Keine Mauern, bitte
Seit der Thüringen-Wahl mir ein Tweet nicht mehr aus dem Kopf: „Ihr erinnert Euch an die Diskussion um die No Go-Areas. Thüringen ist seit heute so ein Ort.“ Der Tweet wurde am Sonntagabend als Reaktion auf das Wahlergebnis geschrieben. 31 Prozent der Thüringer wählten die Linke, 23,4 Prozent AfD, 21,8 Prozent CDU, 8,2 Prozent SPD, 5,2 Prozent Grün und 5 Prozent FDP. Und natürlich ist es krass, dass die AfD knapp ein Viertel der Stimmen erhalten hat. Doch liegt die Lösung in der Abgrenzung, im Nicht-Dialog? Da könnte man ja gleich wieder eine Mauer bauen.
Diese Verweigerungshaltung erleben wir derzeit nicht nur bei politischen Fragen. Fleischesser, Vielflieger, Mütter, die Vollzeit arbeiten oder zuhause bleiben, alte Männer, Vermietende, um nur einige zu nennen – sie alle werden zunehmend offen angefeindet, Thomas Knüwer spricht gar vom aufkeimenden Lebensstil-Terrorismus.
Und natürlich spielen die Mechanismen der Social-Media-Plattformen in dieser Entwicklung keine unerhebliche Rolle. Dadurch dass es sich viele in ihrer kuscheligen Meinungsblase gemütlich machen, sinkt die Toleranz gegenüber Andersdenkenden, die Auseinandersetzung wird zunehmend müßiger, Bestätigung ist schöner und weniger anstrengend.
Interessanterweise äußerte sich in dieser Woche auch Barack Obama zur Debattenkultur: „One danger I see among young people particularly on college campuses […] – and this is accelerated by social media – there is this sense sometimes of ‚the way of me making change is to be as judgmental as possible about other people and that’s enough. (…) You know, that’s not activism. That’s not bringing about change. If all you’re doing is casting stones, you’re probably not going to get that far.“
Eigentlich wissen wir doch, dass Steine werfen oder Mauern bauen keine guten Ideen sind.
(Dieser Text ist in abgewandelter Form bereits in meinem wöchentlichen Newsletter erschienen, den du hier abonnieren kannst.)