Karla Henning: Die Gleichzeitigkeit der Dinge

„Es ist nichts falsch an uns, wenn wir Weltschmerz empfinden, wenn wir uns gelähmt fühlen, wenn wir überfordert sind, wenn wir dem Drang nachgeben, abzuschalten, weil wir die Reize, die auf uns einprasseln, nicht mehr ertragen können. Vielleicht bedeutet es nur, dass wir noch in der Lage sind zu fühlen, was in der Welt geschieht.“
Das ist ein Zitat aus dem Buch „Die Gleichzeitigkeit der Dinge“ von Karla Henning und ich habe es deshalb ausgewählt, weil es zumindest mich am Wochenende ganz gut abgeholt hatte. Ja, auch mich nimmt es mit, wenn ein US-Präsident mal eben die Weltordnung, wie ich sie mein ganzes Leben kannte, auf den Kopf stellt.
Auch der Rest des Buchs bot mir wertvolle Einsichten. Es verknüpft Theorien, Studien und praktische Tipps, die uns helfen können, mit der Gleichzeitigkeit der Dinge umzugehen. Ich empfehle jedem, die 128 Seiten selbst zu lesen. Diese fünf Tipps habe ich für mich mitgenommen und vielleicht findest auch du sie nützlich:
1. Die Ambivalenz des Lebens akzeptieren
Das Leben vereint Freude und Schmerz, Hoffnung und Verlust. Es geht nicht darum, eines gegen das andere auszutauschen, sondern beides nebeneinander zuzulassen. Erlaube dir, widersprüchliche Emotionen zu empfinden, ohne sie sofort aufzulösen. Zum Beispiel kannst du gleichzeitig dankbar sein und dennoch Trauer über Verluste empfinden.
2. Trauer und Schmerz drücken aus, dass dir der Verlust etwas bedeutet
Trauer und Schmerz sind nicht nur negative Gefühle, sondern Zeichen dafür, dass uns etwas wichtig ist. Sie sind Resonanzgefühle und spiegeln unsere Verbundenheit mit der Welt und anderen Menschen wider. Trauer muss nicht überwunden werden, aber es hilft, darüber zu sprechen oder zu schreiben, um dem Gefühl Raum zu geben.
3. Die Schönheit im Schmerz erkennen
Unser Gehirn gewichtet Schmerz stärker als Schönheit (Negativity Bias). Doch Schönheit existiert auch in Momenten des Schmerzes. Wir müssen bewusst das Schöne wahrnehmen – in der Natur, in Begegnungen oder in Kunst und Musik. Dieses Staunen („Awe“) kann helfen, dich trotz schwieriger Umstände verbunden zu fühlen.
4. Verbundenheit können und müssen wir kultivieren
Ambivalenz lässt sich leichter in Verbindung mit anderen bewältigen. Brené Brown betont, dass echte Verbundenheit Verletzlichkeit erfordert. Eine Strategie kann hier sein, offen für Mikrobegegnungen zu sein, ob mit Fremden oder Vertrauten. Kleine Momente des Kontakts können helfen, sich weniger allein zu fühlen.
5. Einen inneren Anker finden
In einer Welt voller Krisen kann der Wunsch, sich abzuschotten oder in Aktivismus zu verausgaben, übermächtig werden. Der Schlüssel liegt darin, einen inneren Ort zu pflegen, der sowohl das Schwere als auch das Leichte hält. Achtsamkeitsübungen, Meditation und Schreiben können helfen, inneren Gleichmut zu entwickeln – eine Balance zwischen Mitgefühl und Selbstfürsorge, zwischen Engagement und Akzeptanz.
Wenn wir besser mit der Gleichzeitigkeit der Dinge umgehen, können wir auch besser kommunizieren – digital und analog.
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