Tagebuch einer Volontärin (3)

Die Sonne scheint. Endlich. Nach vier Tagen bitterer Kälte endlich Sonne und ein bisschen Wärme. Ich musste sogar Socken im Bett tragen. Das tut gut. Deshalb laufe ich nach dem Tag im Büro ein bisschen durch die Straßen. Richtung Elbe, dort soll es schön grün sein. Ich laufe die Straße mit den großen Häusern im stalinistischen Stil entlang. Die Häuser erinnern mich an die Karl-Marx-Allee in Berlin. Nur sind sie hier schon schön hergerichtet. Rechts das Einkaufscenter, was nach der Wende wahrscheinlich in Windeseile aufgebaut wurde. Links dann noch ein bisschen Plattenbau. Ich komme zu einem Platz, in der Imbissbude werden fettarme Pommes verkauft. Ich bin neugierig, kaufe mir eine kleine Tüte. Kurz darauf bin ich enttäuscht. Die Pommes schmecken pappig. Knusprig geht wohl nur mit Fett. Während ich die Kartoffelstücken verspeise, entdecke ich sie. Vier oder fünf Einsatzwagen der Polizei. Sind die nur hier, weil die Vorbereitungen für das Stadtfest auf Hochtouren laufen? Vielleicht nicht. Denn nun entdecke ich auch die jungen Männer in schwarzen Sachen und einem Plakat, das sie zu dritt in die Höhe halten. Sie protestieren. Gegen die Feierlichkeiten vor drei Tagen. Hätten sie das Plakat nicht in der Hand, würde man sie nicht erkennen. Die Haare sind nicht raspelkurz, einer von ihnen hat sogar einen Britpopper-ähnlichen Schnitt. Ungewohnt. Die Passanten zeigen sich unbeeindruckt. Einzig auffällig ist, dass das türkische Pärchen mit ihrem Kinderwagen einen größeren Bogen macht.

Irgendwann habe ich die Pommes verspeist. Während ich an den Jungs vorbei gehe, drückt mir der eine ein Flugblatt in die Hand. Freundlich erklärt er mir, dass ich es ja zuhause mal lesen könne.

Ich gehe weiter. In Richtung Elbe.
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Wie in jeder größeren Stadt gibt es auch hier ein „Alex“. Davor sitzen ein paar Punks. Sie unterhalten sich.

Kann mir mal einer „Pimp my blog“ erklären?

Gesammeltes aus dem Tagebuch

Nach einem langen Tag mit einer Straßenumfrage kann ich mit Gewissheit sagen, dass die Häufung von Vornamen wie Denny, Diana und Mandy in diesen Regionen kein Mythos ist.
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Auch zum Abschied gibt man sich gerne die Hand, allerdings reicht auch ein lockeres „Tschüss“ in die Runde. Als Antwort echot es dann aber leider „Tschüssiiiiii“ durch das Büro. Oder durch die Eingangshalle. Oder so.
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Kontaktanzeigen lesen in Zeitungen ist auch hier was Feines. Ich kenne eigentlich die Rubriken „Er sucht sie“, „Sie sucht ihn“, „Sie sucht sie“ oder „Er sucht ihn“. Hier heißen die lustiger. Wer als Kerl einen Kerl sucht, muss unter „Siegfried sucht Roy“ stöbern.
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Ach ja, und Jägerschnitzel. Ganz vergessen, dass das eine dicke, panierte Wurstscheibe ist.

Tagebuch einer Volontärin (2)

Daran werde ich mich wohl nie gewöhnen. Befremdlich schaute ich gestern in die Runde, als mir der Praktikant zum Abschied die Hand schüttelte. Hand schütteln? Wozu? Reicht nicht ein freundliches „Schönen Abend noch“ in die Runde? Anscheinend nicht. Denn als ich heute morgen ein paar Minuten früher im Büro erschien und alle nach mir Eintreffenden vor dem Ablegen zunächst einmal eine Runde durch das Büro mit Händeschütteln antraten, wusste ich, was ich vergessen hatte. Jetzt muss ich nur noch heute abend wieder dran denken. Und morgen früh.

Und wieso konnte ich bei der Wahl in NRW eigentlich nicht DIE PARTEI wählen?

Tagebuch einer Volontärin (1)

Seit gestern bin ich also hier. So richtig, denn die freitägliche Stipvisite führte mich nur kurz in mein neues Zuhause. Tasche abstellen im Zimmer für die nächsten drei Monate, dann weiter in die große deutsche Stadt mit den sechs Buchstaben.

