FILM: Broken Flowers
Ach ja, und im Kino war ich am Wochenende ja auch noch. Noch nie habe ich in einer 17.30-Uhr-Original-mit-Untertitel-Vorstellung (jaja, musste ich unterbringen, Image aufbessern) so viele Menschen jenseits der 50 gesehen. Ich hatte auch wirklich gehofft, das einige von denen nach der Werbung fluchtartig das Kino verlassen, weil sie merkten, dass das ganze ja auf Englisch ist, aber vielleicht wirken in solchen Kreisen die Untertitel doch sehr beruhigend (musste ich jetzt nochmal unterstreichen, aus Imagegründen natürlich). Aber egal, ich war ja nicht im Kino, um mich mal wieder in solchen Kreisen aufzuhalten, sondern um einen Film zu schauen. Einen schönen, wie ich fand, aber lest doch lieber selbst.
Der in die Jahre gekommene Don Johnston hat sich mittlerweile aus dem Berufsleben zurückgezogen. Seine jugendliche Freundin, die von Familie und Kindern träumt, hat ihn soeben verlassen. Da erhält er einen Brief einer Verflossenen, der ihm mitteilt, dass er der Vater eines 19-jährigen Sohnes ist. Leider wurde der Brief ohne Absender aufgegeben, so dass sich Don zunächst einmal einen Überblick über potenzielle Mütter machen muss. Sein Nachbar Winston, Hobby-Detektiv und glücklicher Familienvater, macht die Damen ausfindig und legt für Don eine Reiseroute fest, die er – teils widerwillig – antritt.
Dort trifft er auf Laura (Sharon Stone), mit der er prompt im Bett landet, Dora (Frances Conroy), die ein unbefriedigtes Eheleben zu führen scheint und Don immer noch schmachtend nachtrauert, Carmen (Jessica Lange), Tierkommunikatorin und arg durchgeknallt und Penny (Tilda Swinton), die aufgrund seines Erscheinens derart aufgebracht ist, dass sie ein paar Motorrad-Freaks auf ihn hetzt.
Er kehrt nach Hause zurück, keineswegs schlauer und trifft auf einen jungen Mann, den er für seinen Sohn hält, ja, sich mittlerweile sogar wünscht, dass dieser seine Suche beendet. Ob das gelingt, ist unerheblich, viel wichtiger ist, dass diese Suche nach einer Vergangenheit, nach einer möglichen sinnmachenden Zukunft so wunderbar anzuschauen ist, dass ich nur jedem empfehlen kann, Bill Murray dabei zuzuschauen. Ich mag ihn ja. Nicht erst seit „Lost in Translation“. Und auch in „Broken Flowers“ schafft er es, stehende Bilder mit Leben zu füllen. Auch wenn er nichts weiter tut, als in die Leere zu starren. Wunderbar.
Liebe Franziska, stell dir vor, ich bin über 50 und habe doch in einem solch undenkbar fortgeschrittenen Alter in der Schule genügend Englisch gelernt, dass ich Filmen im Original folgen kann. Den Film fand ich übrigens grandios. LG, Hannelore
Broken Flowers
Am Regisseur Jim Jarmusch scheiden sich die Geister: den einen sind seine Kameraeinstellungen zu lang, die Handlung zu dürftig – zu wenig Action – und die Schauspieler agieren oft mit Gesichtslähmung. Für andere hingegen machen gerade diese Kriterien die Qualität der Jarmuschfilme aus.
Der in die Jahre gekommene Computerexperte Don Johnston – mit „t“ – bekommt einen rosaroten Brief, in dem ihm eine Verflossene mitteilt, dass sie vor etwa 20 Jahren einen Sohn von ihm bekommen hat. Vom Nachbarn gedrängt, beginnt Don nach der möglichen Mutter seines Sohnes zu suchen. Auf seiner Reise trifft er die skurrilsten Vertreterinnen der amerikanischen oberen Mittelschicht: eine Maklerin in sterilem Ambiente mit hohlem Ehemann, eine Tierpsychologin, die hört, was die Tiere sagen, ein übrig gebliebener Althippie-Freak bei der ihm von ihren Freunden das Licht ausgeknipst wird.
Und schließlich einen Tramper, der sein Sohn sein könnte – sicher ist man aber nicht. Ihm teilt er seine Lebensphilosophie mit: “Die Vergangenheit ist vorbei, die Zukunft noch nicht da, alles was zählt ist das Jetzt.“
Wenn man sich die Zeit nimmt und mit auf das Roadmovie geht, bemerkt man die vielen kleinen Hinweise, die wie bei einer Schnitzeljagd den Weg weisen könnten.(rosa Brief, Bademantel, Visitenkarte, Schreibmaschine, Schleife am Rucksack) Doch sicher ist hier gar nichts. Vor allem das Ende hinterlässt viele Zuschauer ratlos. Hat Don denn nun seinen vermeintlichen Sohn gefunden oder nicht? Darauf kommt es anscheinend überhaupt nicht an. Die Suche ist Selbstzweck, der Weg ist das Ziel. Dem suchenden Don geht es eigentlich besser – er ist aktiv – als dem daheim auf der Couch liegenden, Fernsehenden Nichtstuer.