Politisches Framing: Wir brauchen neue Begriffe in der Corona-Debatte

Social Distancing, Beherbergungsverbot, Sperrstunden, Kontaktbeschränkungen, Maskenpflicht, Feiernde werden zu Gefährdern – das sind die Formulierungen und Begriffe, die die Nachrichten derzeit bestimmen. Gleichzeitig wird es kälter, die lauen Sommerabende, an denen wir draußen sitzen konnten und ein Gefühl von altem Leben in Gesellschaft genießen konnten, werden schwieriger. Angesichts der deutschlandweit steigenden Infektionszahlen kommen Erinnerungen ans Frühjahr hoch und Begriffe wie Lockdown rücken wieder näher.

Es ist schon eine Weile her, dass das Buch „Politisches Framing“ von Elisabeth Wehling (Affiliate-Link) erschienen ist, aber da ich mich derzeit mit der Wirkung von Sprache beschäftige, habe ich es erst jetzt gelesen und halte es für aktueller denn je. 

Framing beschreibt den Prozess der Einbettung von Themen in ein gewisses Deutungsraster. Wir nehmen Informationen wahr und selektieren und strukturieren diese, um diese besser einzuordnen. Kommunikationsprofis nutzen bestimmte „Frames“, um Probleme offen zu legen, moralisch zu bewerten oder in einer vermeintlichen Nachricht durch die Verwendung bestimmter Begriffe auch gleich eine Handlungsempfehlung mitzuliefern. Denn, so schreibt Elisabeth Wehling auch in ihrem Buch: „Sprache aktiviert und festigt Metaphern in unserem Gehirn!“

Steuern sind nicht etwa Zahlungen, um unser gesellschaftliche Leben zu ermöglichen, sondern eine „Last“, für die Vermeidung von Steuerzahlungen gibt es niedliche „Schlupflöcher“, es gibt Steuerparadiese und -oasen. Die Worte, mit denen wir das System beschreiben, das uns ermöglicht, relativ frei und unbelastet in Deutschland zu leben, machen eben dies nicht unbedingt deutlich.

Wie wir Arbeitsverhältnisse beschreiben, ist davon geprägt: Arbeitnehmer nehmen Arbeitsaufträge des Arbeitgebers entgegen und ist mindestens überarbeitenswürdig – gerade auch vor dem Hintergrund von Agilität und New Work. Arbeitende Menschen werden durch „HR“ – Human Resources – zu Objekten. Auch die Art und Weise, wie wir die Klimadebatte führen, blendet völlig aus, dass der Mensch selbst Verursacher ist – ja, das Klima wandelt sich nur ein bisschen – Ende offen. 

Ich kann die Lektüre des Buchs von Elisabeth Wehling wirklich empfehlen – Asyl, Terrorismus, Schwangerschaftsabbrüche – sie liefert viel Inspiration, genau darüber nachzudenken, welche Worte wir verwenden (sollten).

Dies wissend und zum Beginn meines Textes zurückkommend: Hältst du die oben genannten Begriffe für geeignet, Menschen davon zu überzeugen, als Gesellschaft zusammenzuhalten und eine Überlastung unseres Gesundheitssystems zu verhindern? Ich nicht.

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2 Antworten zu “Politisches Framing: Wir brauchen neue Begriffe in der Corona-Debatte”

  1. Bine sagt:

    Liebe Franziska,
    ich finde es ziemlich unglücklich, dass der im Titel versprochene Inhalt im Wesentlichen wohl den Newsletterabonnenten vorbehalten bleibt. Das grenzt für mich ans Unseriöse bzw. Nötigende. Schade, denn das Thema der Wechselbeziehung zwischen Sprache und Denken ist wirklich ausgesprochen spannend und wichtig. Man kann sich nur wundern, dass die Politiker oft selbst solche Wörter für ihre Maßnahmen verwenden. Andererseits macht das zumindest teilweise auch ihre Art des Denkens transparent.
    Hinsichtlich der Corona-Begriffe stimme ich zu, dass wir da genau schauen sollten, was sie transportieren. Aber wir sollten auch unbedingt vermeiden, quasi als Gegenbewegung in die Euphemismen abzurutschen.

  2. Franziska Bluhm sagt:

    Liebe Sabine, der Text ist vollständig, der Newsletter umfasst noch weitere Elemente.

    Ich glaube auch nicht, dass Euphemismen helfen. Ich glaube nur, dass es vielen die vielen Verbote aufstoßen..