas und darauf von fremden Menschen Feedback bekam. Wie ich an meinen Texten arbeitete und erfahren durfte, was Schreiben noch so alles kann. Ich erinnere mich an die Gespräche am Abend, in denen wir gemeinsam über die Weltlage nach Lösungen gesucht haben. Nach einem Rezept für den Umgang mit allem. Die Ohnmacht war zu spüren.
Umso mehr hat es mich berührt, dass sich Daniel Schreiber in diesem Buch genau diesem Gefühl gewidmet und als Setting für seine Gedankengänge eben genau einen dieser Schreibworkshops gewählt hat.
In „Liebe! Ein Aufruf“ hat er sich auf Spurensuche bei Philosoph*innen begeben. Von Hannah Arendt, unzählige andere bis hin zu Erich Fromm – er versucht herzuleiten, warum ausgerechnet die Liebe uns jetzt helfen kann. Klingt groß und ein wenig pathetisch. Aber er meint das ernst: Liebe als politische Kraft. Er zeigt, dass genau diese Idee die größten politischen Revolutionen angestoßen hat.
Ich musste beim Lesen oft nicken. Die Rhetorik des Hasses, die scheinbare Machtlosigkeit der Medien, die Kommunikationsmechanismen der Rechten zu durchschauen. Menschen ziehen sich zurück, meiden Nachrichten. Und verlieren den Glauben, dass politisches Handeln etwas bewirken kann.
Aber ist dieser Rückzug wirklich sinnvoll? Das Einigeln, das Weggucken?
Schreiber sagt: Nein. Zum Schluss wird er konstruktiv. Und das hat mich überrascht – weil das Buch bis dahin so viel Schwere trägt. Aber dann macht es Hoffnung. Es geht um Widerstand und Trost. Und darum, die eigene politische Stimme wiederzufinden.
Ein wirklich schöner Essay. Einer, der aufwühlt. Und einer, der so viele Hinweise auf Bücher gibt, dass ich jetzt alle noch lesen will.
Und es war mein dritter Daniel Schreiber (2021, 2024). Könnte sein, dass weitere folgen.
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