Vier null, Medium oder Das Ding mit der eigenen Plattform

Zwei Nachrichten haben mich in dieser Woche besonders beschäftigt, also abseits des Auftritts der Bundeskanzlerin bei Anne Will und all den anderen Corona-bedingten Meldungen oder dem querstehenden Schiff im Suez-Kanal. Die erste: Es tut sich was in Düsseldorf, der Stadt, in der ich seit mittlerweile 17 Jahren lebe. Also journalistisch. Denn vier Männer (Ja, ich hab mich auch schon gefragt, warum hier nicht wenigstens eine Frau dabei sein kann) wollen ab Mai der lokalen Medienlandschaft Konkurrenz machen.

Zwar gibt es schon den einen oder anderen Konkurrenten für die Rheinische Post, Westdeutsche Zeitung und Co., allerdings verfügt keines der bisherigen Projekte über so gut vernetzte Lokal-Journalisten. Christian Herrendorf und Hans Onkelbach, beide lange Jahre Lokalchefs, tun sich mit dem Fotografen Andreas Endermann und dem Werber Boris Bartels zu Viernull zusammen und sammeln derzeit bei Startnext für ihr Crowdfunding. Der Plan: eigene Plattform, tägliches Videoformat plus Newsletter. Ich bin sehr optimistisch, dass sie das Geld für den Start zusammenbekommen und bin gespannt, was sie draus machen. Es scheint derzeit eine gute Zeit zu sein, ein solches Projekt zu gründen – in Düsseldorf aber sicherlich auch anderswo.

Und das hat auch ein bisschen mit der zweiten Nachricht zu tun, über die ich in diesen Tagen eine Weile nachgedacht habe: Denn der Versuch des Twitter-Gründers Evan Williams die Blogging-Plattform Medium zu einer Plattform für bezahlten Journalismus umzubauen, ist gescheitert. Medium will kein Medienunternehmen mehr sein, Williams kein Verleger. Warum ich darüber nachgedacht habe? Weil gerade große Tech-Player wie Facebook, Revue, Substack und Co. Content Creator*innen und Journalist*innen für sich gewinnen wollen. Hier liegt natürlich Chance und Gefahr zu gleich: Schnelles Wachstum mit Hilfe der Plattformen und gleichzeitig die große Abhängigkeit.

Mein Tipp für alle Medienmacher*innen, egal wo: Nutze die Chancen der Netzwerke, aber vergesse nicht, auch im Digitalen direkte Beziehungen aufzubauen – ob mit einer Website, einem Newsletter oder anderen Instrumenten.

Und solltest du gerade ohnehin drüber nachdenken, einen eigenen Newsletter zu starten, dann empfehle ich dir die Teilnahme an meinem Seminar am 23. April – wenige Plätze sind noch frei.

(Dieser Text war Teil meines wöchentlichen Newsletters. Hier kannst du ihn abonnieren.)

Quelle: Internet – oder: Wie medienkompetent bist du?

Wie gut können Menschen selber einschätzen, ob ein Post bei Facebook von einer vertrauenswürdigen Quelle kommt? Wie gut können sie unterscheiden, ob sie es mit einer Nachricht. einem Kommentar oder gar Werbung zu tun haben? Diese und weitere Fragen zur Medien- und Nachrichtenkompetenz hat die „Stiftung Neue Verantwortung“ mit Hilfe eines dafür konzipierten Tests untersucht und ist zu erstaunlichen und durchaus beunruhigenden Ergebnissen gekommen (Den Test kannst du hier übrigens selbst mal machen – schreib mal in die Kommentare, was bei dir herausgekommen ist!):

