Buch: Edgar Hilsenrath – Der Nazi und der Friseur
Ist es eigentlich schlimm, dass ich bis zu diesem Buch noch nie etwas von Edgar Hilsenrath gehört habe? Vermutlich. Und wenn man das alles durchliest, inklusive Nachwort, dann war ich schon recht verwundert, noch nie etwas von dem Herrn gehört zu haben.
„Der Nazi und der Friseur“ erzählt die Geschichte von Max Schulz, der den Großteil seiner Jugend mit dem Nachbarsjungen Itzig Finkelstein verbringt, dem Sohn des ansässigen jüdischen Friseurs. In dem Salon geht er auch in die Lehre, bis, ja bis, Hitler an die Macht kommt und das Zusammenleben der beiden ein wenig gestört wird. Max Schulz wendet sich von den Finkelsteins ab, arbeitet von nun an im Salon des Stiefvaters und tritt der SS bei. Während des Krieges mordet er im Erschießungslager Laubwalde. Er entgeht den „Russen“ nur knapp, kehrt nach Berlin zurück und schlägt sich dort mit wenig Verstand aber viel Geschick auf dem Schwarzmarkt durch. Doch als Max Schulz ist ein Leben in Deutschland nicht möglich. Als ehemaliger SS-Mann wird er nämlich gesucht. Da er bereits in seiner Jugend immer für einen Juden gehalten wurde, nimmt er die Identität seines Jugendfreundes an. Max Schulz heißt von nun an Itzig Finkelstein.
„Der Nazi und der Friseur“ erzählt ohne Rücksicht auf Befindlichkeiten und Moral die Geschichte des Wendehals Max Schulz, der nie wirklich antisemitisch war. Er ist einfach nur den Massen gefolgt. Ohne darüber groß nachzudenken, bringt er Tausende in Laubwalde um, versteht vielleicht auch, dass dies irgendwie falsch sein könnte, aber rebellieren, das kann er nicht. Er schlägt sich durch, reist bis nach Israel und baut sich dort ein neues Leben auf. Schuldgefühle? Nein. Warum auch. Er weiß, dass er unrecht getan hat, spricht von sich immer als „Ich, der Massenmörder“, doch er ist der Meinung, für seine Taten nicht unbedingt gerade stehen zu müssen.
Edgar Hilsenrath hat mich ein wenig ratlos zurückgelassen. Lange habe ich beispielsweise darüber nachgedacht, was mir das letzte Kapitel nun sagen wollte. Außerdem grübelte ich vor allem darüber, ob ich nun die Originalversion gelesen habe oder die deutsche Version, in der noch ein Kapitel hinzugefügt werden musste. Diese Frage blieb offen, so dass ich bisher eigentlich auch nicht sagen kann, ob mir dieser Schluss gefallen hat.