Wie recht er hat, …

… der Herr Niggemeier: „(…) Caroline Beil. Die Zahnarztfrau. In ihrem Wohnzimmer. In meinem Wohnzimmer. Dieses freaky fucking face. Unglaublich, aber wahr.“

Vierzehn lange Stunden

Er war immer noch verzweifelt. Auch wenn es schon einige Monate her war. Das Unglück, welches sie entzweite. Er litt. Immer noch. Das Schlimme: Er rief immer wieder an. Wollte sein schlechtes Gewissen erleichtern, in dem er ihn bat, ihm zu verzeihen. Aber das konnte er nicht. Nicht ihm, der ihm die Liebe seines Lebens nahm. Nur weil er sie nicht gesehen hatte. Auf der Vespa. Im Sommer. Als sie vom See kamen und Pläne geschmiedet hatten. Sie war sofort tot, er – nach einem langen Krankenhausaufenthalt – wieder hergestellt. Aber arbeiten wollte er nicht mehr in seinem Tonstudio. Weil sie sich dort kennenlernten, es ihm wie Verrat vorkam, wenn er an diese Stätte zurückkehrt.

Und dann stand er plötzlich vor seiner Tür. Mit ihr, seiner Therapeutin. Er wollte weglaufen, flüchten. Und konnte es nicht. Weil sie ihm dem Weg versperrten. Mit Worten beschossen, er nicht mehr konnte. Er wolle alles tun, alles, damit er verzeihen könnte. Ihm. Der alles nicht gewollt hatte. Und in seiner Verzweiflung schreit ein musikbegeisterter Tontechniker: „Hören Sie täglich 14 Stunden Modern Talking!“ Sie verschwanden um die Ecke, stolpterten hastig die Treppe hinunter. Das saß. nachlesen in Thommie Bayer – Das Aquarium

Unterschätzt

Wir lesen sie. Die eine mehr, die andere weniger. Angefangen hat alles mit der Bravo. Jeden Donnerstag kaufte ich sie mir, um darin Klatsch zu lesen, ein tolles Poster für die Wand abzustauben, das Kreuzworträtsel zu lösen und natürlich diese aufregenden Seiten zu lesen. Liebe, Sex und Zärtlichkeit hieß die eine, in der jede Woche eine kleine Geschichte über das erste Mal drin stand. Damals, selbst absolut unerfahren, träumte ich davon, dass es bei mir auch mal so romantisch zugehen sollte. (Schon bald sollte ich merken, dass all diese Geschichten gefaked waren, wer hat schon im Sommerurlaub das erste Mal Sex, pffh.)

Und auch das Dr. Sommer Team erzählte von jugendlichen Schicksalen, familiären Tragödien und pubertierenden Problemen. Weiter ging es dann mit Bravo GIRL!. Die ersten Schminktipps – Jungs, lacht nicht! – und alles ein bisschen weiblicher…

Später die Phase der jugendlichen Orientierungslosigkeit. Eine Weile war es Young Miss, den jungen Ableger der Brigitte, die meine Mutter mit Begeisterung las, dann Allegra. Immer wieder ein Blick in die Bravo. Wenig später die Ich-les-doch-nicht-so-einen-Scheiß-Phase. Wenn Zeitschrift, dann nur was Anspruchsvolles, ab und zu den Musikexpress, bloß keine Frauenzeitschrift. Und wenn dann nur heimlich die von der Mutter.

Und dann irgendwann ging es doch wieder los. Zugfahrten taten ihr Übriges und so griff ich vor Reisen immer öfter wieder ins Regal. Mal die Allegra aus alten Zeiten, die nach dem Relaunch im vergangenen Jahr leider sehr nachgelassen hatte, mal die Marie Claire, die es heute gar nicht mehr gibt. Wunderbar die vielen kleinen Pockets, die es mittlerweile gibt – dann meist die Glamour. Kurzweilig, aber auch hier eine starke Verschlechterung, seit sie zweiwöchig erscheint. Dass Qualität vor Quantität geht,… aber lassen wir das.
Und jetzt? Irgendwie bin ich wieder auf der Suche nach einem Blatt, welches ich gerne lese. Der Job verhilft mir zum Schnupperlesen in der Maxi – die ich am Kiosk nie in Erwägung gezogen hätte. Die Elle ist ganz nett, aber eben nicht Pocket. Woman ist auch nix für mich – genauso wie all die nicht genannten. Aber welche ist nun die richtige? Gibt es eine, die genau auf mich passt? Die richtige Mischung aus Trash, Herzschmerz, Liebe, Service und Mode? Vielleicht sollte ich mal wieder Pause machen. In gar keine Zeitschriften gucken, zumindest für Frauen.

Was für eine Idee: Ich les von nun an nur noch FHM. Oder Matador. Oder wie sie alle heißen. Wer weiß, was ich dabei noch über mich erfahre.

