Schön auch die neues Virus-Welle, die gerade mein Postfach bei web.de attackiert. Mails vom BKA mit der Betreff-Zeile „Anzeige“, „Ermittlungsverfahren eingeleitet“.
Das neue Handelsblatt
An meinem freien Tag gestern extra eins gekauft. Wollte ja schon mal wissen, wie das jetzt so ist, was anders und was vielleicht auch besser ist.
Und für alle, die noch nie ein Handelsblatt in der Hand hatten: Ist eine Zeitung, erscheint fünfmal in der Woche und es geht nur um Wirtschaft. Außer auf den Sportseiten ganz hinten. Und seit gestern ist da so einiges anders.
Zum einen gibt’s bei jedem größeren Artikel die Möglichkeit, diesen weiterzuleiten. Ja, genauso wie man gerne einmal eine E-Mail weiterleitet, kann man nun interessante Texte weiterleiten. Dazu genügt eine E-Mail mit einer entsprechenden Betreffzeile. Fertig. Ausprobiert habe ich das noch nicht. Genial ist die Idee aber allemal. Und wenn das angenommen wird, profitieren die Zeitungsmenschen ja auch. Schließlich wissen sie so, was von den Lesern gelesen (nichts Ungelesenes empfiehlt man schließlich) und auch noch als interessant eingestuft wurde.
Die zweite wichtige Neuerung: Der Finanz- und Anlegerteil der Zeitung, also der Teil, in dem es um Aktien, Börsenkurse und andere Anlagemöglichkeiten wie Fonds etc. geht, erscheint nun in einem anderen Format. Tabloid-Format nennen die Experten das. Auch das scheint einigermaßen gelungen. Zwar sieht ein geschultes Auge ab und zu ein paar Probleme mit dem Layout, allerdings werden diese in den kommenden Tagen sicherlich auch behoben sein.
Fazit: Mir gefällt’s ganz gut, soweit. Wobei ich mir vielleicht ein wenig mehr Mut hier und da gewünscht hätte. Warum nicht noch mehr Veränderungen im Layout? Warum nicht die gesamte Zeitung auf das Tabloid-Format umstellen? Das wäre eine Revolution gewesen, so ist es wahrscheinlich ein Test. Mal schauen, ob die Leser mitmachen.
PS: Nein, ich arbeite nicht fürs Handelsblatt.
Nachtrag: Um 10.48 Uhr eine Mail an forward@handelsblatt.com geschrieben. Nun warte ich auf Antwort. Um 11.52 Uhr war die Mail in meinem Postfach.
Was wir wirklich lesen
Lokales wird also doch nicht so gerne gelesen? Spannende Erkenntnisse durch Reader Scan beschreibt die Frankfurter Rundschau.
Haruki Murakami: Afterdark
Seltsame Entwicklung, dass die Bücher von Murakami mittlerweile zunächst ins Deutsche und erst Jahre später ins Englische übersetzt werden. Das war so bei Kafka am Strand und jetzt auch bei Afterdark, das laut Wikipedia erst 2010 auf Englisch erscheinen soll. Da bleibt mir nichts anderes übrig, als die deutsche Version zu lesen.
Der Roman verfolgt mehrere Personen in einer Nacht in Tokio. Da ist die 19-jährige Mari, die wegen ihrer Schwester Eri nicht nach Hause fahren will und lieber in einem Bistro sitzt und liest. Shirokawa, der Büroangestellte, der sich eine chinesische Prostituierte in ein „Love Hotel“ bestellt, sie zusammenschlägt und sich mit ihren Sachen davon macht. Takahashi, der die Nacht mit seiner Posaune und anderen Musikern probend verbringt und dafür sorgt, dass Mari in das „Love Hotel“ bestellt wird, um dort der Chinesin zu helfen.
Wie eine Kamera verfolgen wir Shirokawa und Mari, beobachten durch unsere Linse die schlafende Eri, die Schwester von Mari und ahnen, dass das Verhalten der einzelnen Figuren wieder einmal eng zusammenhängt. „Afterdark“ ist nicht so abgedreht, wie es andere Bücher von Murakami schon waren. Trotzdem habe ich wieder wie gebannt Zeile für Zeile gelesen.
Ein Fazit? Schwierig. Das Buch endet mit dem Morgen. Mari und Eri liegen wieder vereint im Bett. Sie scheinen einander wiedergefunden zu haben. Trotzdem war ich ein wenig enttäuscht. Woran das lag, kann ich gar nicht genau sagen. Vielleicht hatte ich nach den Vorgängern einfach mehr erwartet.
Noch gar nicht vorher bemerkt: Jakob Maria Mierscheid schreibt sein eigenes Blog.
(via)
Karen Duve: Regenroman
Der Schriftsteller Leon und Martina haben gerade geheiratet. Jetzt wollen sie aufs Land ziehen, raus aus Hamburg, damit Leon Ruhe zum Schreiben hat. Die braucht er auch, schließlich arbeitet er gerade an der Biographie von Pfitzner, einem Boxer aus dem Milieu. So kommt es, dass die beiden in ein Haus im Osten Deutschlands ziehen, umgeben von einer Moorlandschaft, der nächste Ort nur mit dem Auto zu erreichen.
