Sieben spannende Erkenntnisse aus dem Digital News Report

Einmal im Jahr erscheint der Digital News Report, der global betrachtet, wie sich Medienkonsum verändert: Wie mobil ist der Nachrichtenkonsum? Wie groß ist das Vertrauen in klassische Medienunternehmen? Und welche Veränderungen haben die vergangenen Monate der Corona-Pandemie gebracht, in denen ohnehin alles noch viel digitaler war als zuvor? Ich habe mir den Report durchgelesen. Hier die spannendsten Erkenntnisse für Deutschland. (164 Seiten selber lesen? Viel Spaß!)

Erstens: Die Pandemie hat gedruckte Publikationen auf unterschiedlichste Weise hart getroffen, auch wenn der Anteil derer, die in der vergangenen Woche eine Papierzeitung gelesen haben, schon seit Jahren rückläufig ist. Seit 2016 sehen wir ein Minus von damals 38 auf nunmehr 26 Prozent.

Zweitens: Der Nachrichtenkonsum übers Smartphone ist weiter gestiegen, liegt jetzt bei 73 Prozent. Also immer schön die mobile Ansicht von deinen Inhalten checken, gell?

Drittens: Grundsätzlich ist das Vertrauen in Nachrichten gestiegen, auch wenn die Lücke zwischen News auf Medienseiten und News in Social Media größer geworden ist. Besonders spannend aber, wie die Menschen die Fairness von Medien beurteilen. Je jünger, desto unfairer werden Medien wahrgenommen: 37 Prozent der 18- bis 24-Jährigen, sagen dass die Medienunternehmen unfair berichten. Mehr noch: Es sind vor allem die jungen Frauen, die sich unfair behandelt fühlen. Die Auswertung ergab außerdem, dass sich Menschen, die sich eher rechts in ihrer politischen Gesinnung einordnen und die, die im Osten Deutschlands und vor allem in Thüringen und Sachsen wohnen, ebenfalls unfair behandelt fühlen.

Viertens: Klassische Medien laufen Gefahr, die Gruppe der 18- bis 24-Jährigen – die sogenannte GenZ – immer weniger zu erreichen. Apps und Nachrichtenseiten werden von ihnen als eher unwichtige Quelle für Nachrichten angesehen: Sie informieren sich auf Social Media, mit Aggregatoren oder mobilen Pushnachrichten. Die Autor*innen sehen das Erreichen dieser Zielgruppe als die größte Herausforderung für klassische Newsrooms an, denn die dort arbeitenden Journalist*innen konsumieren und produzieren News meist noch auf klassische Art und Weise.

Fünftens: Obwohl es in den vergangenen Monaten in einigen Ländern signifikante Bewegungen gegeben hat hin zu mehr Paid-Newsangeboten, liegt in Deutschland der Anteil derer, die im vergangenen Jahr für Online-News gezahlt haben, stabil bei neun Prozent. Wie im vergangenen Jahr. Trotz Corona-Pandemie. Ernüchternd auch der Ausblick der Studienersteller: Subscriptions are beginning to work for some publishers but it is not clear that they will work for all consumers. Most people are not interested enough in news, or do not have sufficient disposable income to prioritise news over other parts of their life. Others may resist because they enjoy being able to pick from multiple sources and do not wish to be confined to one or two publications.

Sechstens: Das Geschäftsmodell Regional- bzw. Lokalzeitung wird immer wackeliger. Die einzigen guten Gründe für die Lektüre sind die Themenbereiche lokale Politik und Kriminalität. Alle anderen Themenbereiche wie Wetter, Immobilien, Jobs und Freizeitangebote finden und suchen die meisten lieber auf Suchmaschinen oder „anderen Seiten“.

Siebtens: Stellt sich die Frage, wer in Zukunft Medien finanziert. Der Staat soll schon mal nicht unter die Arme greifen, sagen immerhin 50 Prozent der deutschen Befragten. Könnte ein Zusammenhang zu der nächsten Zahl bestehen: Rund die Hälfte ist nicht über die finanzielle Ausstattung von Medienunternehmen besorgt.

