Wie schlimm ist Social Media wirklich?

Ich habe eine Weile gebraucht, um nun auch endlich „The Social Dilemma“ (deutscher Titel: „Das Dilemma mit den sozialen Medien“) zu schauen, immerhin gibt es die Doku ja schon seit September auf Netflix. Doch eigentlich war der Zeitpunkt dafür perfekt: Denn gerade die vergangene Woche war „The Social Dilemma“ im Praxistest: Die Wahl des neuen Präsidenten der USA wurde begleitet von zahlreichen Tweets des Amtsinhabers – und diese wurden mittlerweile nach langwierigen Debatten über Fake News und Co. immerhin eingeordnet. Ja, erstmals trauten sich US-Medien sogar den Kreislauf der Nachrichtengenerierung von Donald Trump zu durchbrechen, indem sie die Übertragung seiner Pressekonferenz unterbrachen und stattdessen einordneten, was dort behauptet und gelogen worden ist.

„The Social Dilemma“ beleuchtet die Schattenseiten der Aufmerksamkeitsökonomie. Facebook, Google, Twitter und Co. haben in den vergangenen Jahren Plattformen und ein dazugehöriges Geschäftsmodell aufgebaut. Konzerne sammeln Daten und tun alles dafür, dass diese Daten immer präziser werden, dass Werbetreibende möglichst genau wissen, ob und wie ihre Werbung geklickt wird. Und weil Menschen vor allem auf emotionale Inhalte reagieren, steigt das Engagement je polarisierender der Inhalt. Lagerbildung, wenig Debattenkultur und süchtig macht das ganze auch noch. Das alles transportiert der Film auf vielschichtige Weise – zum Beispiel in Form von Interviews mit den Protagonisten, die viele der heute beliebten Funktionen erfunden haben.

Das ist nicht wirklich neu und in meinen Social-Media-Seminaren weise auch ich seit Jahren immer wieder darauf hin, dass diese Plattformen von börsennotierten Unternehmen betrieben werden, die Umsatz- und Gewinnziele für ihre Aktionäre erreichen müssen – und daher alles dafür tun, dass wir noch mehr Zeit dort verbringen und mit den Inhalten interagieren.

Und trotz der ganzen Schwarzmalerei – auf die Chancen, die sich durch diese Netzwerke ergeben, wird nämlich gar nicht eingegangen – lohnt es sich, diesen Film anzuschauen.

Stichwort Debattenkultur! Es gibt nicht eine Wahrheit über soziale Medien, sondern viele und diese anzuhören und als Impuls für eine weitere Diskussion mitzunehmen – lohnt sich aus meiner Sicht immer.

Das eigene Nutzungsverhalten! Seit einiger Zeit beobachte ich Woche für Woche mein Nutzungsverhalten auf meinem Smartphone. Wie viel Zeit habe ich in sozialen Medien verbracht? Wie viel habe ich gespielt? Wie viele Podcasts gehört? In der vergangenen Woche war diese Nutzungszeit zum Beispiel auf einem Tiefpunkt. Es lohnt sich, die Plattformen bewusster zu nutzen – nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ. Welche Daten gebe ich an? Wie wichtig ist mir Datenschutz? Diese Fragen für sich selbst zu beantworten, ist hilfreich und sinnvoll. 

Das Nutzungsverhalten der anderen! Aufgrund der aktuellen Situation meine ich dabei vor allem meine Kinder. Gehört das Smartphone an den Essenstisch? Kann ich wirklich „Nein“ sagen, wenn mein Sohn nach iPad-Zeit fragt und ich währenddessen gerade den Instafeed checke? Als Elternteil bin ich ja auch noch Vorbild.

Hast du „The Social Dilemma“ gesehen? Was war dein Fazit? Schreib mir gerne in die Kommentare.

Hier geht’s zum Trailer.

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2 Antworten zu “Wie schlimm ist Social Media wirklich?”

  1. […] besten Fall natürlich eine Wachstumsgeschichte erzählt wird (Ich verweise hier gerne nochmal auf meinen Text zu „The Social Dilemma“). Schaut man mal in den letzten Bericht, dann wird dort beispielsweise die Zahl der monatlich […]

  2. […] besten Fall natürlich eine Wachstumsgeschichte erzählt wird (Ich verweise hier gerne nochmal auf meinen Text zu „The Social Dilemma“). Schaut man mal in den letzten Bericht, dann wird dort beispielsweise die Zahl der monatlich […]