Doch was sind das für Menschen, die mich am frühen Morgen mit den Worten „Wir sammeln übrigens in der Küche keinen Müll, sondern bringen ihn immer gleich runter“ begrüßen. Die kaum sind sie von der Arbeit heimgekehrt, in ihren giftgrünen Wollpulli schlüpfen, der mit glänzenden Unterlegscheiben (Wortschöpfung fand Freitagmorgen gegen halb acht statt und ich war verdammt froh, den Begriff durch die Aufwachphase hinweg behalten zu haben) bestickt ist.

Bin ich zu spät?

Bloggertreffen sollte man eigentlich meiden. Wirklich. Zu groß ist die Gefahr, desillusioniert zurückzubleiben. Lieb gewonnene Seiten plötzlich ganz anders betrachten, sie nicht mehr liebenswürdig finden.
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Man sollte jedes Bloggertreffen mitnehmen. Jedes. „Ach du bist das!“ ist einfach ein viel zu schöner Satz. Oder auch das von weiten ertönende, überaus interessiert klingende und absolut schmeichelnde „Ist Frau Franziskript auch da?“
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Memo für zukünftige Bloggertreffen: Suchst du dein Namensschild und findest dabei ein anderes, lass es liegen. Der Inhaber wird es mit Absicht verloren haben.
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Und beim nächsten Mal möchte ich die Kaltmamsell für ihr Outfit loben, vielleicht doch mal ein paar Worte mit Frau Fragmente wechseln und wieder ganz viel Bier mit Emily, Elle, Sebas, Wortschnittchen, Ix, Feuerhake usw. (Wen habe ich vergessen?) trinken. Ginge das?

Wenn Franziska eine Reise plant

Was ziehe ich nur an? Wie viel Paar Schuhe? Welche Paar Schuhe? Welche Hosen? Welche Röcke? Welche T-Shirts, Blusen. Blusen? Wie viele Jacken? Und dann auch noch Unterwäsche, Socken, Strümpfe.

Welche Tasche nehme ich mit? Die schwarze? Oder die grüne? Oder vielleicht doch beide?

Dann noch das Badezimmer: Handtücher, Duschgel (Mist, fast alle), Shampoo, welches Shampoo?, Rasierer, neue Klingen, Deo, Anmalzeugs, Abmalzeugs, Haarzeugs, anderer Frauenkram.

Was zu lesen, was zu schreiben, was zu hören, was zu trinken.

Noch eine Tasche?

FILM: Schiller

Das Tolle an Matthias Schweighöfer ist, dass er mit seinen 24 Jahren schon mehr Gesichtsausdrücke drauf hat als der gehypte Schauspieler-Kollege Daniel Brühl. Und der ist schon 27.

Kein Vergleich, obwohl die beiden immer verglichen werden.

Fesselnder Film. Obwohl ich so historischen Kram eigentlich nicht mag.

Zeitschriften im Test: Astroblick

Erika Berger ist mittlerweile 65. Sie war mal Sexberaterin, hatte die eine oder andere TV-Show auf RTL und war immer mal wieder in der einen oder anderen Sendung eingeladen, um ein paar Partnerschaftstipps loszuwerden. Warum sie dann im vergangenen Monat ihr Gesicht für den RTL-Küchen-Reality-Scheiß ‚Teufels Küche‘ in die Kamera hielt, bei der sie mit 9 anderen D-/E- und F-Promis um die Wette kochen musste, passt nicht so recht zu ihrem Image, sondern eher in die Kategorie ‚Ich bin alt und brauch‘ das Geld‘. Deshalb war ich auch nicht wirklich verwundert, als mich ihr Gesicht im Editorial des aus der Schweiz kommenden ‚Astroblicks‘ angrinste. Nur 50 Cent und das Blatt war gekauft!

‚Astroblick‘ kommt zwar aus der Schweiz, wird aber von einer Ablegerfirma des Axel Springer Verlags herausgegeben. Wie dem Editorial von Frau Berger zu entnehmen ist, ist das Blatt erst viermal erschienen, kann aber laut Impressum bereits eine Auflage von 125000 aufweisen. Na, glauben wir dem Eso-Blatt mal und werfen einen Blick in die wunderbare Welt der Horoskope.