Mein persönliches Fazit: Die Finanzierung vieler klassischer Medien steht weiterhin auf wackeligen Füßen – denn der von vielen Medienhäusern erhoffte Gewöhnungseffekt an das Zahlen für Online-Nachrichten, bleibt in Deutschland aus. Mehr denn je ist es notwendig, mit sehr spezifische Angeboten unterschiedliche Zielgruppen perfekt zu bedienen. Und dazu zählen auch Angebote für die 18- bis 24-Jährigen. Plus: Ohne Social-Kanäle wird‘s schwierig.

(Dieser Text war Teil meines Newsletters. Hier kannst du ihn abonnieren.)

Kommt jetzt der Abschied von der Öffnungsrate?

Seitdem Apple in der vergangenen Woche auf der Entwicklerkonferenz WWDC genauer darauf eingegangen ist, was sich in Sachen Privacy-Einstellungen verändern wird, wird an vielen Stellen diskutiert, was das denn für die Zukunft des Newsletters bedeutet. Nicht mitbekommen? Dann hier die Schnellfassung: Mit dem Update des Betriebssystems auf iOS 15 wird Apple Mail seine*n Nutzer*innen die Auswahl geben: „protect mail activity“ oder „don’t protect mail activity“. Sprich: Sollen persönliche Daten in Form von Pixeln weitergegeben werden oder eben nicht. Und da die meisten dort mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die erste Option klicken werden, könnten viele Newsletter-Versender schon bald noch weniger über ihre Abonnent*innen wissen. Zum Beispiel, ob ihre Newsletter gelesen bzw. geöffnet wurden. Zumindest wenn sie einen hohen Anteil von Apple-Mail-Nutzer haben. 

Ich schreibe das so, weil die so genannte Öffnungsrate ja schon jetzt zwar eine sehr beliebte Metrik ist, um den Erfolg von Newsletter zu messen. Auch wenn sie bereits jetzt über eine begrenzte Aussagekraft verfügt. Denn schon jetzt verhindern einige Mail-Clients das Laden des Pixels, mit dessen Hilfe sich die Öffnungsrate berechnen lässt. Insbesondere dann, wenn du Newsletter verschickst, die sich vor allem an Menschen in Unternehmen richten: Firewalls und andere Sicherheitseinstellungen verhindern häufig das Laden von Bildern und Pixeln. Was also tun?

Tipp Nummer 1: Nicht verrückt machen lassen. Ein Blick in die Statistik hilft schon mal, um zu verstehen, wie viele Abonnent*innen denn überhaupt Apples Mail-Client verwenden. 

Tipp Nummer 2: Noch bessere Betreffzeilen. Denn: Wer eine gute Betreffzeile wählt, erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass der Newsletter auch gelesen wird. Wie man das gut hinbekommt, ist übrigens Teil des Seminars am 9. Juli.

Tipp Nummer 3: Benötigst du für deinen beispielsweise werbefinanzierten Newsletter einen Nachweis für deinen engagierten Verteilerkreis, dann überleg doch mal, wie man dies noch nachweisen könnte. Wie wäre es mit Reply-Quoten? Einem qualitativen Fragebogen? Helfen kann sicherlich auch die gute alte Klickrate. 

Und am Ende bleibt dann natürlich auch noch die Option, sich ein anderes Geschäftsmodell zu suchen. 

(Dieser Text erschien zuerst in meinem Newsletter. Hier kannst du ihn abonnieren.)

Corona und Newsrooms: Welche Auswirkungen die Pandemie auf die Arbeit in Redaktionen hatte

Auch für Newsrooms war das vergangene Jahr besonders: Denn die Pandemie wirbelte ja nicht nur Arbeitsabläufe durcheinander, sondern es gab über eine lange Zeit ein beherrschendes Thema. Zahlreiche neue Formate entstanden so: Newsletter, Podcasts – und die meisten hatten auch das Ziel, die eigene Zielgruppe möglichst perfekt zu informieren. Doch was hat das eigentlich gebracht? Wie hat sich die Corona-Pandemie auf die eigene Glaubwürdigkeit ausgewirkt? Hat die Pandemie gar das Medienverhalten beeinflusst? Eine wichtige Frage, die sich nicht nur Kommunikator*innen fragen, sondern hoffentlich auch Journalistinnen und Journalisten. Denn immer wieder zu hinterfragen, ob die bestehenden Kanäle immer noch die richtigen sind, ob es nicht doch sinnvoll sein könnte, andere Wege auszuprobieren, um (neue) Zielgruppen anzusprechen – das gehört in der heutigen Zeit eigentlich zum Tagesgeschäft.

