Moritz von Uslar: Waldstein oder Der Tod des Walter Gieseking am 6. Juni 2005

Mannmannmann, anders kann ich einen Blogeintrag über dieses Buch wohl nicht beginnen. Dass ich dieses Buch doch noch zu Ende gelesen habe, in der vergangenen Woche hatte ich schon nicht mehr daran geglaubt. Seit Wochen lag es auf dem Tisch herum. Manchmal lagen ein paar Zeitschriften darauf, manchmal sah ich die Farbe wieder hervorblitzen. Ich glaube, das Buch und mich verband eine Hassliebe. Gut geschrieben, keine Frage, wunderbare SMS-Prosa, schön kurze Sätze, ein paar Knaller dabei, aber dann dieses Thema. Gieseking ist Journalist, jaja, ich glaube, die Parallelen zwischen Autor und Roman-Ich sind wohl gewollt, und eigentlich mit Ellen zusammen. Schon lange und eigentlich sollten sie wohl mal zu Potte kommen. Doch Gieseking kneift, reist aus Waldstein ab und benötigt sieben lange Monate, um sich einzugestehen, dass er wohl doch in das langweilige Zweierleben abtauchen sollte. Weil er es eigentlich ja auch ganz gut findet.
Vorher maltretriert von Uslar den Leser aber mit dem ganzen Gehadere. Ein paar bissige Kommentare über Berlin, Klamotten, Musikgeschmack und Latte-Macchiato-Läden kann er sich nicht verkneifen. Doch gerade diese Passagen langweilten mich so sehr, dass ich mich wirklich fragte, warum der von Uslar denn das bitte nötig hat: In seinem Buch Klischees zu dreschen. Aber vielleicht war das ja gerade nicht der Autor, der uns seine Meinung aufdrücken wollte, sondern Giesekings Gelangweiltheit.
Aber ich schweife ab. Das Buch „Waldstein oder Der Tod des Walter Gieseking am 6. Juni 2005“ ist gut. Trotzdem. Weil von Uslar auf eindringliche Art und Weise von einem Leben erzählt, dass wohl viele Kerle in diesem Land führen. (Ich könnte jetzt noch ein bisschen darüber lamentieren, dass diese Haltung, diese Bindungsangst, dieses Verlangen nach dem Das-kann-doch-jetzt-nicht-alles-gewesen-sein-Gefühl auch ein Grund dafür ist, dass es in Deutschland so wenig glückliche Familien mit Kindern gibt, mach ich aber nicht.) Das hat er so gut geschrieben, dass ich immer wieder angewidert das Buch beiseite packen musste, weil dieser Gieseking mich so genervt hat. Auch selten, dass ein Buch das geschafft hat.

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