Halt, denn bevor ich wirklich einen Blick in das Innere des Hefte werfe, muss ich doch noch ein paar Worte zum Titel verlieren. Wirklich selten habe ich eine so seltsam dreinschauende Dame auf dem Cover einer Zeitschrift gesehen. Ok, der Blick in die Sterne rechtfertigt ihre seltsam nach oben geneigte Kopfhaltung ist aber keine Entschuldigung für dieses leicht debile Grinsen, dass die gute Frau auf den Lippen trägt.

Und es wird noch schlimmer: Denn ich weiß nicht, wie die das hinbekommen haben, aber es ist wirklich so. Auf allen, wirklich ausnahmslos allen Bildern, die ihren Weg in diese Zeitschrift gefunden haben, gibt es grinsende, lachende, fröhliche oder einfach furchtbar glückliche (!!!) Menschen zu sehen. Keine Tränen, keine zweifelnden Blicke, nicht ein erschöpfter Mensch ist in diesem Heft zu erblicken! Die Zukunft wird großartig. Und noch besser: Für uns alle!

Schauen wir uns das also mal genauer an und blättern ein wenig. Zwei Seiten Partnerhoroskop sowohl Chinesich als auch astrologisch, Die Tarotkarten des Monats für jedes Sternzeichen, das große Mondhoroskop, dann vier Seiten Horoskope für jedes Sternzeichen (je eine Seite für eine Dekade), das chinesische Horoskop für den Monat Mai auf den folgenden 30 Seiten. Alles nur Horoskope. Kein Wunder, dass ich nun neugierig bin und wissen will, wie es denn nun weiter geht, mit mir und der Welt.

Also, der Schnelltest: Mein Sternzeichen: Steinbock, erste Dekade, im chinesischen Horoskop bin ich ‚Schlange‘ (nein, bitte keine doofen Sprüche bezüglich der realen Welt, vielen Dank). Schauen wir mal, was die Horoskope sagen: Laut ‚Partnerhoroskop‘ kann ich keine großen Sprünge in der Liebe erwarten, Flirts sind möglich und meine Erwartungen an den Partner soll ich zurückschrauben. Noch auf der gleichen Seite eröffnen sich im chinesischen Liebesbarometer aber gleich andere Perspektiven: ‚Der Mai bietet viele Möglichkeiten, um sich am Parkett der Leidenschaft zu verwirklichen.‘ Ich bin verwirrt, soll ich doch meine Erwartungen an den Partner herunterschrauben.

Laut Tarotkarte auf S. 10 offenbart mir im Mai einen Schicksalsschlag, auf S. 52 wiederum (wir befinden uns mittlerweile auf der ausführlichen Horoskopseite für meine Dekade) wird mir gesagt, dass ich ab dem 11.5. meine Beziehung gründlich unter die Lupe nehmen werde. Bis zum 25. bis 27. Mai soll ich darauf achten, meinen Partner nicht zu sehr in die Enge zu treiben, weil er sonst die Flucht ergreifen könnte. Na, wenigstens das deckt sich mit dem Partnerhoroskop. Angst habe ich mittlerweile trotzdem. Deshalb noch abschließend ein Blick in mein ausführliches China-Horoskop. Dort bietet mir der Mai ‚eine ganze Palette an Möglichkeiten‘. So ‚fällt es mir schwer, meinem Partner die gleichen Rechte zuzugestehen, die ich mir ohne Sorge herausnehme.‘ Zusammenfassend kommt dann folgendes heraus: Ich setze also unter Druck, zweifle ein bisschen und würde dann am liebsten gleich mit nem anderen in die Kiste springen. Bin ich ein Monster? Immer noch kann ich nicht verstehen, warum mich die beiden Frauen auf der Doppelseite so angrinsen. Monster schauen anders. Schnell blättere ich weiter.

Ich bin entzückt, lächelt mich doch wenig später schon wieder Erika Berger an und stellt in ihrer Kolumne ‚Erika and the City‘ (nee, wirklich!) die jetzt alles entscheidende Frage: Ist dauerhaftes Liebesglück überhaupt möglich? Was dann folgt, ist das übliche Blabla. Wer dauerhaft glücklich sein soll, muss an der Beziehung arbeiten. Tausendmal gelesen, tausendmal gähnend beiseite gelegt.

Und das tue ich jetzt auch. Überspringe ein paar Seiten mit Leserfragen wie ‚Ist er den Liebeskummer wert?‘ (Nein), ‚Was ist mit meinem Kind los?‘ (‚Kleine Krebschen‘ sind nun mal sensibel) oder ‚Hat unsere Beziehung noch eine Chance?‘ (Vielleicht!) und verbanne ‚Astroblick‘ schleunigst ins Altpapier.