  • Mehr als die Hälfte der Teilnehmenden hält ein Advertorial für eine Information und gerade einmal 7 Prozent erkennen den Hinweis „Advertorial“ als Werbekennzeichnung auf einem Nachrichtenportal.
  • Ein Drittel hält einen Kommentar für eine tatsachenorientierte Berichterstattung.
  • Immerhin 35 Prozent erkennen nicht, dass ein Geschäftsführer eines Flugreiseportals bei seiner Berichterstattung über Flugreisen evtl. einen Interessenkonflikt haben könnte.
  • Nur 50 Prozent der Befragten weiß, dass Nachrichten über einen Bundesminister ohne die Genehmigung des Ministeriums veröffentlicht werden dürfen.
  • Nur die Hälfte der Befragten weiß, dass Bundestagsabgeordnete nicht darüber entscheiden, worüber der öffentlich-rechtliche Rundfunk berichtet.
  • Bei 46 Prozent derjenigen, die den Test gemacht haben, liegt die digitale Nachrichten- und Informationskompetenz im (sehr) geringen Bereich – wobei Jüngere tendenziell kompetenter sind als Ältere, auch die politische Grundhaltung ist hier ein entscheidender Faktor: Die besten Ergebnisse erzielen FDP- und Grünen-Anhänger*innen, die schlechtesten AfD-Sympathisanten.
  • Liest man das alles, bleibt auch für die Studienmacher*innen nur ein Fazit: Es gibt viel zu tun. Drei Punkte werden hier vor allem genannt: eine bessere digitale Schul- und Erwachsenenbildung (oh well), mehr Transparenz im Journalismus (und mehr transparenten Journalismus) sowie bessere Plattformarchitekturen und klarere Kennzeichnungen.

    Doch ein paar Fragen bleiben noch unbeantwortet und auch ich habe da derzeit noch keine befriedigenden Antworten gefunden: Wie erreiche ich die Erwachsenen und vor allem die Älteren (noch)? Und wie vermittle ich, dass Kompetenzen fehlen bzw. Defizite vorliegen und dass es ein Gewinn wäre, diese Lücken zu schließen? Gutes Storytelling ist hier sicherlich hilfreich und ein solcher Test ist wohl keine schlechte Idee. Besser wäre es, direkt im Anschluss Angebote zu erhalten, die eigenen Kompetenzen zu verbessern.

    Also: Wer hat Interesse, seine Medienkompetenz zu verbessern? Ich helfe gern – einfach Mail schreiben! :)

    (Der Text war Teil meines wöchentlichen Newsletters. Hier kannst du ihn abonnieren.)

    Die Nominierten für die Goldenen Blogger 2021 oder Kommt, lasst uns schöne Dinge angucken

    „Kommt, lasst uns schöne Dinge angucken“, diesen Satz schrieb eine ehemalige Kollegin von mir am Montagabend auf Twitter und sprach damit genau meine Gefühlslage an, wenn ich an die kurzen Nächte der vergangenen Wochen dachte. Denn obwohl es natürlich jedes Mal ein Riesending ist, rund 2000 Vorschläge zu sichten, sind es doch oft schöne Dinge, die Daniel, Thomas, Feli und ich da zu Gesicht bekommen haben.

    Wer werden die Goldenen Blogger 2021? Diese Frage wird am 26. April 2021 entschieden – diesmal zwar nicht per Gala und ausgiebiger After-Show-Party in Berlin, sondern per virtuellem Pre-Dinner und Gala aus Bonn. (Hier kannst du dich schon mal für die Gala anmelden!)

    In 16 Kategorien werden in diesem Jahr die Preise verliehen, plus zwei Sonderpreisen an das NDR Coronavirus-Update und die Wissenschaftsjournalistin Mai Ngyuen-Kim für ihren Youtube-Kanal „Mailab“. Die Pressemitteilung zitiert mich wie folgt: Wer wollte, war in Deutschland über die Pandemie so gut informiert wie in keinem anderen Land. Das verdanken wir diesen beiden herausragenden Formaten.
    Und wie in jedem Jahr gab es beim Sichten der unterschiedlichen Projekte viel zu entdecken – das ist wirklich jedes Mal das allerschönste und wenn hier irgendwer nochmal behauptet, dass Blogs tot sind, der hat wirklich keine Ahnung.

