Massenkommunikationstrends 2020: Wie die Deutschen Medien nutzen

Welche Medien nutzen die Deutschen? Das ist eine der Fragen, die die Massenkommunikationstrends 2020 jedes Jahr beantworten möchte, eine Langzeitstudie von ARD und ZDF. Basis dafür sind telefonische Interviews. Und natürlich: Es ist EINE Studie von vielen, die es dazu gibt. Aber es ist eine, die seit 1964 durchgeführt wird und deshalb auch Aufschluss über langfristige Trends gibt mit vergleichbaren Daten. Was sind die spannendsten Ergebnisse in diesem durch Corona und Co. besonderem Jahr? Hier die aus meiner Sicht sieben wichtigsten Erkenntnisse.

Erstens: Jede Person ab 14 Jahren wird pro Tag mit mindestens einem medialen Inhalt erreicht – egal ob jung oder alt. Und in allen Altersgruppen gilt: Video vor Audio vor Text. Unterschiede gibt es nur in den Inhalten, Plattformen und Verbreitungswegen, sowie in der Nutzungsintensität.

Zweitens: Bei der Videonutzung gibt es eine Schere zwischen den Ü50 und U50: Während bei Ü50 immer noch die lineare Fernsehnutzung dominiert, ist es bei U50 anders: Die Bedeutung von Live-Fernsehen nimmt weiter ab. Bei den 14 bis 29-Jährigen dominieren Youtube, Streamingdienste und soziale Netzwerke. Hier manifestiert sich für die Auftraggeber der Studie: Wenn sie junge Menschen erreichen wollen, dann nicht mehr über die klassischen TV-Kanäle.

Drittens: Bei der Audionutzung dominiert in der Gesamtbevölkerung noch das Radiohören, wenn auch mit einem leichten Rückgang. Das Spannendste: Die 14- bis 29-Jährigen haben von allen Alterskohorten die größte Audionutzung pro Tag – dominierend hier: Musik über Streamingdienste, klassisches Radio und Musik über Youtube. Plus: Die Podcastnutzung ist in dieser Altersgruppe doppelt so hoch wie die der Gesamtbevölkerung.

Viertens: Die Textnutzung nimmt weiter ab – in allen Altersgruppen, aber besonders heftig wieder einmal bei den Unter-30-Jährigen. Bemerkenswert finde ich hier vor allem die verstärkte Nutzung von gedruckten Büchern. Die Studie sieht das auch als Corona-Effekt. Spannend allerdings: E-Books konnten hier nicht profitieren.

Fünftens: Obwohl die Nachrichtenseiten durch Corona Nutzungsrekorde vermeldeten, ist laut dieser Studie die Nutzung von Artikeln oder Berichten im Internet aber auch die Nutzung von gedruckten Artikeln und Berichten rückläufig. Hier scheint diese Studie keine echten Erkenntnisse zu liefern. Fakt ist aber sicherlich: Mit Texten Menschen zu erreichen, wird in den kommenden Jahren immer schwieriger werden. Looking at you, Verlagshäuser.

Sechstens: Bei der Mediennutzung im Tagesverlauf ist der Corona-Effekt ebenfalls spannend: Insgesamt wurden mehr Medien konsumiert, allerdings weniger am frühen Morgen (der fehlende Arbeitsweg). In der sogenannten Primetime ist die Videonutzung sogar nochmal gestiegen – offenbar durch den Mangel an Alternativen wie unter Leute gehen und dem Bedürfnis, sich irgendwie abzulenken.

Siebtens: Der Versuch der Öffentlich-Rechtlichen Streamingdiensten mit Mediatheken etwas entgegenzusetzen, funktioniert so mittel. Zwar etablieren sich diese einigermaßen, doch große Sprünge in der Nutzung gibt es nicht. Das könnte sicherlich auch daran liegen, dass die dort dargebotenen Inhalte vor allem für die Zielgruppe gemacht sind, die das lineare Fernsehen auch nutzt. Die Studie selbst kommt zu dem Schluss: „Dies ist ein Hinweis darauf, dass die erst in Ansätzen umgesetzte Positionierung der Mediatheken als eigenständige Angebote beschleunigt werden sollte.“

Fazit: Viele Trends der vergangenen Jahre haben sich 2020 fortgesetzt oder haben sich coronabedingt sogar verschärft. Wer weiterhin versucht, mit altbewährten Rezepten junge Menschen zu erreichen, sollte vielleicht über einen Berufswechsel nachdenken. Du musst verstehen, wie deine Zielgruppe tickt, um die perfekten Inhalte für sie bereitzustellen.

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