Über Au-pairs (1)
Elle schreibt über ihre Au-pair-Erfahrungen. Das könnte ich ja auch mal, schließlich war ich nach dem Abi auch für ein Jahr weg.
Als mich die Frau von der Au-pair-Vermittlung im Frühjahr anrief, klang alles ganz wunderbar. Zwei Kinder, Mädchen 7 und Junge 9 Jahre alt, ein Hund, eine kleine Farm, die Kinder leben bei dem Vater, alles ganz schön, wie mir das Mädchen verriet, die mit der Familie bereits seit einem Jahr lebte. Die erste Woche würde ich mit ihr verbringen, sie wollte mir alles zeigen.
Zu Beginn war alles sehr nett. Nur doof, dass mir das Mädchen nichts von den wochenendlichen Ausflügen des Vaters erzählt hatte. Der, 35, hatte gerade seine Jugend wiederentdeckt und zog mit einer Gruppe skurriler Menschen (he, ich war 19, vom Dorf und hatte arge Probleme, den Birmingham-Akzent zu verstehen) von Freitag an durch die Clubs. Netterweise kamen sie auch dann und wann zurück, am liebsten des Nachts, um sich frisch zu machen oder um irgendwelche Dinge zu konsumieren, von denen ich damals wenig verstand. Leise waren sie dann nicht, was zunächst den Hund aufweckte, dann meistens die Kinder. Das war denen aber egal.
Für meine Tätigkeit, die sich vom Haushalt schmeißen, über die Kinder-Bespaßung bis hin zum regelmäßigen Familieneinkauf hinzog, bekam ich damals 40 Euro. Dafür durfte ich aber auch das Au-pair-Auto benutzen, so oft ich wollte. Sprit musste ich wiederum selbst zahlen. Anfänglich gab er mir zwar einen Zuschuss, um die Fahrten für die Kinder zu bezahlen, doch irgendwann stellte er auch das ein. Ich ging dann in der Nachbarschaft ab und zu babysitten, manchmal auch putzen. Hauptsache, ich hatte ein bisschen Geld, um mein Leben dort auch noch zu genießen. Denn das muss man ihm lassen, unter der Woche brachte er die Kinder meist zu Bett, so dass ich die Abende für mich hatte.
Richtig anstrengend wurde es aber erst, als er immer öfter eine Frau mitbrachte, die, wie sich später herausstellte, ein oder zwei Jahre älter war als ich. Wie es schien, hatte er sich verliebt, kein Problem, schließlich war ich es nicht, doch schien es so, dass besagte Dame ein Problem damit hatte, dass da eine Fremde den Haushalt schmiss und sich auch noch um die Kinder kümmerte. Aus den beiden wurde dann auch noch was Ernstes und als mein Au-pair-Vater dann auch noch seinen Job verlor, hieß es: umziehen. Mein erster Umzug in England. Es sollten zwei weitere folgen.
Noch auf der Farm hatte ich beschlossen, die Familie zu verlassen. Schlüsselerlebnis war ein Sonntagmorgen, als ich beim Frühstückmachen ein Plastiktütchen mit Rückstände weißen Pulvers fand. Ich stellte ihn zur Rede, doch er tat so, als ob er von nichts wüsste. War von diesem Zeitpunkt aber vorsichtiger. Sie kehrten nun an ihren wochenendlichen Clubbing-Touren nicht mehr für einen Zwischenstopp heim, sondern kehrten erst völlig übernächtigt sonntagnachmittags zurück. Zum schlafen.
Bis Mitte Dezember blieb ich dann noch bei den Viern. Ich verkündete meinen Entschluss, die Familie zu verlassen. Er war wahnsinnig sauer, die Kinder weinten. Am nächsten Tag holte mich eine Freundin ab und ich verbrachte die Woche bis zu meinem Rückflug nach Deutschland bei ihr. Im neuen Jahr kam ich dann zurück. Zu der neuen Familie. Mit keinem Gedanken hatte ich darüber nachgedacht, ganz nach Deutschland zurückzukehren. Ich wollte meine College-Kurse weiterführen, ich wollte weiter diese Stadt und dieses Land kennenlernen.