Rückblick
Heute kamen sie wieder hoch. Die Erinnerungen an damals. An eine schwierige Zeit, die mich – je länger ich darüber nachdenke – mehr geprägt haben, als ich mir eigentlich immer eingestehen wolte. Die Vergangenheit, zu der ich mich anfangs nicht bekennen wollte, sie aber so offensichtlich war, dass ich mich schnell bemühte, alles, was daran erinnerte, so schnell wie möglich abzulegen. Schnell war der Akzent abgelegt, nur einzelne Worte verrieten mich noch. Freunde zu finden, weil man dazugehören wollte, aber doch merkte, dass es nicht so war. Dass man immer auf seine Herkunft reduziert wurde. Die Distanziertheit der Mitschüler, weil man vieles schon wusste, das Belächeln, weil man in anderen Fächern so gar keine Vorbildung hatte. Nicht einfach das.
Wenn ich nach meiner Herkunft gefragt werde, ist dieses Kapitel eines, was ich nicht sofort erzähle. Weil mir es nicht so wichtig erscheint und weil ich keine Lust auf die üblichen Fragen habe. Wie war das damals? Aber auch weil ich diese Blicke nicht möchte, diese Blicke, die mich in den ersten Jahren immer wieder trafen, verbunden mit dem Gefühl des Ausgegrenztseins.
Heute auf den Tag ist es 15 Jahre her. Der Umzug, das Entdecken der neuen Welt. Einer anderen Welt. Und immer wieder die Gedanken: Was wäre gewesen, wenn man dort geblieben wäre? Wenn es diese Zäsur in der eigenen Kindheit nicht gegeben hätte? Wenn alles beim Alten geblieben wäre oder auch nicht. Weil externe Einflüsse die Welt veränderten.
Komisch, dass ich gerade jetzt auf jemanden treffe, der genau das erlebt hat. Und komisch, dass ich nun gerade hier das Bedürfnis hatte, darüber zu schreiben. Weil es doch nirgendwo anders, einfacher wäre, diese Vergangenheit zu verschweigen.