Zurück im Hofschulen-Modus

Sechs Wochen lang ging es gut, jetzt sind wir zurück im Hofschulen-Modus, sprich: Kind zuhause, Arbeit läuft weiter und irgendwie muss das jetzt für mindestens zwei Wochen gehen. Und yeah! Danach sind ja auch schon Herbstferien…

Am Samstagabend kam sie, die Meldung aus der Schule: Eine positiv-getestete Mitarbeiterin hatte am Freitag Kontakt zu vier Klassen, die nun für 14 Tage in Quarantäne geschickt werden. Was noch vor einem halben Jahr zu einem chaotischen Zustand führte, war jetzt super geregelt. Am Sonntag informierte die Klassenlehrerin über das Lernen auf Distanz: Lernpakete für eine Woche können am Montagnachmittag in der Schule abgeholt werden, es gibt einen Wochenplan mit jeder Menge Aufgaben, ein kleines Forschungspaket und einen festen Termin, zu dem die bearbeiteten Materialien wieder in der Schule abgegeben werden sollen.

Am Donnerstag wird das mobile Testteam bei uns vorbei kommen und dann werden wir hoffentlich schon bald wissen, ob der Virus zugeschlagen hat oder nicht.

Bis dahin heißt es also wieder einmal: jonglieren. Kann nicht sagen, dass ich das in den vergangenen Wochen vermisst habe.

Warum dein Newsletter ein Problem lösen sollte

Neulich im Seminar. Thema: Newsletter. In der Kennenlernrunde frage ich gerne nach, welche gerne gelesen werden, Lieblingsnewsletter sozusagen. Die Antworten: In Hamburg steht die Elbvertiefung immer hoch im Kurs, junge Frauen nennen hier gerne Steingarts Morning Briefing, aber auch nicht-mediale werden genannt: die Angebote eines Biokistenanbieters werden hier sehr geschätzt und auch ich erwische mich dabei, an den elektronischen Service des griechischen Lagerverkaufs in meinen Viertel zu denken: Einmal in der Woche erhalte ich dort Angebote, ein Rezept und die Erinnerung, eventuell mal wieder Grillwürste zu bestellen.

Warum? Weil uns all diese elektronischen Briefe einen Mehrwert liefern: relevante Informationen, Überraschung, Haltung, Service, Inspiration – Lösungen!

Was das auch bedeuten kann, lernte ich am Montag, als eine Teilnehmerin sagte, dass sie in diesem Zusammenhang auch den Alert-Service der Hamburger Müllabfuhr nannte. Käme immer per Mail, würde sie jedes Mal lesen und sorge in der Familie sogar für Gesprächsstoff, weil entschieden werden muss, wer diesmal die Tonne rausstellt.

Während sich viele von uns immer wieder darüber Gedanken machen, welchen Mehrwert sie Leserinnen und Lesern, Kundinnen und Kunden liefern können, welche aufwändigen Recherchen getätigt und exklusiven Informationen herangekarrt werden sollten, kann ein einfacher, voll automatisierter E-Mail-Service ausreichen.

Denn: Relevant ist nicht das, was du als relevant empfindest. Oder um es mit dem amerikanischen Autoren und Marketing-Guru Seth Godin zu sagen: „Don’t find customers for your products, find products for your customers.”

Dieser Text stammt aus meinem wöchentlichen Newsletter, in dem ich regelmäßig über Digitalisierung, Medienwandel und Social Media schreibe. Melden Sie sich hier an!

Massenkommunikationstrends 2020: Wie die Deutschen Medien nutzen

Welche Medien nutzen die Deutschen? Das ist eine der Fragen, die die Massenkommunikationstrends 2020 jedes Jahr beantworten möchte, eine Langzeitstudie von ARD und ZDF. Basis dafür sind telefonische Interviews. Und natürlich: Es ist EINE Studie von vielen, die es dazu gibt. Aber es ist eine, die seit 1964 durchgeführt wird und deshalb auch Aufschluss über langfristige Trends gibt mit vergleichbaren Daten. Was sind die spannendsten Ergebnisse in diesem durch Corona und Co. besonderem Jahr? Hier die aus meiner Sicht sieben wichtigsten Erkenntnisse.

Erstens: Jede Person ab 14 Jahren wird pro Tag mit mindestens einem medialen Inhalt erreicht – egal ob jung oder alt. Und in allen Altersgruppen gilt: Video vor Audio vor Text. Unterschiede gibt es nur in den Inhalten, Plattformen und Verbreitungswegen, sowie in der Nutzungsintensität.

