FILM: United 93

Als die zwei Flugzeuge ins World Trade Center rasten, war ich gerade in der Redaktion. Irgendwer schrie plötzlich auf, als er die Bilder sah, die da auf CNN gerade übertragen wurden. Der Rest des Tages war geprägt von Fassungslosigkeit, Hektik und einer Unruhe, die sich erst Wochen später wieder legte. Ich würde schon sagen, dass diese Ereignisse damals mein Leben veränderten. Ich übernahm Nachtschichten, beobachtete die Menschen, die mit mir mit der U-Bahn durch die Hauptstadt fuhren und wenn ich nicht arbeitete, hing ich trotzdem stundenlang vor dem Nachrichtensender.

Hilflosigkeit, Fassungslosigkeit, aber auch diese innere Unruhe – all das kam am Donnerstag wieder hoch, als ich den Film „United 93“ sah. Den Film, der zu zeigen versuchte, was sich an diesem Tag, dem 11. September 2001, im Flugzeug von United Airlines ereignete. Dem Flugzeug, dass sein Ziel nicht erreichte und in Pennsylvania zu Boden ging. Keiner überlebte.

Klar, ist die Frage berechtigt, warum man sich all das noch einmal in einem Film ansehen sollte. Auch ich kenne diese Geschichte natürlich, hatte von den letzten Telefonaten der Passagiere gehört, von der Revolte in letzter Minute, die allerdings nichts mehr genutzt hatte. Doch trotzdem bereue ich nicht, mir diesen Film noch einmal angeschaut zu haben. Er beschönigt nicht, kommt ganz ohne den typischen Hollywood-Heldenepos aus und zeigt die Hilflosigkeit des diensthabenden Personals zu Boden und in der Luft. Ein bedrückender Film. Als ich am vergangenen Dienstagabend die Kontrollen am Washingtoner Flughafen passierte, machte ich mich noch lustig, weil die Amerikaner alle freiwillig ihre Schuhe auszogen. Nach dem Film kann ich das sogar nachvollziehen.

8 Antworten zu “FILM: United 93”

  1. Anne sagt:

    Ich werde mir diesen Film sicher nicht ansehen. Nicht, weil ich damit prinzipiell ein Problem habe, im Gegenteil. Ich habe gute Kritiken gehört und gelesen und würde hier auch nicht mit dem Klischeeargument der Geldmacherei ankommen.
    Aber ich merke doch, dass ich da irgendwie ein ziemliches Trauma habe, und ich befürchte, dass mich dieser Film psychisch doch sehr mitnehmen würde. Das muss aber sicher jeder mit sich selbst ausmachen.

  2. franziska sagt:

    Ja, der Film nimmt mit. Kann dich verstehen.

  3. Dominik sagt:

    Das kann ich nur bestätigen. Selten so viel kalten Schweiß geschwitzt in einem Film.

  4. Setza sagt:

    Mich hätte ein Film über die Uraschen („Syriana“?) mehr interessiert als ein weiterer über die Symptome…