    Hier ein paar Gedanken zu der diesjährigen Shortlist.

    Neue Kategorien

    In jedem Jahr machen wir uns viele Gedanken, welche Kategorien wir vorgeben wollen und schmeißen diese meistens dann doch nochmal um. Denn mit den Kategorien wollen wir jedes Jahr auch bestimmte Trends abbilden – die das Jahr geprägt haben. Lockdown-Tröster ist beispielsweise so eine Kategorie. Und beim Sichten der vielen Vorschläge entdecken wir alle dann immer noch weitere Trends: Comedy war so einer in diesem Jahr, Politik haben wir so wiederentdeckt. Ein paar Klassiker sind aber in jedem Jahr dabei: Newcomer*in, Einzelbeitrag und Blogger*in des Jahres.

    Wissenschaft wird auf populären Kanälen sichtbar

    Deshalb gibt es in diesem Jahr eine eigene Rubrik dafür, unter den Nominierten der „Blogger*in des Jahres“ befindet sich der renommierte Wissenschaftsjournalist Lars Fischer. So viel Wissenschaft war wirklich noch nie. Und wie toll lässt sich eigentlich die Schönheit von Mathematik vermitteln?

    Medizin und Pflege ebenfalls

    Wir haben so viele – auch neue – kreative Projekte in diesem Bereich angeschaut. Und auch wenn es nicht viele auf die Shortlist geschafft haben, hier tut sich gerade wirklich viel und das vor allem auf tiktok. Sanitäter auf tiktok – noch so ein Hype.

    Trend Berufsbotschafter

    Beinahe den größten Spaß hatte ich beim Sichten der Vorschläge in dieser Kategorie – und das lag vor allem daran, dass ich hier viele Projekte neu entdecken konnte (Das Bocholter Landschwein!). Und auch hier überrascht es nicht, dass zwei der nominierten Projekte auf tiktok beheimatet sind. Und DB Cargo auf Twitter passt hier auch irgendwie ein bisschen dazu.

    Politik wird endlich auch für jüngere Zielgruppen toll erzählt

    Die Journalistin und Moderatorin Eva Schulz war hier mit „Deutschland3000“ eine der Pionierinnen, aber auch hier gibt es auf vielen Plattformen tolle neue Projekte, die zeigen: Politik kann verständlich und konstruktiv vermittelt werden!

    Podcasts helfen uns durch diese schwierige Zeit

    In diesem Jahr sind in vielen der Kategorien wahnsinnig tolle Podcast-Projekte nominiert und ich behaupte einfach mal: so viele wie noch nie zuvor. Ich bin fest davon überzeugt, dass auch das ein Corona-Phänomen ist. Von Max-Jacob Ost, über Rice&Shine, Geschichten aus der Geschichte, Apokalypse&Filterkaffee, die Realitäter*innen , das Discovery Panel oder Hazel Brugger.

    Es gibt mittlerweile so viele tolle und kreative tiktok-Kanäle

    Ja, sagte ich schon, aber irgendwie muss ich jetzt doch nochmal loswerden, Fan von Iris Gavric und Matthias Renger zu sein. Und von Vica Reich und Elisa Valerie sowieso. Und den anderen auch. Herrjeh.

    Die Preise werden wie in jedem Jahr per Online-Voting und unserer Goldenen Blogger Akademie vergeben, die aus den Gewinner*innen der vergangenen Jahre bestehen. Sprich: Du kannst entscheiden, wer das Ding nach Hause bekommen soll.

    Nicht zu vergessen: Es gibt ein paar Unternehmen, die uns dabei helfen, auch in diesem Jahr für alle Nominierte einen besonderen Abend zu gestalten: Deutsche Post DHL, Xing, Mumm – und in den nächsten Tagen gibt es hier bestimmt noch ein Update.

    Du willst die gesamte Shortlist sehen? Dann empfehle ich dir unsere Webseite.