Zeitschriften im Test: Business 2.0

business20.jpg

Manche von euch erinnern sich vielleicht, aber ich war ja vor gar nicht allzu langer Zeit auf der anderen Seite des Atlantiks. Und natürlich gibt es dort ebenfalls viele interessante Zeitschriften, die man durchaus einmal näher betrachten kann. Und ich kann mir vorstellen, dass sich viele von euch schon alleine an dem Titel dieser wunderbaren Zeitschrift erfreuen: Business 2.0. Die Zeitschrift zum Hype.

Das Magazin richtet sich, zumindest entnehme ich das mal den Artikeln, an Menschen, die an eine Idee glauben und diese umzusetzen versuchen. An all diejenigen, die schon immer einmal auf eigenen Beinen stehen wollten, und die hoffen, nach nur wenigen Monaten das richtig dicke Ding an Land gezogen zu haben. Eine Million Umsatz nach nur einem Jahr, wenn’s geht noch schneller.

Und so ist dieses Heft in die Rubriken „What’s next“, „What works“ und „What’s cool“ untergliedert. Es gibt ein so genanntes „Cheat Sheet“, auf dickerem Papier zum Rausnehmen, auf dem erklärt wird, wie man einen Auftrag vom Staat erhält, da dieser ja meist „Wachstum verspricht“.

In „What’s next“ dreht sich alles um Ideen, große Ideen natürlich, die dicken Dinger. Es geht um Networking, das Potenzial der Sahara, das Kohlendioxid in der Luft zu reduzieren, oder eine Elektronik-Shop-Idee, um Nerds anzulocken.
Lustigerweise gibt es in dieser Rubrik auch eine Geschichte, die den Titel Business 3.0 trägt, in der es um Produkte geht, die zum Trend werden könnten: Ein Apfel, der nicht nur Vitamine sondern auch Medikamente enthält oder eine Kinokarte, deren Preis sich danach bestimmt, wie viele Freunde sich den Film ebenfalls anschauen.
In „What works“ werden dann Ermutigungsstorys geliefert, ganz nach dem Motto, schau her, die haben es geschafft, dann sollte das für dich doch auch ein Klacks sein. Diese Rubrik hat mir am meisten Spaß bereitet, und diesmal meine ich es ernst. Teilweise liest man hier nämlich richtig schöne Geschichten, beispielsweise die von einer Ladenkette, die sich darauf spezialisiert hat, Männer auf traditionelle Art und Weise zu rasieren. Da liest man dann so schöne Sätze wie „Seventy-five percent of the men who come to our shops have shaving discomfort“. Oder erfährt, wie es dazu kam, dass die Becher bei Starbucks (zumindest in den USA) so schön fest, hitzeundurchlässig und dazu auch ein bisschen umweltfreundlich sind.

Staunen darf man dann bei der Geschichte „The 100 fastest growing technology companies“, die wirklich nett aufgemacht ist. Auf festem papier und die Unternehmen schön untereinander aufgelistet. Dazu noch ein paar Zeilen zum Potenzial, fertig ist die Träumer-Geschichte.

Auf den folgenden Seiten kommt dann noch die Titelgeschichte „How to build a bulletproof startup“, in der Schritt für Schritt erklärt wird, worauf man denn so achten muss, von der Idee über das Partner-Finden, das Schaffen eines Prototyps, eines Business-Plans bis hin zum Markteintritt. Alles Schritt für Schritt erklärt, damit ja nichts schief geht, muss man ja aufpassen, sonst lesen die Leute die Zeitschrift nicht mehr.

Bleibt noch „What’s cool“, die Rubrik für hippe Business-Leute. Und natürlich gibt es ein paar Produktvorstellungen, die in keinem Haushalt des erfolgreichen Managers fehlen dürfen (Digitalkameras, die zusammenfaltbare Kosmetiktasche (wisst ihr, was ich meine, ich hoffe doch), so genannte Booster Shots, sieht aus wie angereicherte Brausetabletten). Natürlich noch ein paar Reisetipps und was fürs Männerherz: Ein Auto.

Ein Fazit? Schlecht gemacht ist „Business 2.0“ wirklich nicht. Wer will, kann in diesem Magazin durchaus gute Geschichten um interessante Geschäftsideen und Unternehmer lesen. Meine liebste ist übrigens die, in der es darum geht, wie eine ganze Industrie entsteht, die Profit aus der zunehmenden Fettleibigkeit der Amerikaner schlägt („plus-size apparel is the fastest-growing segment of the clothing industry“).

Doch leider hat dieses Heft auch einen großen Makel. Es hat einen fürchterlich albernen Titel, der mich beinahe dazugebracht hätte, nicht groß darin zu lesen, sondern es ungelesen zu verreißen. Und das wäre doch wirklich schade gewesen.

5 Antworten zu “Zeitschriften im Test: Business 2.0”

  1. waschsalon sagt:

    der titel ist für deutsche geschmäcker mist. aber drüben funktioniert das. ausserdem finde ich solche mutmacherstorys gar nicht schlecht. mancher bekommt davon sogar wirklich eine idee oder den wesentlichen anstoss…

  2. armin sagt:

    business2.0 ist seit jeher ziemlich interessant und u.a. dank ohm malik (http://gigaom.com) extrem kompetent..und nicht nur seit dem neuen hype.
    aber du hast recht. cover zieht nicht die wurst vom brot.

  3. tknuewer sagt:

    Ach, Franzi. Du bist so jung. Und so unschuldig. ;-)
    Du hast sie nicht mitgemacht, jene Zeit, da Business 2.0 so dick war, dass ein Waffenschein nötig war. Schon damals war es das etwas albernere Wirtschaftsmagazin – aber auch das etwas kreativere. Eine deutsche Version hat sich schnell verabschiedet. Auch heute noch pendelt das Blatt immer zwischen „grandios“ und „Schülerzeitung“. Aber immerhin: Es lebt!

  4. franziska sagt:

    Albern: Keine Frage.
    (Kreativ aber auch. Ich wünsche mir diese Kreativität auch bei vielen deutschen Magazinen.)
    Aber verzeih, dass ich NUR diese Ausgabe betrachtet habe, ohne den Rattenschwanz der Vergangenheit zu berücksichtigen. (Ich muss mehr für meine älteren Leser tun, ich versteh schon. :) )

  5. Peter Turi sagt:

    Ne, Franzi, find ich gar nicht: Frau muss nicht zu jedem Blatt Vorgeschichten kennen, die alte Männer sich so am Lagerfeuer erzählen. Ich fand’s erfrischend, und habe daraus die ermutigende Erkenntnis gezogen, dass Dir nicht jedes Branchenmagazin, das ein 2.0 im Titel führt zuwider ist.