Für Twitter bezahlen? Warum ich noch skeptisch bin

Vor ein paar Wochen hatte ich 14-Jähriges auf Twitter. Ich habe es mit einem Tweet gefeiert. Ein paar gratulierten. Vor ein paar Tagen verkündete der Pianist Igor Levit, eine Twitter-Pause zu machen. Es sei unerträglich geworden, schrieb er. Immer wieder hatte er sich in der Vergangenheit politisch positioniert und war dafür angefeindet worden. Konnte sich teilweise nicht ohne Polizeischutz in der Öffentlichkeit bewegen.

Twitter hat erkannt, dass es sich nach 15 Jahren neu erfinden muss. Zunächst gab es die Möglichkeit, die Sichtbar- und Kommentierbarkeit von Tweets einzuschränken. Vor einigen Wochen der Start von Twitter Spaces, die kommende Integration des Newsletterdiensts Revue, eine mögliche Ausweitung von Shopping-Funktionen und die Einführung der virtuellen Kaffeetasse.

Vieles davon Versuche, die Erlösströme auf neue Säulen zu setzen. Und so überraschte es nicht, als die Entwicklerin Jane Manchun Wong vor einigen Tagen entdeckte, dass womöglich bald ein Abomodell namens „Twitter Blue“ starten könnte. Wong hat in den vergangenen Jahren schon mehrfach neue Features sozialer Netzwerke entdeckt, bevor diese offiziell kommuniziert wurden.

2,99 Dollar könnte „Twitter Blue“ pro Monat kosten, monatlich kündbar mit ein paar für viele lang ersehnten Features: ein Undo-Timer, einer Art Bibliothek für favorisierte Tweets, um sie leichter auffindbar zu machen. Auch die Möglichkeit, Werbung aus der eigenen Timeline zu verbannen, scheint denkbar. Die Rede ist auch von gestaffelten Preisen pro Monat für weitere exklusive Features.

Die Frage, die mich allerdings in diesem Zusammenhang bewegt: Genügen diese Features, um ein solches Abo abzuschließen? Ich glaube nicht. Natürlich ist Twitter eine höchst attraktive Plattform für den politischen und gesellschaftlichen Diskurs, zur Meinungsbildung und zur Darstellung zahlreicher Multiplikatoren. Gleichzeitig ist Twitter attraktiv und verflucht zugleich wegen seiner Schnellig- und Schnelllebigkeit. Denn die Hürde, irgendwelchen Emotionen freien Lauf zu lassen, vor allem eben Wut, Hass und Hetze, ist aus diesem Grund nicht sonderlich hoch.

Und solange Twitter dies nicht in den Griff bekommt und sich Menschen wie Igor Levit frustriert abwenden, wird es schwierig werden, ein Abomodell zu etablieren.

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