  5. […] 7:30 Mein Wecker klingelt das erste Mal. Das heißt noch lange nicht, dass ich sofort aus dem Bett hüpfe – Das wird noch eine Weile dauern. Aber egal. 7:45 Ich sprinte in die Dusche, dusche erst zu heiß, dann zu kalt, dann renne ich zum Frühstückstisch. In 30 Minuten muss ich an der Uni sein, und ich habe noch nichts gegessen. 8:15 In allerletzter Minute treffe ich an der Uni ein. Repetitorium Sachenrecht, wir besprechen Herausgabeansprüche und Zurückbehaltungsrechte. Immerhin interessanter als besonderes Verwaltungsrecht. Meinem Professor macht es heute Spaß, eingeschlafene und zu redselige Studenten unverhofft mit komplizierten Fragen aus dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis zu konfrontieren. Das bedeutet höchste Aufmerksamkeit, aber ich halte durch und bleibe dran. Am Ende des Repetitoriums bin ich wieder zwei Kilogramm schlauer. 11:00 Nachdem gestern nicht nur mein Motherboard, sondern auch noch der Router in der WG durchgebrannt ist, drehe ich meine tägliche Blogtour heute vom Uni-Rechner aus. Das Franziskript hat einen neuen Film rezensiert, in Paderborn wurde eine Polizistin angefahren. Wenig neues. 12:00 Urheberrecht. Gleich noch mal drei Stunden der selbe Professor, diesmal zum Thema Statutory-, Single- und Collective Licensing. Wir lernen, wieso die Softwareschutzrichtlinie dämlich ist, und welche Auswirkungen das auf die Karierre der EU-Beamtin hatte, die diese Richtlinie entworfen hat. Wichtigste Erkenntnis aus der Vorlesung: Der zweite Korb der Urheberrechtsreform ist möglicherweise verfassungswidrig. 14:00 Ich sitze im Auto eben jenes Profs, wir fahren zum „Institut für Informationsrecht“, wo es eine Seminarvorbesprechung geben soll. Ich stand hinter einem Mädchen, das den Professor gefragt hat, ob er sie mitnehmen kann, und da hab ich mich dann dran gehängt. Wir reden über ein neues Gesetzgebungsprojekt mit China, dass demnächst in Kooperation mit der Jura-Fakultät Münster ablaufen soll. 15:00 Das Seminar war nichts für mich. „Geschichte des Urheberrechts“ ist langweilig, zu viel Philosophie und zu wenig Praxisbezug für mich. Ich will lieber über Creative Commons und Open Source Software schreiben, aber das wiederum ist dem Prof zu wenig Geschichte. Fair enough. 15:30 Abgehetzt komme ich in der Rechtsanwaltskanzlei an, in der ich arbeite. Ein Mandant baut Schulden ab, mein Chef begleitet den Prozess juristisch. Es geht um beinahe eine Million Euro an Aktiva und Passiva, die ausgeglichen werden müssen, eine zehn Zentimeter dicke Akte muss durchgearbeitet werden. Viel Arbeit – wenig Zeit, sie zu erledigen. 17:30 Ich bin zurück im Institut. Nachdem „Geschichte des Urheberrechts“ mir nicht gefallen hat, hoffe ich auf ein nettes Thema im Seminar „Internetökonomie und Markenrecht“. Ich habe einen Termin beim Seminarleiter und versuche ihn zu überzeugen, mich über Creative Commons schreiben zu lassen. Er lässt mit sich reden, aber ich bin weiterhin unentschlossen. 18:15 Die eigentliche Seminarvorbesprechung findet statt. Ich entscheide mich nachher doch für ein anderes Thema: Es geht nun um die kartellrechtlichen Probleme der T-Online/Premiere-Kooperation. Das stellt mich vor zwei Probleme: Bis März nächsten Jahres muss ich Kartellrecht verstanden haben. Außerdem muss ich Skifahren lernen – das Seminar findet auf einer Alpenhütte statt. 19:00 Ich sitze in Adrians Wohnung und trinke Wasser. Wir kennen uns aus der Telekommunikationsrecht-Vorlesung und sind dabei, immer mehr Gemeinsamkeiten zu entdecken. Wir unterhalten uns über Netzpolitik, Rucksackreisen und die Arbeit als studentische Hilfskraft. Ich bemerke erst gegen 21:30, dass ich mich festgequatscht habe. 22:00 Seltsam, dass es um diese Zeit immer noch taghell ist. Ich habe einen Bärenhunger, als ich zu Hause ankomme, aber mich begrüßt nur der Duft einer gerade eben aufgegessenen Gyros-Pfanne. Verdammt. Immerhin hat einer meiner Mitbewohner Zwiebelmettwurst und Brot eingekauft, das ist beinahe genau so gut. 24:00 Gastbloggen verpflichtet. Außerdem war das schon ein Tag, von dem man erzählen kann, oder?   […]

  6. Rüdemann sagt:

    Den Film habe ich nicht gesehen, ich weiß nicht,ob ich den sehen möchte.
    Am 11. Sep. war ich auf dem Weg nach Hause kurz noch Einkaufen, im Radio dann die Meldung des ersten Einschlagens, kurz danach zu Hause dann der zweite Einflug live auf CNN. Ich rief meinen besten Freund an, meine Familie rief mich an und ich die übriegen: alle wollten hören, wie es einem geht.
    Bin ein tacken älter und wurde somit 1984 zur Musterung gebeten und für vollkommen tauglich befunden. Habe dann verweigert. Habe diese Verweigerung nach Lesens der Gesetze und der damaligen Freundschaft mit Einem, der buchstäblich keiner Fliege etwas hätte tun konnen, wieder widerrufen. Damals galt es nicht, eine DIN-A4 Seite zu füllen, sondern eine Art von Gericht, eine Anhörung zu überstehen. Der Knackpunkt jeder einer solchen Anhörung war die Frage: Sie sind mit ihrer Freundin im Park. Sie Haben eine Schußwaffe bei sich. Sie werden von einer Gruppe Männer überfallen, die Ihre Freundin wollen. Benutzen Sie die Waffe, um Ihr Mädchen zu schützen?
    Da wollte ich nicht lügen. Natürlich würde ich mich wehren.
    Mein Freund könnte aber gar nicht. Und das empfand ich, und empfinde das, als sehr ehrenvoll. Von mir selbst aber wußte ich: ich könnte, wenn ich müßte.
    Und relativ einfach, damals im noch kaltem Krieg. Hat sich erledigt.
    Habe den Film nicht gesehen, denke mir aber das da ein paar Männer kämpfen und heroisch die ganz große Katastrophe vermeiden, indem sie die Mitpassagiere opfern, die bis zu letzt von ihrem Dasein und dann Wegsein gar nichts wissen.
    Ich möchte so einen Film nicht sehen, der nur Spekultion sein kann. Ich würde gerne wissen, was war, was ist.
    Und nach dem 11. Sept. ist unser Leben anders, mal abgesehen von der Beschneidug unser Bürgerrechte. Denn du bist besorgt, ich bin besorgt.
    R

  7. Horst sagt:

    @ruedemann. Von breit inszeniertem Heroismus scheint der Film doch gerade Abstand zu nehmen. Abgesehen davon, dein Interesse an dem „was war, was ist“ in allen Ehren, aber glaubst du wirklich, es gibt nur die eine – und als solche empirisch belegbare – Wahrheit?

  8. Simon sagt:

    @Franzi:
    Sorry wegen des Pingbacks, ich wusste gar nicht, dass das Blog das macht. Kannst du löschen, wenn du willst.