Leider regnet es die meiste Zeit und so richtig scheint den beiden das Landleben nicht zu gefallen. Leon entwickelt eine Schnecken-Phobie und muss sich gefallen lassen, dass Pfitzner die ersten Entwürfe seines Buches nicht wirklich gefallen. Martina, die eigentlich Roswitha heißt, freundet sich in der Einsamkeit schnell mit dem vom Vorbesitzer zurückgelassenen Hund an und beschäftigt sich vornehmlich mit Zeitschriften und sich selbst. Zudem leiden beide darunter, dass so gut wie nichts in dem Haus zu funktionieren scheint. Hinzukommt, dass beide handwerklich nicht sonderlich begabt sind.
Auch wenn ich gestern Nacht überzogen habe, weil ich unbedingt wissen wollte, wie die Geschichte denn nun ausgeht. Ich wollte eine Erklärung dafür, dass ich mit keiner der Figuren richtig warm wurde. Ich wollte mehr darüber erfahren, warum Martina essgestört, Leon so ein Oberarschloch, die beiden Schwestern so seltsam sind. Ich wollte endlich erfahren, warum Martina diesen Typen geheiratet hat und warum die Autorin mich mit diesen seltsamen Details belästigt, die – vielleicht habe ich ja das gesamte Buch nicht verstanden, wer weiß – mit der Geschichte nicht so richtig etwas zu tun hatten.
Leider, ja, und das ist wirklich schade, erfahre ich das alles nicht. Das ist schade. Und ob ich noch einmal etwas von Karen Duve lesen wollte? Nur, wenn ich mal wieder wert darauf lege, sehr plastisch beschrieben zu lesen, wie jemand im Moor erstickt, vergewaltigt wird oder über der Kloschüssel hängt. Das kann sie wirklich gut.
Da gibt es schon mal einen wirklich unterhaltsamen Kino-Spot und dann lässt Axel Springer ihn auch noch verbieten. Menno.
Joachim Lottmann: Die Jugend von heute
„Jugend von heute“, ich weiß nicht, wie oft ich diese Platte von Blumfeld damals gehört habe. Immer und immer wieder. Zur gleichen Zeit kannte ich einen Kerl, der unbedingt jung bleiben wollte, aber nicht wirklich in der Lage dazu war. Am Wochenende in den Clubs? Nicht wirklich. Der Job schlauchte und all seine Freunde hatten keinen richtigen. Sie waren auch fast alle unter 30, während er unter der Woche mindestens 60 Stunden schuftete. Es ärgerte ihn, dass er an den Wochenenden immer so müde war. Bindungsfähig? Nein, es könnte ja immer noch etwas Besseres kommen. Alle Optionen offenhalten, war wohl eher sein Motto.
Der Hauptdarsteller Lolo in dem Buch ist Mitte 40. Eigentlich hat er so etwas wie eine Freundin in Köln, doch er bedauert es, dass er, seitdem er in Berlin wohnt, nicht einmal eine richtige Affäre hatte. Sowieso erscheint die Bundeshauptstadt als eine große Masse Junger und Junggebliebener. Es geht vor allem um das Sichten potenzieller Partner, kein Sex, nur ein bisschen Kuscheln und dann ab zum Nächsten. So zumindest beschreibt der Hauptdarsteller das Leben seines Neffens Elias. Er zieht mit ihm durch die Clubs, nimmt alles, was aufputscht, um durchzuhalten.
Joachim Lottmann beschreibt die Generation der Turnjacken tragenden Junggebliebenen in Berlin. Das kann nach 300 Seiten wirklich nervend sein. Und wenn es einen auch noch an alte Bekannte erinnert, sogar schmerzhaft. Trotzdem ein Buch, was wirklich jeder Berliner gelesen haben sollte.
Jan Weiler: Maria, ihm schmeckt’s nicht
Und dann muss ich ja noch ein paar Worte zu dem einen Buch verlieren, dass ich in dieser Woche endlich mal gelesen habe. Gekauft in der heimatlichen Provinz auf Empfehlung der Mutter einer Schulfreundin. Weil ich im Zuge der Emotionen, die im Sommer auf mir lasteten, nach etwas Leichtem verlangte. Seltsamerweise schleppte ich das Buch dann aber zunächst ungelesen nach Düsseldorf und dann später durch Deutschland. Irgendetwas hinderte mich daran, das Buch zu beginnen.
Mittlerweile habe ich es hinter mir und ja, es war leichte Kost. Kurzweilige Geschichten über einen Kerl, der in eine italienische Familie einheiratet. „Wunderbar witzig“ sagt Axel Hacke auf dem Buchrücken, „Göttliche Geschichten“, wird der Stern zitiert. Naja, das Buch war schon an einigen Stellen witzig, also schmunzelwitzig, zumindest zu Beginn. Im Verlauf des Buches wird’s ein bisschen ernsthafter. Keine kurzen Geschichten über italienische Familienrituale, stattdesen wird auf einfühlsame Weise das Schicksal eines nach Deutschland ausgewanderten Gastarbeiters beschrieben. Das ist dann eher interessant als witzig und dieser Teil des Buches ist auch der Grund, warum ich es durchaus zur Lektüre empfehlen würde.
Wer allerdings was Humorvolles, also so richtig, lesen will, den muss ich in diesem Jahr immer noch an Heinz Strunk verweisen. Kein Vergleich, ich weiß. Aber verdammt gut.
Schöne Worte (2)
Gesellschaftshochglanzschnickschnackmagazin. Übersetzt: Park Avenue.