Die spannendsten Erkenntnisse aus dem Digital News Report 2020

Einmal im Jahr erscheint der Digital News Report vom Reuters Institute und es ist ein wunderbarer Rundumschlag, wie es der Medienbranche, wie es dem digitalen Journalismus so geht. Du kannst Erkenntnisse darüber gewinnen, wie Medien konsumiert werden, wie erfolgreich Geschäftsmodelle sind und welche Trends es in den unterschiedlichen Ländern gibt – um eben daraus auch Schlüsse für die eigene Strategie zu gewinnen. Die Corona-Pandemie hat da bestimmte Trends noch einmal verschärft und viele Geschäftsmodelle kurzfristig unter Druck gebracht. Eine der Kernerkenntnisse: Langfristig werden die Publisher erfolgreich sein, die eine starke und tiefe Verbindung zu ihren Zielgruppen aufbauen – mit neuen Formaten und Produkten, die Treue und Engagement fördern wie personalisierte Newsletter oder Podcasts. Nicht neu, aber schön das auch hier mal wieder zu lesen. Mein Fazit: Medien müssen jetzt erst recht so richtig Gas geben.
Die aus meiner Sicht zehn spannendsten Fakten aus dem Report.

1. Die Corona-Pandemie hat den Medienkonsum digitalisiert – TV-Nachrichten und Online-Newsquellen stillten das Informationsbedürfnis. Gleichzeitig ist der Konsum von gedruckten Zeitungen gesunken – die digitale Zukunft ist nun also noch ein bisschen näher gerückt. Sprich: Die Digitalisierung der Medien wurde noch einmal beschleunigt.

2. Nachdem die ARD/ZDF-Massenkommunikationstrends im vergangenen Herbst ja eine Abkehr vom Lesen hin zum Hören und vor allem Sehen von Nachrichten attestiert hatten, zeigt der Digital News Report immer noch eine deutliche Dominanz des Lesens. 58 Prozent bevorzugen es, Nachrichten im Internet zu lesen, 26 Prozent schauen Videos und 7 Prozent hören. Hinsichtlich dieser Verteilung gibt es kaum Unterschiede zwischen den Altersgruppen.

3. Der Nachrichtenkonsum ist noch mobiler geworden: 58 Prozent der befragten Internetnutzer ab 18 Jahren verwenden das Smartphone auch, um Nachrichten im Internet zu lesen, zu schauen oder zu hören (2019: 56 Prozent).

4. In vielen Ländern ist die Zahlungsbereitschaft für Online-Nachrichten gestiegen – weil sie der Meinung sind, dann bessere Informationen zu erhalten. Allerdings ist eine große Anzahl an Menschen zufrieden mit den Inhalten, die zur freien Verfügung stehen. Rund die Hälfte sagt, dass es für sie kein Argument gäbe, online für Nachrichten zu bezahlen.

5. Zehn Prozent der in Deutschland befragten Teilnehmer:innen geben an, dass sie im vergangenen Jahr für Online-Nachrichten bezahlt haben. Das entspricht einem Anstieg von zwei Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr und ist der höchste Wert, der seit 2013 gemessen wurde. In Norwegen liegt der Anteil im Vergleich bei 42 Prozent, in den USA bei 20 Prozent, in Frankreich wiederum bei zehn Prozent.

6. Gerade die Lokalzeitungen hat es durch die Corona-Pandemie stark getroffen. Allerdings geben 54 Prozent der Deutschen geben an, dass sie ihre Lokalzeitung vermissen würden, wenn es sie nicht mehr gäbe – in keinem anderen Land ist dieser Wert höher. 79 Prozent der Internetnutzer ist in Deutschland ist der Ansicht, dass ein unabhängiger Journalismus für das Funktionieren einer Gesellschaft wichtig ist.

7. Die Sorge vor Fake News im Internet ist in Deutschland mit 37 Prozent vergleichsweise schwach ausgeprägt.

8. Bei den Social Networks prescht Instagram als Newsquelle vor allem für die jüngere Generation voraus. In Deutschland gaben 38 Prozent der 18- bis 24-Jährigen an, Instagram in der vergangenen Woche für den Nachrichtenkonsum genutzt zu haben. In der Gesamtbevölkerung dominiert Facebook.

