Und nun?

Wie konnte das passieren? Seit ungefähr einer Woche mache ich mir dazu Gedanken, lese alle möglichen Beiträge in Medien, deutsche, amerikanische, Aufsätze in Blogs, Newsletter, schaue Videos, höre Podcasts und denke. Eine Antwort auf diese Frage in Bezug auf die US-Wahl habe ich mittlerweile gefunden: Ich habe mich vor der Wahl zu wenig damit beschäftigt, welcher Riss wirklich durch das Land geht.

Es gab immer wieder Momente, die mich zweifeln ließen. Eine Auswahl: Als ich im Sommer den Beitrag von Michael Moore las, warum Donald Trump die Wahl gewinnen wird. Als sich viele Frauen in meiner Filterblase für Hillary Clinton wegen ihrer Bedeutung für die Gleichberechtigung und den Feminismus feierten – der Wahlkampfspruch „I’m with her“ befremdete mich von vornherein: Ich stelle mich doch nicht hinter jemanden, nur weil sie eine Frau ist. Die vielen Skandale um Donald Trump, über die täglich berichtet wurde – zunächst im Vorwahlkampf und später im Wahlkampf -, machten ihn eher stärker, als dass sie ihm schadeten. Die unzähligen Menschen, die sich auf Facebook, Twitter und Co. hinter ihn stellten. Und später dann: Mein Interview mit Jeff Jarvis, in dem er so derart mit den US-Medien abrechnete. Und nicht zuletzt zwei Tage vor der Wahl, als die Kollegen zu einem der letzten Wahlkampfauftritte von Donald Trump aufbrachen und zurückkehrten, ohne ihn gesehen zu haben, weil wegen es wegen zu großem Andrang kein Reinkommen gegeben hat.

Aber es gibt noch mehr Antworten darauf, die natürlich auch schon vielfach besprochen wurden. Eine der wichtigsten: Hillary Clinton stand eben nicht für Veränderung. (In diesem Zusammenhang muss ich immer wieder daran denken, dass bereits Barack Obama mit ganz viel „Change“ vor acht Jahren das Bush-Regime ablöste. Und wenn man jetzt noch Parallelen zur Brexit-Entscheidung ziehen möchte, dann haben auch viele Briten für den Brexit gestimmt, weil sie etwas anderes wollten als das jahrelange Weiter so. Denkzettel und so.)

Und in diesem ganzen Suchen nach Antworten denke ich darüber nach, was das für uns bedeutet, also nicht nur mein Leben hier in Düsseldorf, sondern eher: Wie gespalten ist eigentlich Deutschland? Wie groß ist der Frust auf das Establishment? Und was genau kann ich eigentlich tun, dass wir nicht in unseren realen und digitalen Filterblasen leben, sondern uns wieder stärker miteinander auseinandersetzen? Anders lautende Meinungen nicht einfach abtun mit dem Argument „Der hat doch keine Ahnung“, „Der spinnt doch“, „Lass die doch labern“? Wäre ein Trump auch in Deutschland möglich? Wie vielfältig ist unsere Medienlandschaft wirklich? Und könnte eine vielfältigere Medienlandschaft wirklich etwas bewirken? Welche Partei mit welchem Kanzlerkandidat wäre diejenige, die Ängste glaubhaft aufgreifen und gleichzeitig für einen notwendigen Wandel sorgen könnte? Wie bekommen wir es hin, dass Politikersprech wieder Menschen besser erreicht? Wird auch bei uns im nächsten Jahr ein Wahlkampf unterhalb der Gürtellinie geführt? Und darf ich das überhaupt so schreiben, oder stecke ich mich dadurch sofort in die Schublade „Linke PC-Städterin“?

Ich mache mir einfach Sorgen. Weil ich glaube, dass unser Land gespaltener ist, als wir es zugeben wollen. Weil ich immer wieder auf Menschen treffe, die mit dem Typ Berufspolitiker, der unser Land derzeit regiert, wenig anfangen können. Weil unsere Wirtschaft aufgrund von Globalisierung und Digitalisierung gerade so durchgerüttelt wird und diese Kräfte auch ganz andere Fähigkeiten von Arbeitskräften verlangen, die derzeit nicht vermittelt werden. Weil wir eine Verschiebung in der Mediennutzung haben, die mit einer anderen Informiertheit einher geht. Weil die digitale Filterblase die reale noch verstärkt und wir noch immuner gegen andere Meinungen werden, ja diese schneller verurteilen und meiden. Weil es schon jetzt Kräfte gibt, die auf Kosten bestimmter Gesellschaftsgruppen Stimmung machen.

Was tun? Reden, ja. Klar. Erziehen, natürlich. Rausgehen. Auf jeden Fall: machen. Aber das sind alles Dinge, die im Kleinen passieren.

Und ich glaube nicht, dass das reicht.

