‚Kopf oder Bürger‘

„Dies ist der Aufruf zur Gründung einer solidarischen Kfz-Versicherung. Die Gefahren im Straßenverkehr sind inzwischen ein kollektives Risiko geworden, zu dessen Absicherung künftig alle Bürger ihren Beitrag leisten müssen. Wir denken an eine Bürger-Kfz-Versicherung, von der sich nur jene Zeitgenossen befreien können, die – amtlich nachgewiesen – keinen Führerschein besitzen und niemals die Fahrerlaubnis erwerben wollen. Diese Bürger-Kfz-Versicherung wird als monatlicher prozentualer Zuschlag auf das Erwerbseinkommen nebst Einnahmen aus Mieten und Kapitalerträgen erhoben. Denn alle sollen vorsorgen für die Risiken im Verkehr – nach Maßgabe ihrer Leistungsfähigkeit. Eine Beitragsbemessungsgrenze entfällt, ebenso entfallen auch alle bisher gewährten Rabatte für unfallfreies Fahren. Schließlich kann jeder eines Tages Unfallopfer werden; er ist dann auf die Solidargemeinschaft angewiesen.“
So beginnt der Kommentar in der heutigen FAS im Wirtschaftsteil auf S. 26. Sehr treffend, wie ich finde.

Der supercoole Star-Anhänger

Was hatte man eigentlich früher an seinem Schlüssel? Einfach nur einen Ring? Ich weiß, dass ich schon immer irgendein Spielzeug oder zumindest etwas Auffälliges benötigte, um ihn in meinem Kram in der Tasche oder im Zimmer zu finden. Nur dunkel kann ich mich daran erinnern, dass ich mal eine – da war ich sehr jung! – pinkfarbene Telefonschnur hatte, die mein Schlüsselbund für mich kenntlich machte. Furchtbar. Alle anderen Peinlichkeiten scheine ich verdrängt zu haben, denn ich erinnere mich nicht.

Derzeit, und das dauert nun schon so ungefähr zwei Jahre, habe ich ein rotes langes Band(?) dran, total hip und angesagt, lief doch eine Zeit lang jeder mit sowas rum. Jede Firma war sie ihren Kunden und anderen Menschen auf der Straße hinterher, total cool waren die, die ein Exemplar von Becks ihr Eigen nennen konnten. Mittlerweile fühle ich mich wie ein Auslaufmodell, die meisten haben diese überaus praktischen Anhängsel wieder verdrängt, letztens musste ich mir gar von einem Düsseldorfer(!) sagen lassen, dass die total out seien. Ts. Dabei fische ich seitdem immer unter einer Minute meinen Schlüssel aus der Tasche!

Allerdings habe ich heute was Neues entdeckt. Grund: In der aktuellen Bravo, ja ich bekomme sie jetzt jeden Mittwoch und werde immer über die neuesten Trends berichten, gibt’s den total chicen KEY-HOLDER mit 56 starken Motiven zum Wechseln! Mit dem werde ich in meiner Clique für Aufsehen sorgen, steht da und ich bin schon mal gespannt, wer alles dazu gehören wird. Allerdings: Ganz schön viele, total coole Motive, aus denen ich wählen kann.

Jeanette? Britney? X-Tina? Justin? Eminem? Oder Robbie? Oder doch lieber eines der Dream-&Fun-Pics?

Irgendwie war ich dann aber doch neugierig und öffnete das Plastiktütchen, indem mein neuer Schlüsselanhänger verpackt war. Und dann das: Kaputt. Ich hoffe, dass ich nicht die einzige bin, die von diesem Schicksal getroffen wurde. Keine neuen Freunde werde ich nun finden, es sei denn ich kaufe mir heute Abend am Kiosk noch ein Exemplar. Dann kann ich mir das Superposter von Blue nicht nur im Badezimmer übers Klo sondern auch noch über mein Bett hängen. Damit das mit den Alpträumen auch endlich mal wieder klappt.

Nein danke, Anke?

… schreibt Herr Mohr gerade bei Spiegel Online. Er habe genug von ihr, würde sich sogar gern schützend vor sie stellen, damit sie nicht verheizt werde. Selbst Kritiken schreiben über Anke Late Night mache keinen Spaß mehr.

Irgendwie nerven sie mich langsam. All die Kritiker, die ständig nur schreien, dass Late Night nur von einem gemacht werden könne, dass Anke Engelke der nötige Zynismus fehle, dass sie einfach nicht in dieses Fach passe. Ja, auch ich bin bekennende Schmidt-Guckerin gewesen, würde auch heute noch den Spruch von seiner Nachfolgerin „Harald ist Gott…“ unterschreiben. Aber: Er ist weg. Macht Urlaub und sucht nach neuen Herausforderungen. Das ist in Ordnung und gerade deshalb sollte man anderen eine Chance geben. Es wird niemals jemanden geben, der Late Night so wie er machen kann. Nie.

Ich habe in den vergangenen Wochen immer mal wieder in ihre Sendung geschaltet und fand, dass sie von Mal zu Mal besser geworden ist. Nicht so politisch, bissig, aber lockerer und mit spontaneren Sprüchen – hat sie sich gestern nicht sogar über einen ihrer blöden Gagschreiberwitze lustig gemacht? Wirklich gut fand ich das Interview mit dem Herrn Küblböck, in dem sie ihn nicht nur direkt fragte, wie er denn seine Musik finden würde. Es war amüsant.

