Twitter ist beides – Nische und große Party
„Mich macht Twitter viel zu oft wütend“, sagte Sascha Lobo in seinem Podcast „Realitätsschock“ zu Jan Böhmermann. Der wiederum sagt: „Twitter ist die wichtigste Quelle für Journalisten“ und attestiert dem Netzwerk, der Ort zu sein, an dem derzeit gesellschaftlicher Diskurs stattfindet. Auch wenn Twitter noch immer eine Nischen-Veranstaltung ist, wie auch die jüngsten Zahlen der ARD/ZDF-Onlinestudie andeuten. Oder gerade deswegen.
Denn auch dazu liefert Böhmermann in diesem hörenswerten Podcast einen Gedanken: Gesellschaftlicher Diskurs sei schon immer eine Angelegenheit von wenigen gewesen, die sich als Multiplikatoren ausgetauscht haben. Und da würde ich ihm zustimmen. Einzig anzweifeln würde ich, dass auf Twitter ein echter Diskurs stattfindet. Zu einigen Themen sicherlich, doch es gibt auch viele, bei denen allenfalls viele Seiten ihre Meinung äußern – echten Diskurs, indem man auf den anderen hört, Argumente abwägt, ins Verhältnis stellt usw. vermisse ich häufig.
Muss deshalb jeder auf Twitter sein? Sicherlich nicht. Aber jeder, der Teil dieses Diskurses sein möchte, der Essentielles in diese Debatten beitragen möchte, sollte auch auf Twitter sein. Deshalb ist Twitter für mich zweierlei: Nische und große Party, bei der alle durcheinander reden und auf der man sich auch einmal verloren fühlen kann. Wer jedoch kommuniziert, etwas von sich erzählt, zuhört, zum Beispiel um das Gehörte aufzugreifen, der wird bei dieser großen Sause auch Spaß haben.
Dieser Text war Teil meines Newsletters – hier kannst du ihn abonnieren.
Twitter ist ein in die Jahre gekommenes Medium, dass den Sprung in den Mainstream verpasst hat, so dass es inzwischen für die breite Masse keinen Mehrwert bietet. In meiner Heimatstadt sind die Journalisten vor einem Jahr komplett abgesprungen, weil darüber der Kontakt zu Lesern nicht stattfindet. Ich nehme auch nicht wahr, dass das in Düsseldorf anders wäre. Wenn überregional agierende Journalisten Twitter jetzt als Hot Spot ansehen, sei mal daran erinnert, dass sie jahrelang einen Bogen darum gemacht haben.
Aber der Tod von Twitter wird dessen Unfähigkeit zu Innovation sein, wie man sie im Fediverse sehen und miterleben kann. Gehst du nicht mit der Zeit, dann gehst du mit der Zeit.
Ich würde sagen: Es kommt auf die Leserinnen und Leser an :)