7 Tipps für virtuelle Seminare und Workshops

In dieser Woche hatte ich mein letztes zweitägiges Seminar für dieses Jahr. Natürlich haben wir wieder gezoomt. Während ich in den ersten Monaten der pandemiebedingten Heimarbeit immer sehr ausführlich die unterschiedlichen Funktionen des jeweiligen Tools erklären musste und wir diese gemeinsam ausprobiert haben, ist das oft gar nicht mehr in dieser Ausführlichkeit notwendig. Die Mikrofone werden bereits automatisch ausgeschaltet – viele von uns sind Profis in virtuellen Meetings, Workshops und Seminaren geworden.

Das für mich überraschendste: Die Arbeit im digitalen Raum kann sogar noch intensiver sein! Denn: Zum einen sitzt du deinem Gegenüber ja sonst auch viel mehr auf Abstand und zum anderen kannst du dich in der 1:1-Situation ja auch viel intensiver auf dein Gegenüber einlassen, zuhören und interagieren. Das weiß ich mittlerweile wirklich zu schätzen!

Aber jetzt sieben Dinge, auf die es in virtuellen Seminaren und Workshops immer ankommt.

1. Guter Ton: Ha, sogar im doppelten Sinn! Und natürlich Mikros aus, wenn nix gesagt wird, damit Hintergrundgeräusche nicht stören (Wenn die Katze in der Küche Randale schiebt). Ich arbeite mittlerweile mit einem Headset und bin sehr zufrieden.

2. Licht von vorne: Klingt logisch, ist es auch, denn wenn das Licht von hinten kommt, siehst du von deinem Gegenüber nix. Wer ein bisschen aufrüsten will, besorgt sich ein günstiges Ringlicht.

3. Bildschirme an: Damit ein Seminar gut gelingt, bitte ich die Teilnehmenden immer darum, die Kameras anzulassen, sofern es die Bandbreite zulässt. Mir hilft das sehr, weil ich dann viel besser die Teilnehmenden einbeziehen kann, aber auch Fragezeichen sehen und direkt ansprechen kann.

4. Pausen: Nach 1,5, maximal zwei Stunden mache ich mindestens 15 Minuten Pause.

5. Virtuelle Kaffeeküche: Was ich am meisten am persönlichen Austausch vermisse? Die Gespräche in den Pausen, das Informelle. Einfach einen Breakout-Room (geht zumindest in Zoom) anlegen, in den die Teilnehmenden in den Pausen gehen können zum ungestörten Austausch.

6. Weniger ist mehr: Es gibt so viele verschiedene Tools, von Miro, über Mural bis hin zu Stimmungsmessern etc. Alles schön, aber für viele eben noch eine technische Hürde. (Kerstin Hoffmann hat das Thema Barrierefreiheit kürzlich ebenfalls thematisiert!)

7. Führung: Es fängt bei der Vorstellungsrunde an und hört bei der Feedbackrunde und Abmoderation auf: Vieles dauert im virtuellen Raum länger, manche unnötigen Pausen lassen sich aber auch vermeiden.

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Twitter startet Fleets – spät

Heute empfehle ich dir, ein Update deiner Twitter-App auf dem Smartphone zu machen. Was du entdecken wirst? Twitter hat jetzt Stories, äh, Fleets. Bei mir sah das gestern Abend dann so aus:

Damit dir der Einstieg leichter fällt und Du erfährst, ob das neue Feature etwas taugt, beantworte ich heute die wichtigsten Fragen.

Was geht mit Fleets?
In diesen Fleets kannst du einen „flüchtigen Gedanken“ in Form eines Textes, eines Foto oder eines Videos teilen. Du kannst Reaktionen auf einen Tweet teilen und diesen dann mit eigenen Gedanken, Emojis und einem schicken Hintergrund versehen. Wenn du erlaubst, dass man dir Direktnachrichten schicken kann, können Nutzerinnen und Nutzer dir auch auf deinen Fleet antworten. 
Fleets sind 24 Stunden live, danach verschwinden sie wieder. Das Feature gibt es derzeit nur mobil. Twitter hat angekündigt, die Funktion schrittweise auszubauen.