Zweitens: Bei der Videonutzung gibt es eine Schere zwischen den Ü50 und U50: Während bei Ü50 immer noch die lineare Fernsehnutzung dominiert, ist es bei U50 anders: Die Bedeutung von Live-Fernsehen nimmt weiter ab. Bei den 14 bis 29-Jährigen dominieren Youtube, Streamingdienste und soziale Netzwerke. Hier manifestiert sich für die Auftraggeber der Studie: Wenn sie junge Menschen erreichen wollen, dann nicht mehr über die klassischen TV-Kanäle.

Drittens: Bei der Audionutzung dominiert in der Gesamtbevölkerung noch das Radiohören, wenn auch mit einem leichten Rückgang. Das Spannendste: Die 14- bis 29-Jährigen haben von allen Alterskohorten die größte Audionutzung pro Tag – dominierend hier: Musik über Streamingdienste, klassisches Radio und Musik über Youtube. Plus: Die Podcastnutzung ist in dieser Altersgruppe doppelt so hoch wie die der Gesamtbevölkerung.

Viertens: Die Textnutzung nimmt weiter ab – in allen Altersgruppen, aber besonders heftig wieder einmal bei den Unter-30-Jährigen. Bemerkenswert finde ich hier vor allem die verstärkte Nutzung von gedruckten Büchern. Die Studie sieht das auch als Corona-Effekt. Spannend allerdings: E-Books konnten hier nicht profitieren.

Fünftens: Obwohl die Nachrichtenseiten durch Corona Nutzungsrekorde vermeldeten, ist laut dieser Studie die Nutzung von Artikeln oder Berichten im Internet aber auch die Nutzung von gedruckten Artikeln und Berichten rückläufig. Hier scheint diese Studie keine echten Erkenntnisse zu liefern. Fakt ist aber sicherlich: Mit Texten Menschen zu erreichen, wird in den kommenden Jahren immer schwieriger werden. Looking at you, Verlagshäuser.

Sechstens: Bei der Mediennutzung im Tagesverlauf ist der Corona-Effekt ebenfalls spannend: Insgesamt wurden mehr Medien konsumiert, allerdings weniger am frühen Morgen (der fehlende Arbeitsweg). In der sogenannten Primetime ist die Videonutzung sogar nochmal gestiegen – offenbar durch den Mangel an Alternativen wie unter Leute gehen und dem Bedürfnis, sich irgendwie abzulenken.

Siebtens: Der Versuch der Öffentlich-Rechtlichen Streamingdiensten mit Mediatheken etwas entgegenzusetzen, funktioniert so mittel. Zwar etablieren sich diese einigermaßen, doch große Sprünge in der Nutzung gibt es nicht. Das könnte sicherlich auch daran liegen, dass die dort dargebotenen Inhalte vor allem für die Zielgruppe gemacht sind, die das lineare Fernsehen auch nutzt. Die Studie selbst kommt zu dem Schluss: „Dies ist ein Hinweis darauf, dass die erst in Ansätzen umgesetzte Positionierung der Mediatheken als eigenständige Angebote beschleunigt werden sollte.“

Fazit: Viele Trends der vergangenen Jahre haben sich 2020 fortgesetzt oder haben sich coronabedingt sogar verschärft. Wer weiterhin versucht, mit altbewährten Rezepten junge Menschen zu erreichen, sollte vielleicht über einen Berufswechsel nachdenken. Du musst verstehen, wie deine Zielgruppe tickt, um die perfekten Inhalte für sie bereitzustellen.

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Medienkompetenz für alle

Ich erinnere mich nicht an DEN einen Moment, aber wenn ich darüber nachdenke, warum ich mich während meines Studiums darum bemüht habe, irgendwas mit Journalismus zu machen, dann haben die Lehrenden an meiner damaligen Schule schon einen Beitrag dazu geleistet. Nachrichtenkompetenz zu vermitteln, stand da durchaus auf der Tagesordnung. Ein Lehrer gab uns FAZ-Artikel, der andere bevorzugte die SZ und fotokopierte immer wieder Artikel, die wir dann im Unterricht besprachen. In einer der höheren Klassen nahmen wir dann auch am FAZ-Projekt „Jugend schreibt“ teil und erhielten somit ein Jahr lang die FAZ-Papierberge nach Hause.

Umso mehr haben mich in den vergangenen Tagen die Ergebnisse einer Umfrage erschrocken, nach der Lehrende in bestimmten Teilen Deutschlands das Vermitteln von Nachrichtenkompetenz als nicht allzu wichtig einordnen, selbst ein verzerrtes Bild des deutschen Mediensystems haben und vor allem im Osten Deutschlands Medien kein großes Vertrauen entgegen bringen. Immerhin 19 Prozent der Lehrkräfte glauben sogar, dass Nachrichten, die eigentlich wichtig seien, verschwiegen werden und nur in sozialen Netzwerken zu finden sind.