Das Reuters Institute hat dazu eine internationale Studie veröffentlicht. Hier die wichtigsten Erkenntnisse für Deutschland.

1. 39 Prozent der Deutschen haben sich sich mit Hilfe so genannter Newsorganisationen aka Medien über die Auswirkungen der Pandemie informiert. Im April 2020 lag der Anteil noch bei 47 Prozent (Nur in Südkorea gab es hier übrigens keinen Rückgang). Die zweitwichtigste Quelle waren für die Menschen in Deutschland Wissenschaftler*innen, Ärzt*innen und so genannte Expert*innen. Zwei weitere Details: Je älter, desto eher informiert man sich über Newsorganisationen und gebildeter sind sie. 

2. Bei der Frage, welchen Quellen man denn am ehesten vertraue, schneiden klassische Medien nicht so gut ab: Am glaubwürdigsten sind für die Deutschen Wissenschaftler*innen, Ärzt*innen und Expert*innen, gefolgt von nationalen und internationalen Institutionen und besagten journalistischen Quellen. Interessanterweise gilt diese Reihenfolge in allen untersuchten Ländern.

3. Politiker*innen haben ein Glaubwürdigkeitsproblem: Auf die Frage, bei welcher Institution man falsche Informationen in Bezug auf Covid19 gesehen habe, nennen 31 Prozent der Deutschen „Politiker*innen“ – und nur 21 Prozent Newsorganisationen. Es gibt übrigens nur ein Land, in dem das Misstrauen gegenüber journalistischen Informationen größer ist als gegenüber Politiker*innen: Japan.

4. Weil Impfungen einer der Schlüssel im Kampf gegen die Pandemie sind, hat das Reuters Institute auch untersucht, wie erfolgreich sich bestimmte Falschmeldungen (z.B. Impfen verändert die DNA oder Impfen verursacht Unfruchtbarkeit und der ganze Quatsch) über Impfungen durchgesetzt haben. Erkenntnis: Je höher der Anteil derer, die sich über klassische Medien informieren, desto geringer die Rate derer, die an Falschmeldungen übers Impfen glauben. Aber: Es besteht hier kein Zusammenhang zwischen Jungen oder geringer Bildung und dem Glaube an Fake News. In Deutschland tendieren eher Ältere dazu, solche Falschmeldungen als richtig einzustufen als jüngere.

5. Ungefähr die Hälfte der Deutschen sagen, dass Medien hilfreich waren, die Pandemie zu verstehen und richtig mit ihr umzugehen, auch wenn das im April 2020 noch mehr Menschen gesagt haben. Gleichzeitig ist der Anteil derer, die meinen, dass Journalist*innen, die Pandemie übertrieben dargestellt haben, gestiegen. Hier sieht man doch eine größer gewordene Unzufriedenheit.

Fazit: Grundsätzlich kann man sagen, dass Journalist*innen und Journalisten eine wichtige Rolle gespielt haben, die Bevölkerung über die Pandemie zu informieren. Gleichzeitig war das Vertrauen in Medien zu Beginn der Pandemie größer und sie haben mittlerweile ein Glaubwürdigkeitsproblem. Viele Menschen hören lieber auf Wissenschaftler*innen und Expert*innen. Nicht ohne Grund waren und sind gerade Podcasts wie das Corona Virus Update mit Sandra Ciesek und Christian Drosten so erfolgreich, tingelt Karl Lauterbach in seiner Rolle als Wissenschaftler von Talkshow zu Talkshow. Medien fungieren hier nur als Plattform.

Hier kannst du die komplette Studie lesen.

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