(To be continued.)

3. November 2016

„Geh lieber noch nicht zu Bett, sagt die Kollegin. Es ist halb elf Ortszeit, doch mein Körper kann nicht mehr, nach 22 Stunden auf den Beinen braucht er eine Pause und deshalb liege ich nun im Bett und versuche mich mit dem Schreiben dieses Textes noch ein wenig wach zu halten. 

Wenn man so kurz vor der US Wahl auf dem Weg nach Washington unterwegs ist, ist es sehr einfach mit Menschen ins Gespräch zu kommen. Das fängt mit dem kleinen Sohn an, der, während ich die letzten Dinge in meine Tasche packe, fragt, ob ich heute nach Amerika reise (und ob er mit darf). 

​​
Im Zug nach Frankfurt sitze ich neben einer Frau aus der Finanzbranche, die sich sogleich besorgt zeigt, sollte Donald Trump die Wahl gewinnen. Sie geißelt zudem den Einfluss von Hedgefonds auf politisches Geschehen wie im Fall von Griechenland und fragt sich, in was für einer Welt ihre Kinder immer leben werden, wenn all die Werte die ihr wichtig sind derzeit erschüttert werden.


Im Flieger sitzt neben mir ein US-Soldat, der gerade auf dem Weg nach Hause ist. Washington ist für ihn nur ein Zwischenstopp, am Ende seiner Reise wird er fast zwei Tage unterwegs gewesen sein. So lange dauert es von Afghanistan nach Florida reisen möchte. „Wie ist die Lage in Afghanistan?“, frage ich. „Worse“, antwortet er nur und will aber nicht ins Detail gehen. Eine verrückte Wahl sei das in diesem Jahr fügt er später noch hinzu.

Der Taxifahrer ist ja deutlich positioniert. Er ist ein Immigrant und werde Hillary Clinton seine Stimme geben. So wie die meisten Ausländer sagt er. Mr. Trump ist crazy, fügt er hinzu. Seine Wortwahl fällt mir auf: Während er von Mr. Trump erzählt und die gute Wirtschaftslage während Bill Clintons Ära lobt, spricht er immer von Mister Trump und Mister Clinton. Redet er von der jetzigen demokratischen Kandidaten sagt er „Hillary Clinton“. Vier Stimmen werde er ihr geben, die seiner Frau, seiner beiden Söhne und seine eigene. „So bekommen wir das schon hin“, gibt er sich optimistisch. 

Und während die anderen alle beim Termin in der deutschen Botschaft sind, treffe ich im Hotel ein. Nachdenklich. Und neugierig.

Mal eine Musikempfehlung

Die Kinder hören ja meistens eher anstrengendes Zeug. Derzeit hoch im Kurs beispielsweise Feuerwehrmann Sam und das kann ja dann auch ziemlich schnell ziemlich nervig werden. Im Auto laufen oft „Benjamin Blümchen“, „Mia&me“, „Playmos“ und wer von all dem Kram keine Ahnung hat, der sollte sich einfach nur glücklich schätzen. Glücklicherweise gibt es aber zwei CDs, die wir wirklich alle gerne hören, weil sich ein paar deutsche Liedermacher zusammengetan haben und tolle Musik geschrieben und eingesungen haben. Also nicht dieser Giraffenaffen-Quatsch, wo bekannte Lieder ein bisschen auf modern getrimmt und abgewandelt werden, sondern neue Songs, tolle Songs, mit toller Musik und guten Texten.

Die Rede ist von „Unter meinem Bett“ (Als die erste CD rauskam, habe ich hier schon mal rumgeschwärmt) und vor ein paar Wochen ist die zweite Ausgabe erschienen. Nicht wieder mit Olli Schulz und Bernd Begemann, sondern anderen tollen Künstlern. Zu einem der Lieder gibt es jetzt auch schon ein Video, es ist das erste Lied auf der CD, es ist nicht das stärkste, aber die Jungs mögen es.

Mein Lieblingslied von dieser zweiten CD ist das vom Stachelschwein, „Quatschmachen“ von Das Bo kommt hier aber auch gut an und am Ende gibt es auch noch ein schönes Gute-Nacht-Lied.

Wer also mal nach einem Geschenk sucht für die Kinder, Patenkinder oder Enkel kann hier meiner Ansicht nach ohne Bedenken zuschlagen. (Und nachdem wir im vergangenen Jahr auch mit meiner Mutter im Auto sehr viel Spaß mit diesen Liedern hatten, hat selbst sie sich diese CD gekauft. Ich empfehle diese CD also auch als Geschenk für Omas und Opas.)

Bei Brigitte.de könnt ihr auch drei Songs probehören

Hamburger könnten im Januar auch zu einer Release-Party gehen.

Amazon-Link zu „Unter meinem Bett 2“
Amazon-Link zu „Unter meinem Bett“