In der Pressemitteilung bezeichnet Dietmar Wolff, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger, die Ergebnisse als besorgniserregend und fordert „gerade in Zeiten von Corona“ gut ausgebildetes Lehrpersonal, „das flexibel auf Informationsbedürfnisse reagiere“. Nachrichtenkompetenz sei für ihn eine Schlüsselkompetenz. Dem kann man nicht widersprechen. In der taz wünscht sich Wolff eine regelmäßige Fortbildung der Lehrkräfte.

Den Punkt finde ich spannend: Auch wenn die Verlage mit Programmen wie „Jugend schreibt“ natürlich vor allem den Nachwuchs für den Journalismus begeistern wollen und das Vermitteln von Medienkompetenz eher mitgeliefert wird, wäre ein „Lehrkraft schreibt“ bei der FAZ oder eine Lehrenden-Version der Texthelden bei der Rheinischen Post zumindest eine Idee, wie man Medien- und Nachrichtenkompetenz vermitteln könnte. Auch wenn diese Programme natürlich den bitteren Beigeschmack haben, vor allem die geschriebenen Medien – ob gedruckt oder digital – kompetent zu nutzen.

Wichtig wäre aus meiner Sicht aber auf jeden Fall ein Umdenken. Denn wenn der Fokus in der Debatte um die Vermittlung von Medienkompetenz bisher vor allem auf den Kindern und Jugendlichen liegt, sollten so schnell wie möglich auch Erwachsene und vor allem Lehrende berücksichtigt werden.

Dieser Text war Teil meines wöchentlich erscheinenden Newsletters, den du hier abonnieren kannst.

Magst du Veränderungen?

Neulich in einem Workshop: Brainstorming für mögliche Themen in einem Unternehmensblog. Idee: Was durch Corona anders geworden ist – vor allem in der Zusammenarbeit im Unternehmen. Eine potenzielle Überschrift entsteht: Was das Home Office verändert hat (und weiter verändern wird). Reaktion eines Teilnehmers: Das klingt aber negativ. Mein Gedanke: spannend. Denn eigentlich sollte es in dem Text darum gehen, welche Chancen und neuen Ideen entstanden sind.

Während die einen erwarten, dass nun eine Vielzahl von Chancen und neuen Ideen aufgelistet wird, sehen die anderen Veränderung im schlimmsten Fall als Bedrohung der eigenen Gewohnheiten. Werde ich wieder einen Arbeitsweg haben und wann? Mit den Kolleg:innen aus den anderen Teams in der Kaffeeküche quatschen? Auf einen Netzwerkabend gehen? Wie kann ich mit meinen Arbeitsergebnissen sichtbar werden, ohne die physische Begegnung? Kopfkino pur.

Wie kommt es, dass die einen Veränderungen durch Corona oder natürlich Automatisierung und Digitalisierung als negativ wahrnehmen, andere aber nicht und diese sogar freudig vorantreiben? Sicherlich liegt das an Vorerfahrungen, aber eben auch an anderen Dingen. Vor ein paar Wochen habe ich mich mit dem Graves-Modell auseinander gesetzt, einigen vielleicht eher unter dem Begriff Spiral Dynamics bekannt. Der Begründer, Clare Graves war Psychologieprofessor und beschäftigte sich u.a. mit der Frage, warum Menschen wie reagieren (sehr verkürzte Darstellung, I know). Sein Modell geht davon aus, dass der Mensch Aktionssysteme bildet, die abhängig sind von der individuellen und kulturellen Hintergründen des Menschen. Wer sich näher damit beschäftigen will, dem empfehle ich einen Blick in die Originalliteratur oder einschlägige Managementbücher.

To make a long story short: Bei der Recherche zu dem Thema fand ich ein paar Leitsätze von Clare Graves, in denen ich mich in meiner Arbeit in Redaktionen und Unternehmen wiederfand und die ich gerne mit dir teilen möchte:

„Jeder hat das Recht, so zu sein, wie er ist. Lehre Menschen, die Qualität ihrer Arbeit zu erhöhen, indem du ihren Denkweisen gerecht wirst und nicht von dir selbst ausgehst.”

„Erleichtere Veränderung und gib Unterstützung für die, die Veränderung wählen. Bestrafe die übrigen nicht, für das, was sie sind (und bleiben wollen).”

Spannend – das werde ich also weiterhin denken, wenn jemand mit einer negativen Grundhaltung auf das Thema Veränderung reagiert und dann mit der Arbeit beginnen.

Dieser Text ist zuerst in einer abgewandelten Version in meinem Newsletter erschienen. Abonniere ihn hier.