Zeitschriften im Test: Allegra
Neulich am Zeitschriftenkiosk: Der Blick schweift durch die Frauenzeitschriftenreihe und was entdeckt er? Allegra, das Blatt, was Springer vor gar nicht allzu langer Zeit einstellte. Also, zwei Euro investiert und gleich mal gelesen. Doch leider muss ich sagen: Ich bin enttäuscht. Enttäuscht zum Beispiel von der Titeloptik.
Denn: Ich soll mich freuen, sagt Allegra. Auf Gefühle, Veränderungen, Worte, so die Überschrift. Muss sich wohl ein großer Artikel dahinter verbergen. Doch blicke ich ins Inhaltsverzeichnis, finde ich keinen einzigen Artikel, der irgendetwas mit diesem Thema und der mir angekündigten Freude zu tun haben könnte. Einzig auf der Leserbriefseite erzählt mir Jens Eichler, der Verleger der Zeitschrift, dass ich mich doch jetzt freuen kann. Weil Allegra so positiv ist, mir eine angenehme Zeit vermitteln und mich zum Entspannen anregen soll. Naja.
Doch Allegra kündigt auf dem Titel noch mehr an. Exklusiv gibt es Jürgen Vogel und einen gewissen Topher Grace. Ersteren gibt es im Interview, nicht ohne den Hinweis, dass sein neuer Film „Keine Lieder über die Liebe“ im Herbst ins Kino kommt. Leider drängt sich beim Lesen dieses Hinweises die Frage auf, ob die Autoren des Blattes wohl der Ansicht sind, dass es das Heft dann womöglich nicht mehr geben könnte, aber vielleicht bin ich auch nur einfach sehr sehr böse. Spannend ist auch, dass sich dieses Interview im Kapitel „Reportage“ befindet. Sind Interviews jetzt auch Reportagen? Oder kommen alle Texte in diesen Abschnitt, die sich über mehr als drei Seiten hinziehen?
Die zweite exklusive Person in diesem Heft ist Topher Grace, der ein Senkrechtstarter ist, denn mit 26 hat er eine Hauptrolle in „Reine Chefsache“ bekommen. Also, auf zu S. 120, zum Interview, welches mit der Überschrift „Ganz schön toph Herr Grace“ bestückt ist. Nein, ich erspare mir nun die Ausführungen über die wahnsinnige Denkarbeit der Autorin, die eine solche Überschrift ersonnen hat, will aber noch ein paar Worte zum Rest des Abschnitts „Entertainment“ verlieren, in dem sich besagtes Interview befindet. Neben weiteren Kinofilmtipps, gibt es die üblichen Platten-, DVD-, Ausstellungs- und Buchhinweise und auch eine Rubrik „Allegra Technik“, in der sich seltsamerweise nur Digitalkameras und DVD-Rekorder der Firma Panasonic befinden. Den Hinweis „Anzeige“ suche ich leider vergeblich. Eher lustig ist, dass auch eine Geschichte zum richtigen Umgang mit dem Chef im Kapitel „Entertainment“ zu finden ist.
Auch die anderen Geschichten, die auf dem Titel angekündigt werden, überzeugen mich nicht richtig. So verspricht „Flirtsignale: So sehen Sie ob ER will“ sicherlich ein bisschen Sex, was ja mittlerweile in jeder Frauenzeitschrift sein muss, doch auch hier lässt die Aufmachung zu Wünschen übrig. Bleiwüste auf zwei Seiten, viele Worte. Neu für mich ist allerdings, dass ich mich angesprochen fühlen sollte, wenn Männer sich durch die Haare fahren. Sie machen sich dann schön für mich. Auf der folgenden Seite gibt’s dann noch sieben Grundregeln für mich für einen gelungenen Flirt. Leider sehr abgedroschen, denn dass ich mich wohlfühlen, authentisch bleiben und vor allem interessiert zeigen soll, hab ich bestimmt schon tausend Mal in anderen einschlägigen Blättern gelesen.
Enttäuschend sind die auf dem Titel angekündigten Modeseiten. Ein Model mit hübschen Klamotten, nur eben unter Wasser. Doch leider kann man aufgrund der mangelnden Sicht unter Wasser nur sehr selten erkennen, was die gute Frau denn da so trägt. Schade.
Ich bin enttäuscht, entdecke dann aber auf S. 153 noch die Rubrik Short-Story, in der es Notizen von „Belle de jour“ gibt. Ja, ist es die Anne, die wir alle schon aus der Blogosphäre kennen? Das Thema könnte stimmen, schließlich geht es um die Tatsache, dass Männer über 30 einfach mal die besseren Liebhaber sind, doch hätte ein Hinweis darauf sicherlich gut getan.
Tja, kommen wir zum Fazit, und ich bewundere wieder einmal die fleißigen Leser, die es bis hierher geschafft haben: Ich bin enttäuscht. Leider kann Allegra nicht mit ihrem Vorgänger konkurrieren. Das Heft erscheint wie ein Schnellschuss, die meisten Artikel wirken nicht unbedingt klar durchdacht. Das ist schade, denn es gibt sie noch, die Leserinnen, die gehofft hatten, dass sie endlich ihre Allegra wiederhaben können. Das Layout ist nicht ansprechend, genausowenig wie eine Vielzahl der Bilder. Man kann nur hoffen, dass das Heft in der zweiten Ausgabe um vieles besser wird. Sonst heißt es schon bald wieder: Tschüß Allegra.
Also, ICH fahre mir definitiv NICHT durch die Haare :-)
Wahrscheinlich wäre es nicht schade drum. Denn mit der Ur-Allegra, die damals in den mittleren oder späten 90er-Jahren den Freundinnen, Brigitten & Co. Konkurrenz machte, hatte auch das Vorgänger-Modell schon lange nichts mehr zu tun. Ich werde die Jetztzeit-Allegra gern beim Zeitschriftenhändler meines Vertrauens in Augenschein nehmen. Wahrscheinlich auch nicht mehr als das, denn den ganzen dünnbrüstigen und v.a. auch Kleinformat-Frauenzeitschriften ist doch zu deutlich der Wille zum Personalkosten-Sparen und zur Produkt-PR im Focus-Layout anzumerken.
Schade, denn ich entspanne mich gern bei Qualitätsunterhaltung und da ist in dieser Art von Frauenregal nicht mehr viel geboten.
Es gab nach der Wende auch noch eine Weile eine transformierte Sibylle oder irgendwann in den frühen 90ern eine Zeitschrift namens „Viva“. Kennt die noch eine? Leider allesamt verschieden, wahrscheinlich weil zu gut gemacht.
Ich bin gespannt auf weitere Ergebnisse Ihrer „Stiftung Zeitschriftentest“, werte Franziska!
@Simon: Soso. Und was machst du so?
@Indica: Viva und Sibylle kenn ich beide leider nicht, aber du hast völlig recht: Die Ur-Allegra hatte mit den letzten alten Allegras nichts mehr zu tun
Hallo,
bezüglich Layout und Geschichten finde ich Allegra identisch mit dem im letzten Juni eingestellten Format…
Ich freu mich dass es Allegra wieder gibt, immerhin ist sie doch noch besser als Jolie, Glamour und Co…..