Cicero

Das war ein Nachmittag: Ein bisschen die Stadt erkunden und dann gemütlich einen Kaffee trinken – leider ohne Kuchen – und lesen. Die neueste Cicero-Ausgabe. Gefessel war ich. Lech Walesas heutige Rolle in Polen, der offene Brief an die Bundespräsidentenkandidatin, die gefallene Generation, das Interview mit Angela Merkel, welches sie – ja, ich selbst kann es nicht verstehen – sympathisch erschienen ließ. Vielleicht ist aber auch der Artikel von Liz Mohn Schuld an dieser Sympathie. Ebenso lesenswert: Der Artikel über Anke Engelke, der offene Brief an Jobst Plog und der Kapital-Teil. Ich bin selbst verwundert darüber, wie euphorisch ich nach dem Lesen dieses Heftes bin, ist Cicero doch vor allem ein Debatten-Magazin. Greift Gedanken auf, dreht sie weiter, lässt andere Meinungshabenden zu Wort kommen. Beim ersten Heft dachte ich noch, ob dieses Konzept wirklich aufgeben kann, doch nun bin ich überzeugt. Gerade als Monatsmagazin ist Cicero großartig. Kein Heft, welches man in einem durchlesen kann und will, weil die Themen zum Nachdenken anregen. Und man das Heft lieber erst einmal beiseite legt, um sich eine eigene Meinung zu bilden. Den Blick erweitern, und dann wieder zu dem Blatt greifen und so lange lesen, bis man wieder festgehalten wird. Das macht Spaß und lässt auf mehr hoffen. Und auch darauf, dass die Jungs ihre auferlegte Auflage schaffen. Das wünsche ich ihnen von ganzem Herzen. Weil ich dann auch was davon habe, weshalb auch sonst. Oder glaubt ihr wirklich, dass ich so uneigennützig denke???

BUCH: Kafka am Strand

Viel Zug fahren bedeutet Zeit haben. Zeit, um zu lesen. Und weil ich schon die ganze Zeit mit dem neuen Murakami liebäugelte, habe ich am Donnerstag zugeschlagen. Buch in Hamburg gekauft, Zug nach zurück nach Düsseldorf, Zug nach Berlin und Zug zurück nach Düsseldorf. Fertig. Und ich bereue nichts.

Es ist nicht wirklich einfach, die Handlung dieses Buches zu beschreiben. Ich versuche es einmal so: Ein 15-jähriger Junge beschließt an seinem Geburtstag von zuhause abzuhauen. Weg von dem berühmten Vater, der sich nur wenig für seinen Sohn interessierte, weg aus der gewohnten Umgebung, in der er sich nie integriert hatte. Er macht sich auf die Suche nach Liebe und sich selbst. Erlebt das erste Mal seine Sexualität erliegt dem durch seinen Vater gegebenen Fluch, zunächst mit seiner Mutter und dann seiner Schwester zu schlafen.

Parallel zu den Erlebnissen des Jungen wird die eines geistig behinderten 60-jährigen Mannes erzählt, der mit der Fähigkeit gesegnet ist, mit Katzen sprechen zu können und deshalb der Nachbarschaft seine Dienste als Katzenfänger anbietet.

Umso schwieriger ist es, die weitere Handlung zu beschreiben, ohne zu viel zu verraten. In alter Murakami-Manier werden alltäglichste Handlungen ganz genau beschrieben. Das Spaghetti-Kochen, das Packen der Klamotten, der Sex. Wenn Murakami plötzlich Makrelen regnen lässt, erinnert man sich zunächst an Magnolia, wo es Frösche regnet. Und genau wie in dem Film von P.T. Anderson fühlt sich das Skurile so real an, dass man meint, dass es in den nächsten fünf Minuten auch auf dem Weg nach Düsseldorf Fische regnen könnte.

Nachdem ich nun schon fast alle Bücher von Murakami gelesen habe, erkenne ich bestimmte Elemente immer wieder. Ob Traum oder Wirklichkeit – die Handlung verschwimmt. Was zählt sind die Worte, mit denen er die Dinge beschreibt.

Mein Lieblingsbuch ist immer noch „Gefährliche Geliebte“, was ich nur unter dem englischen Titel „South of the Border, West of the Sun“ gelesen habe: Daran wird „Kafka am Strand“ nichts ändern. Trotzdem war es wieder einmal wunderschön.

bei Marie gefunden. Und auch beantwortet.