Warum macht Twitter das? Twitter will die Hürde senken, sich zu äußern. In einem Blog-Post erläutern sie, dass einige Nutzerinnen und Nutzer Twitter als unkomfortabel wahrnehmen:

„It feels so public, so permanent, and like there’s so much pressure to rack up Retweets and Likes. That’s why, unfortunately there are so many ? Tweets left in drafts!“  

Im Frühjahr hatte Twitter das Feature in einigen Ländern getestet und herausgefunden, dass Menschen dadurch leichter in Diskussionen eingestiegen sind. 

Braucht Twitter neue Nutzer:innen? Eindeutig: ja! Noch immer funktioniert bei Twitter viel über Text, Instagram ist beispielsweise in den jungen Zielgruppen so erfolgreich, weil hier audiovisuelle Inhalte im Vordergrund stehen. All diesen Nutzer:innengruppen soll der Einstieg so leicht wie möglich gemacht werden. 

Höher, schneller, weiter – jetzt auch bei Twitter? Nicht erst jetzt. Twitter ist schon eine ganze Weile ein börsennotiertes Unternehmen und muss seinen Investoren in jedem Quartal erklären, dass es läuft – dass die Zahlen stimmen und im besten Fall natürlich eine Wachstumsgeschichte erzählt wird (Ich verweise hier gerne nochmal auf meinen Text zu „The Social Dilemma“). Schaut man mal in den letzten Bericht, dann wird dort beispielsweise die Zahl der monatlich aktiven monetarisierbaren Nutzer betrachtet. Die lag im dritten Quartal bei 187 Millionen Nutzern, während es im Vorquartal 186 Millionen waren und davor 166. Sprich: So richtig kommt Twitter da nicht aus den Puschen. Das Unternehmen erhofft sich also mehr, im besten Fall natürlich schnell mehr monetarisierbare Nutzer. Dabei könnte eine Funktion wie Fleets natürlich helfen. Theoretisch.

Der erste Eindruck? Nun ja: Noch scheinen Fleets sehr rudimentär. Man kann dort zwar mehr als 280 Zeichen hinterlassen und das Aufnehmen von Videos erscheint wirklich einfach, doch fehlen mir Filter, Sticker und die ganzen anderen tollen Features, die Instagram zu bieten hat und die zum Verweilen anregen. Vieles davon wird auch hier ausgerollt werden, sagt Twitter. Abwarten. 

Gary Lineker sagt „Fleets are Shit“ – wirklich? Soweit würde ich noch nicht gehen, zumal der komplette Umfang der Funktion ja noch gar nicht live ist. Ein wenig skeptisch bin ich aber schon: Twitter ist spät mit dieser Form des Storytellings, selbst Linkedin war schneller und tut sich bisher noch schwer. Andererseits war eine Öffnung von Twitter für jüngere Zielgruppen längst überfällig. Meine Prognose: Das wird nicht reichen.

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Wie schlimm ist Social Media wirklich?

Ich habe eine Weile gebraucht, um nun auch endlich „The Social Dilemma“ (deutscher Titel: „Das Dilemma mit den sozialen Medien“) zu schauen, immerhin gibt es die Doku ja schon seit September auf Netflix. Doch eigentlich war der Zeitpunkt dafür perfekt: Denn gerade die vergangene Woche war „The Social Dilemma“ im Praxistest: Die Wahl des neuen Präsidenten der USA wurde begleitet von zahlreichen Tweets des Amtsinhabers – und diese wurden mittlerweile nach langwierigen Debatten über Fake News und Co. immerhin eingeordnet. Ja, erstmals trauten sich US-Medien sogar den Kreislauf der Nachrichtengenerierung von Donald Trump zu durchbrechen, indem sie die Übertragung seiner Pressekonferenz unterbrachen und stattdessen einordneten, was dort behauptet und gelogen worden ist.

„The Social Dilemma“ beleuchtet die Schattenseiten der Aufmerksamkeitsökonomie. Facebook, Google, Twitter und Co. haben in den vergangenen Jahren Plattformen und ein dazugehöriges Geschäftsmodell aufgebaut. Konzerne sammeln Daten und tun alles dafür, dass diese Daten immer präziser werden, dass Werbetreibende möglichst genau wissen, ob und wie ihre Werbung geklickt wird. Und weil Menschen vor allem auf emotionale Inhalte reagieren, steigt das Engagement je polarisierender der Inhalt. Lagerbildung, wenig Debattenkultur und süchtig macht das ganze auch noch. Das alles transportiert der Film auf vielschichtige Weise – zum Beispiel in Form von Interviews mit den Protagonisten, die viele der heute beliebten Funktionen erfunden haben.

