Tagebuch einer Volontärin (4)
Ich habe einen Termin. Die Sonne scheint und so gehe ich die lange Straße entlang und nehme nicht die Bahn. An den Geschäften vorbei, rechts die Verbraucherzentrale, links die Überbleibsel des „Bar-Code“, einer anderen Version von „Sonderbars“, „Wunderbars“ oder ähnlichen kreativen Einfällen von Barnamen. Wenn ich irgendwann eine Bar eröffnen sollte, wird sie keinen dieser Namen tragen. Sowieso hätte ich lieber eine Kneipe, so richtig schmierig. „Zum Volkswirt“ soll sie heißen, damit sich auch die Pseudo-Intellektuellen angesprochen fühlen.
Dann sitzen sie da, die Männer sind um die 50, die einzige Frau vielleicht ein bisschen älter. Sie betrachten uns vorsichtig, die Frauen von der Presse. Der offizielle Teil des Gesprächs beginnt. Die Damen von der Presse entdecken schnell, dass der Vereinsvorsitzende die an uns gerichteten Worte aus dem Hefter vorliest. Wir lesen nun fleißig mit, markieren uns die wichtigsten Absätze. Danach frage ich wie gewohnt nach, will, dass die eingesessenen Städter mir erklären, was sie so tun. „Lesen Sie das doch in unserer Broschüre nach.“ Ich weiß nicht, wie oft ich diesen Satz in den vergangenen Tagen schon gehört habe. Gedrucktes lässt sich immer so schwer zitieren.
Dass ich erst neu bin, sage ich meist, es vermeidet die ungläubigen Blicke, wenn man nach Stadtbekanntem fragt. Dass ich aus dem anderen Teil des Landes komme, finde ich nicht erwähnenswert. Ob es einfach nur der Akzent ist oder ob ich andere Fragen stelle, sie merken es sofort. Da hilft auch kein freiwilliges Händeschütteln.
Das hast du keine Chance. Nur wenige Menschen können Ihr altes Verhalten so ablegen. Man merkt eben oft aus welchem Teil die Menschen kommen. Ich spreche absolut keinen Dialekt, wenn ich meine Eltern im Rheinland besuche, werde ich an Kassen und in Geschäften immer gefragt ob ich „von drüben“ oder „aus der ehemaligen DDR“ oder „den Neuen Bundesländern bin. Dabei könnte ich als Berliner ja auch aus dem Westteil sein…