FILM: Brokeback Mountain
Dass ich anscheinend ein Problem mit Hollywood-Produktionen habe, erwähnte ich ja schon bei „Walk the Line“. Und auch diesmal saß ich im Kino und wartete darauf, dass endlich mal wieder die Tränen kullerten und ich am Ende des Films völlig mitgenommen aus dem Kino tapse. Nichts von beidem hat sich eingestellt. Die Geschichte um die zwei Cowboys, Ennis Del Mar (Heath Ledger) und Jack Twist (Jake Gyllenhaal), die sich in einem Sommer in den frühen sechziger Jahren beim Schafe hüten kennen lernen, hat bei mir keine Gefühlsstürme ausgelöst. Was ich natürlich sehr schade finde, weil der Stoff des Films ja geradezu dafür gemacht ist.
Die beiden, der eine arbeitet immer wieder als Aushilfe, der andere versucht sein Glück eigentlich als Rodeo-Reiter, kommen sich in der Einsamkeite der Berge von Wyoming näher. Nach diesem Sommer geht jeder seine eigenen Wege. Beide lernen eine Frau kennen, mit der sie auch Kinder bekommen. Bis sie sich nach drei oder vier Jahren wieder sehen. Natürlich können die beiden nicht voneinander lassen und so kommt es, dass sie sich in den folgenden Jahren alle paar Monate in die Berge verziehen und sich ihren Gefühlen hingeben. Doch für ein gemeinsames Leben kann sich besonders Ennis Del Mar nicht entscheiden. Auch nicht, als seine Ehe in die Brüche geht. Das mag daran liegen, dass er sich nicht wirklich traut, aber auch ein Erlebnis aus der Kindheit könnte der Grund dafür sein, dass er sich verpflichtet fühlt, seine Gefühle für diesen Mann in der Öffentlichkeit zu unterdrücken.
Ja, dem Regisseur Ang Lee gelingt es, auf einfühlsame Weise die Geschichte dieser beiden Männer zu erzählen. Er tut das weitgehend ohne sich irgendwelcher platter Klischees zu bedienen. Und beim Erzählen legt er unheimlich viel Wert auf Ästhetik. So hat man das Gefühl, das in jeder Einstellung das perfekte Bild gesucht wurde. Doch wie gesagt, ich bin nicht warm geworden mit dem Film (haha). Die 20 Jahre hin und her ziehen sich ewig in die Länge, es ist ein Plätschern mit viel Liebe, Schmerz, Trauer und Sehnsucht. Es ist wirklich schön anzuschauen, keine Frage. Ein weiterer Grund für meine Unzufriedenheit ist die Tatsache, dass dieser Film für mich ungefähr zehn Jahre zu spät kommt. Wir hatten Anfang der Neunziger bereits Schwule, die an AIDS gestorben sind, warum erst jetzt die schwulen Cowboys?
Keine Frage, „Brokeback Mountain“ ist ein guter Film, aber ein brillanter, herausragender, wichtiger? Für mich nicht.
Na klasse, und ich muss den heute schauen…
Ich guck heute ja „Transamerica“.
Den mit dem wunderbaren Trailersatz?!
Viel Spaß!
[Ich wollte am Sonntag übrigens noch schnell im Babylon „Ich und du und …“ schauen und stolperte aber in die „Lulu“-Premiere; ist vielleicht was für Deine nächsten TV-Film-Empfehlungen…]
Mir ging es ganz anders als Franzi, auch jetzt noch, vier Tage nach dem Kinobesuch. Seit Kieslowskis „Dekalog“-Zyklus hat mich kein Film mehr so berührt. Das existentielle Drama eines unkorrigierbar falsch gelebten Lebens so unprätentiös, unpathetisch und klischeefern darzustellen, latente Gefühle und latente Bedrohungen so subtil mit Allegorien (Hüte! Landschaften!) zu verknüpfen und das auch noch mit einem sensationell elegisch-melancholischen Soundtrack zu unterlegen – perfekter geht es kaum. Ich beneide Setza, dass ihr dieses bewegende Kinoereignis noch bevorsteht.
–> Matt
A)
Bin ein Kerl.
B)
Ich finde ja immer wieder schön, dass man Filme unterschiedlich sehen kann…
Mich hat der Film nicht so mitgenommen, womöglich auch, weil das widrige Leben von den wundervollen Bildern übertüncht wurde. Zwei Szenen allerding werden mir in Erinnerung bleiben: Der Abschied am Fluss und der Besuch bei den Eltern.
C) –>Franzi
Dass Dir die schwulen Cowboys 10 Jahre zu spät kommen, scheint mir ein bestechendes Bild von einem Klischee im Klischee… Wie wärs mit schwulen Astronauten?! Oder lesbischen Nutten? Oder schwulen Kohlekumpeln?
Womöglich ist das auch ein Problem des Films, nämlich, dass er mit einem Klischee zur Verdeutlichung überhöhen will (?) und doch nur das Klischee zementiert…
Immerhin, man wird angeregt, drüber reden…
Vielleicht wirkt die ganze Chose eben dadurch, daß es sich um ein Spiel mit dem Klischee handelt, aber auch nur verzweifelt aufgesetzt. Ich konnte mit dem Film auch nicht sonderlich viel anfangen, obwohl ich mit sehr hohen Erwartungen ins Kino gegangen war.
Ja, aber vielleicht sind die Erwartungen gerade das Problem.
Abschließend noch die Bemerkung: Es geht eigentlich gar nicht spezifisch um Schwule. Sondern um eine nicht gelebte Liebe – diese Tragik ist unabhängig von der Geschlechtszugehörigkeit.
Ich möchte allen übrigens Anke Gröners sehr schöne Rezension des Films nahelegen. Sie steht hier: http://www.ankegroener.de/?p=1409
Ja, das stimmt, Matt. (Beides.)
ich muss den film unbedingt noch mal auf deutsch sehen, weil ich im original einfach das genuschelte texanisch gar nicht verstanden habe. vielleicht eröffnet sich mir dann noch eine andere sichtweise, denn nach dem ersten schauen blieben mir eher die figuren als die story im kopf. ich konnte die zwanzigjährige entwicklung nicht so ganz nachvollziehen, weil die figuren sich äußerlich nicht großartig änderten. und wenn dann sahen sie wie die frau des rodeoreiters verkleidet aus. ich konnte ihnen ihr gespieltes alter einfach nicht abnehmen. ebenso diese vater tochter geschichte, als die tochter schon älter ist. ich dachte immer nur, daß er sie im nächten film als ihr date zum abschlußball begleitet.
vielleicht spricht mich beim nächsten schauen ja die inhaltliche seite an.
mich hat der film im gegensatz zu franziska sehr gepackt. aber: hut ab vor deiner kritik!