Gebt der guten Frau doch noch ein bisschen Zeit, die Quoten können nach dem Sportsommer auch wieder steigen und bis dahin hat Anke genügend Zeit, sich selbst zu finden. Auch wenn das Publikum ein kleineres ist. Oder vielleicht gerade.

Falls sie dann immer noch schlecht ist, könnt ihr sie ja gerne tot schreiben. Und dann ersetzen. Aber Harald wird so schnell nicht wiederkommen, glaube ich. Und was könnte die Alternative sein?

Überschätzt

Noch bei der ersten Ausgabe war ich hoffnungsvoll. Kein schlechtes Projekt, was der Herr Illies mit seiner Angetrauten da geplant und umgesetzt hatten. Einige nette Artikel, die mich begeisterten, die Autoren alle in anderen Medien ganz gern gelesen. Naja.
Und dann: Die zweite Ausgabe enthüllt ja meist die Wahrheit, weil die erste besonders herausgeputzt daherkommt, damit alle auch ein weiteres Mal zugreifen. Und dann: Ernüchterung. Langeweile. Abgehoben. Viel zu weit weg. Nochmal werde ich nicht es nicht testen. Schade, Monopol.

LESEN: Bravo

Auf meinem Schreibtisch liegt es: Das Blatt, welches mich durch meine Jugend begleitete. Für das man sich jeden Donnerstag aufs Fahrrad setzte und zum Zeitungskiosk fuhr. Heute sieht sie ganz anders aus. Irgendwie. Viel mehr C-Stars wie Superstar Alexander („Seine Freunde packen aus“), Pop-Püppchen Jeanette („Feier mit deinen Stars in Europa-Park“) und anderen gecasteten Persönchen. Die klassischen Poster (u.a. der wilde Brad) und der große Schock: Daniel hört bei Harry Potter auf. Wurde das Blatt eigentlich schon immer auf diesem billigen Papier gedruckt? Und dann diese Sprache: ‚Melvin rechnete sich keine Chancen bei seinem Traumgirl aus – doch nach zwei Monaten schickte er ihr eine Love-SMS‘. Ich habe noch nie von meinem Traumboy gesprochen, geschweige denn eine Love-SMS verschickt. Mach ich da was falsch? Und auch die Bravo entdeckt irgendwann den Sex-and-the-City-Wahn, auch wenn er mittlerweile keiner mehr ist: Mit den besten Sprüchen und den coolsten Promi-Zitaten. Zum Glück sind die Probleme der ‚Kids‘ wenigstens gleich geblieben: Von ‚Wir hatten kein Kondom dabei‘ über ‚Ich möchte nicht mehr rot werden‘ bis hin zu ‚Hilfe, meine Vorhaut ist zu eng‘. Und so schafft es das gute Blatt, dass man sich dann doch nicht allzu alt fühlt. Trotz eigentümlicher Sprache und Geschmack.

Und dann noch diese Passage:

Ich erschrecke leicht, wenn jemand, den ich nicht kenne, mich plötzlich anredet und sich als Leser entpuppt. Was macht man? Oft schätzen sie, was ich heute nicht mehr schreiben möchte, und man kommt sich fast wie ein Verräter vor; dann tue ich meistens, als habe ich Eile.
Max Frisch: Montauk

Max Frisch: Montauk

(…) I got married as a virgin, sagt sie, that shouldn’t be allowed.

Und dann: (…) Gegenwart bis Dienstag.

(…)We can’t make love, sagt sie, not tonight. Ein sachlicher Grund. (…)

Der Kress schreibt, dass es nach der Marie Claire nun auch die Allegra erwischt hat. Sollte man als Mittezwanzigerin etwa jetzt schon zur Brigitte wechseln? Zumindest hätte man dann ein Thema mehr, wenn man mal wieder mit seiner Mutter telefoniert. ‚Du, Mama, hast du schon das Spargelrezept aus der neuen Brigitte ausprobiert?‘ höre ich mich bereits in den Hörer hauchen …

Der Herr Wagner…

richtet sich heute an den lieben Wind.

„Höchste Zeit, dich zu fragen, was für ein flüchtiger Geist du bist. Mal wehst du, mal nicht. Wo bist du, wenn du nicht wehst? Und wenn du wehst, warum bist du so grausam? Du entwurzelst Bäume, machst die Menschen obdachlos, nimmst ihre Häuser mit in die Luft. Du bist das seltsamste Element, das ich kenne. Da ich nachts schwitze, mag ich dich. Zart wehst du durch den Kastanienbaum, unter dem ich mit meinen Freunden einen Weißwein trinke – danke, kühler Wind. Auf der anderen Seite der Welt aber hast du gerade ein Inselvolk ermordet. (…) Du bist der letzte Partner, dem ich vertraute. Du bist weder horizontal noch vertikal kalkulierbar. (…)“

Und morgen schreibt er an den Regen?

Post von Wagner

‚Mein Koks-Bengelchen, wissen Sie, was Sie sind? Sie sind weder Mississippi-Mond noch ein Neo-Goethe. Sie sind krank. Sie sind Fotografie-Fleisch. Sie haben ein WDR-Kamera-Team an Ihr Entzugsbett gelassen, das Ihre Lebenskrise filmt. Sie verkaufen Ihre Krankheit, weil Sie Ihr neues Buch verkaufen wollen.
Den Titel Ihres neues Buches und den Verlag nenne ich nicht, weil Autoren, die mittels Kokain wundersame Worte schreiben, für mich gedopt sind. Es gibt die Olympiade der Worte – ein Kokser ist disqualifiziert. Sie, Benjamin von Stuckrad-Barre, sind draußen.‘ (BILD)