Das ist nicht wirklich neu und in meinen Social-Media-Seminaren weise auch ich seit Jahren immer wieder darauf hin, dass diese Plattformen von börsennotierten Unternehmen betrieben werden, die Umsatz- und Gewinnziele für ihre Aktionäre erreichen müssen – und daher alles dafür tun, dass wir noch mehr Zeit dort verbringen und mit den Inhalten interagieren.

Und trotz der ganzen Schwarzmalerei – auf die Chancen, die sich durch diese Netzwerke ergeben, wird nämlich gar nicht eingegangen – lohnt es sich, diesen Film anzuschauen.

Stichwort Debattenkultur! Es gibt nicht eine Wahrheit über soziale Medien, sondern viele und diese anzuhören und als Impuls für eine weitere Diskussion mitzunehmen – lohnt sich aus meiner Sicht immer.

Das eigene Nutzungsverhalten! Seit einiger Zeit beobachte ich Woche für Woche mein Nutzungsverhalten auf meinem Smartphone. Wie viel Zeit habe ich in sozialen Medien verbracht? Wie viel habe ich gespielt? Wie viele Podcasts gehört? In der vergangenen Woche war diese Nutzungszeit zum Beispiel auf einem Tiefpunkt. Es lohnt sich, die Plattformen bewusster zu nutzen – nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ. Welche Daten gebe ich an? Wie wichtig ist mir Datenschutz? Diese Fragen für sich selbst zu beantworten, ist hilfreich und sinnvoll. 

Das Nutzungsverhalten der anderen! Aufgrund der aktuellen Situation meine ich dabei vor allem meine Kinder. Gehört das Smartphone an den Essenstisch? Kann ich wirklich „Nein“ sagen, wenn mein Sohn nach iPad-Zeit fragt und ich währenddessen gerade den Instafeed checke? Als Elternteil bin ich ja auch noch Vorbild.

Hast du „The Social Dilemma“ gesehen? Was war dein Fazit? Schreib mir gerne in die Kommentare.

Hier geht’s zum Trailer.

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Wie die Corona-Pandemie die Verlagswelt verändert

90 Prozent der Verlagsmanager sagen, dass sich die Digitalisierung beschleunigen wird

Wie verändert die Corona-Pandemie den Journalismus bzw. die Verlagswelt? Das ist die Frage, die eine VDZ-KPMG-Studie untersucht hat. Das Ergebnis: Die meisten erwarten einen deutlichen Umsatzrückgang, der sich vor allem durch das weggebrochene Veranstaltungsgeschäft, dem Einbruch im Werbegeschäft und dem Rückgang im Vertrieb von Printprodukten erklären lässt. Problem: Das sind bei vielen Verlagen die großen Umsatzträger und deshalb tut vielen Verlagen die derzeitige Krise auch so weh.

Und wie wurde bisher reagiert? 66 Prozent der befragten Medienhäuser haben die verstärkte Digitalisierung bereits eingeleitet, weitere 15 Prozent planen damit immerhin in den nächsten sechs Monaten; 61 Prozent haben staatliche Hilfen beantragt, 46 Prozent setzen auf Rationalisierung, 37 Prozent kürzen ihre Investitionen. Immerhin: Nur knapp 20 Prozent kürzen oder planen Kürzungen im Bereich Weiterbildung.

Und welche Folgen wird die Corona-Pandemie auf die Branche haben? Der Digitalisierungsprozess wird sich stark beschleunigen – davon sind 90 Prozent der befragten Verlage überzeugt. Eine ähnlich hohe Zustimmung gibt es dazu, dass viele Häuser ihr Portfolio bereinigen und ihre Prozesse und Strukturen neu gestalten werden. Einige Häuser scheinen nicht mehr an die eigene Zukunft zu glauben: 81 Prozent der befragten Verlage glauben, dass die Zahl der Verlage abnehmen wird.

Und was ist das Fazit? Die Corona-Pandemie legt auch in der Verlagsbranche schonungslos die Baustellen offen, die in den vergangenen Jahren versäumt wurden: Digitalisierung, veraltete Strukturen und Prozesse, die u.a. zu einer mangelnden Innovationskraft führen. Man kann nur hoffen, dass nun nicht an den falschen Stellen gespart wird, sondern endlich alles gegeben wird, um digitale und mobile Angebote zu schaffen, die den Kundenbedürfnissen gerecht werden.

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