1. Grab the book nearest to you, turn to page 18, find line 4. Write down what it says.
„…des 20. Jhds. ließ sich Paramahansa Yogananda, Autor der „Autobiografie …“
Nein, ich bin keine Eso-Tussi, aber umgezogen und dann darf hier auch mal mein komisches kleines Yogabuch rumliegen. So.
2. Stretch your left arm as far as you can. What do you touch first?
Nichts. Ans Bett komm ich nicht ran und an den Tisch auch nicht.
3. What is the last thing you watched on TV?
Nachrichten.
4. Without looking, guess what time it is.
Irgendwas gegen 10.
5. Now look at the clock. What is the actual time?
22.12 Uhr
6. With the exception of the computer, what can you hear?
Weit entferntes Motorgetucker.
7. When last did you step outside? What were you doing?
Vor ungefähr zwei Stunden. Gegend erkunden. Bis an den Rhein hab ich’s geschafft. War schön.
8. Before you came to this website, what did you look at?
Ich war bei bov
9. What are you wearing?
Socken, Jeans, T-Shirt. Und drunter das übliche…
10. Did you dream last night?
Weiß nicht mehr.
11. When last did you laugh?
Es muss irgendwann vorhin gewesen sein. Kann an der Gesellschaft liegen, die ich gerade habe,…
12. What is on the walls of the room you are in?
Nichts. Alles weiß. Bilder hängen noch nicht. Grund: Ich hab doch keine Bohrmaschine…
13. Seen anything weird lately?
Otto-Mess-Schild. Festgestellt, dass diese Shops sowas wie die Reichelts in Berlin sind. Gewundert, dass solche Kleinunternehmer anscheinend Otto mit Vornamen heißen müssen.
14. What do you think of this quiz.
Nette Abwechslung.
15. What is the last film you saw?
Elephant. Und ich hab immer noch nichts drüber geschrieben…
16. If you became a multi-millionaire overnight, what would you buy first?
Schuhe. Schuhe und nochmals: Schuhe.
17. Tell me something about you that I don’t know.
Ich hatte heute meinen ersten Arbeitstag im neuen Job.
18. If you could change one thing about the world, regardless of guilt or politics, what would you do?
Ich mag solche Fragen nicht.
19. Do you like to dance?
Jep.
20. George Bush: is he a power crazy nutcase or some one who is finally doing something that has needed to be done for years?
Keine Ahnung. Mich wundert immer wieder, wie jemand es schafft, innerhalb so kurzer Zeit ein so schlechtes Image zu haben.
21. Imagine your first child is a girl, what do you call her?
Vergessen. Ich hatte es mir aber irgendwo aufgeschrieben…
22. Imagine your first child is a boy, what do you call him?
Tom, Paul oder Patrick.
23. Would you ever consider living abroad?
Ja. Würde gern nochmal in England leben. Oder an einem warmen Ort.

Ausdrucken. Aufhängen. Erinnern.

Das Gute an Umzügen ist ja, dass man endlich mal wieder die Chance hat, sein bisheriges Leben Revue passieren zu lassen. Wann ist nochmal dieses Foto entstanden? Wer hat mir denn noch dieses scheußliche Ding geschenkt? (Die Rede ist von einer tönernden Glocke, bemalt mit ein paar Baummotiven…).
Was kann ich endlich mal wegschmeißen? Brauche ich die schon recht klein gespitzten Buntstifte noch? Sollte ich wirklich die Kontoauszüge von 1999 bis 2001 auch noch die nächsten Jahre archivieren? Und was ist mit den vielen leeren CD-Hüllen, die beim – Achtung, Kalauer! – „Verbrennen“ von CDs übrig geblieben sind?
Andererseits findet man Dinge, von denen man glaubte, dass sie längst verschollen auf einer Müllhalde am Rande der Stadt liegen. Die mittlerweile stark angestaubten Jonglierbälle finden sich wieder, der immer noch wunderbar funktionierende Walkman taucht aus den dunkelsten Ecken wieder auf und man fragt sich, ob man wirklich jemals noch einmal die alten Kassetten, die man in der Schulzeit in stundenlanger Kleinstarbeit mit viel Liebe aufgenommen hatte, hören wird.
Doch die größte Herausforderung im Leben einer jungen Frau, ja noch würde ich mich als eine solche bezeichnen, ist die Räumung des Kleiderschranks. Ein Graus. Jedes ausleihernde T-Shirt wird zu einem Sport-Shirt, so dass ich eigentlich stündlich das Shirt wechseln kann, alte Slips werden nicht etwa gleich in den Müll geworfen – nein, die sind doch noch gut für die besonderen Tage…
Nein. Ich werde stark sein. Und eine liebe Freundin wird mir helfen! Aufpassen, dass ich ja nicht zu viel behalte, sondern alles schön in die große Tüte wandert. Und unter Aufsicht wird diese dann entsorgt. Jawohl. Und gleich werde ich mir auch diesen Artikel ausdrucken. Wie trenne ich mich von meinem Lieblingshemd. Empfohlene Dosis für alle Betroffenen: Dreimal täglich lesen. Immer und immer wieder. Bis es endlich klappt. Mit der Trennung.

Post an Wagner

… schreibt dieser feine Freund und Beobachter.

Donnerstag Cicero kaufen. Donnerstag Cicero kaufen. Donnerstag Cicero kaufen. Donnerstag Cicero kaufen. Donnerstag Cicero kaufen. Donnerstag Cicero kaufen.

Da scheißt der Hund ins Feuerzeug!

So ein Redewendungen-Duden ist schon was Feines! Komischerweise einer der Schinken, mit dem ich mich stundenlang amüsieren könnte. Und so sorgte das Büchlein in den Abendstunden meines vorletzten Arbeitstags zu allerlei Erheiterung.