9. Auch wenn soziale Netzwerke für viele als Newsquelle dienen, der Anteil derer, die sich selbst aktiv an der Nachrichtenberichterstattung beteiligen ist gering: Elf Prozent teilen regelmäßig Nachrichtenbeiträge in sozialen Medien und zehn Prozent kommentieren auch.

10. Der Podcast-Hype ist in Deutschland nicht so ausgeprägt wie in anderen Ländern, trotz steigender Zahlen.

Wenn dir das alles nicht reicht, hier der Link zum gesamten Report.

Dieser Text ist zuerst in meinem Newsletter erschienen. Abonniere ihn hier.

Digitale Abos: Haltbarkeitsdatum abgelaufen

In den vergangenen Wochen gab es aus der deutschen Medienbranche viele Jubelmeldungen: 10.000 neue Plus-Abonnenten bei der FAZ in nur einer Woche, 8000 zusätzliche Digitalabos bei Stuttgarter Zeitung und Nachrichten, DIE ZEIT verkündete eine Verdopplung der Neuabonnenten im Vergleich zum besten Monat in 2019 und auch Madsack freute sich über fünfmal so viele Digitale Plus-Abos pro Tag wie sonst. Endlich Hoffnung könnte man meinen.

Doch so einfach ist es natürlich nicht, Menschen für ein Digitalabo zu begeistern, die vor allem wegen eines Themas bereit waren, Geld auszugeben. Denn wer sich für Corona und die (direkten) Auswirkungen interessiert, der interessiert sich nicht zwangsläufig für die aktuellen Entwicklungen der Kommunalpolitik oder des ansässigen Fußballvereins.

Und obwohl es eines der wichtigen Themen des diesjährigen Paid Content Summit bei Axel Springer war, beschäftigen sich immer noch viel zu wenige damit, wie sie ihre gerade gewonnenen Abonnenten am geschicktesten bei der Stange halten, die sogenannte Haltbarkeit erhöhen.

Beispiel gefällig? Vor ungefähr drei Wochen habe ich ein digitales Probe-Abo bei einem Regionalverlag abgeschlossen. 30 Tage Testphase und so. Und nun rate mal, wie häufig besagte Medienmarke seitdem versucht hat, mit mir in Kontakt zu treten. Richtig. Kein einziges Mal. Kein Morgen- oder Abendnewsletter, kein Begrüßungsschreiben des Chefredakteurs, kein Hinweis auf Updates zu besagtem Thema, weshalb ich das Abo abgeschlossen hatte.

Offenbar ist es immer noch einfacher, Subventionen durchzudrücken, als das mit dem digitalen Geschäftsmodell mal ernsthaft zu probieren.

Dieser Text ist zuerst in meinem Newsletter erschienen. Abonniere ihn hier.

Rutger Bregman: Im Grunde gut

Lies das Buch „Im Grunde gut“ von Rutger Bregman oder höre es. Es ist eine wunderbare Reise durch unsere Geschichte. Es geht um Vorurteile und Vorannahmen, die wir treffen, die von vielen Seiten – und Bregman kritisiert dabei immer wieder die Rolle der Medien – verstärkt werden. Am beeindruckendsten war für mich eines der letzten Kapitel: Bregman beschreibt von einer Begebenheit aus dem ersten Weltkrieg, Weihnachten 1914, und wie dort Soldaten, die sich am Tag zuvor noch bekämpft haben, gemeinsam Weihnachten gefeiert haben. Weil sie gemerkt haben, dass die andere Seite ja doch nicht so schlimm und böse gewesen ist, wie ihnen immer vermittelt worden war. Bregman verweist dort auch auf eine BBC-Reportage (Ich finde gerade nur das hier).

Das Buch ist wichtig, gerade auch in den heutigen Zeiten, in denen der Ton in den sozialen Netzwerken rau geworden ist. Die Politik des Wegschauens ist keine gute. Nur wenn wir in den Kontakt mit dem Fremden gehen, können wir Vorurteile abbauen. Die Einstellung, die Bregman progagiert, im Zweifelsfall vom Guten auszugehen, oder zumindest von der positiven Intention, kann dabei hilfreich sein. Also: gutes Buch, lesen lohnt sich.