FILM: Der Tintenfisch und der Wal
New York in den Achtzigern. Die Berkmans sind wohl das, was man eine Intellektuellen-Familie nennt. Er, mittlerweile erfolgloser Schriftsteller, sie mittlerweile erfolgreiche Buchautorin und die beiden Kinder, Walt und Frank. Der eine, der ebenfalls gerne als Intellektueller gelten möchte und mit dem von seinem Vater erlernten Halbwissen über Literatur prahlt, um Mädchen zu beeindrucken, der andere, der die Liebe zum Tennissport entdeckt hat und in den Augen seines Vaters ein Banause ist. In diese kindliche bzw. jugendliche Orientierungslosigkeit platzt die Scheidung der Eltern. Es beginnt ein Hin und Her an immer tiefer gehenden Verletzungen, Affären und der Kampf um die Kinder.
So richtig überzeugt hat mich der Film dann aber doch nicht. Klar, Laura Linney ist ne super Schauspielerin und auch den Kindern nimmt man ab, was da in ihrer Familie gerade passiert. Doch blieb ich am Ende ein wenig hilflos in meinem Kinosessel zurück. Haben die einzelnen Figuren jetzt etwas aus der Situation gelernt? Sind sie sich vielleicht sogar wieder ein bisschen näher gekommen? Oder soll das alles gar nicht sein und wollte der Regisseur einfach nur ein Porträt dieser Familie zeichnen? Ja, es ist die Frage, was dieser Film wollte, über die ich wohl noch ein wenig nachdenken werde.
Dieses Kerner-Ding
Alles natürlich schon längst bekannt, aber ein bisschen drüber gefreut habe ich mich ja doch. Großes Tamtam um den Börsengang von Air Berlin. Erst muss dieser verschoben und die Preisspanne gesenkt werden und dann gehen die an die Börse und der Kurs sackt über 5, 8 11 Prozent ins Minus. Natürlich auch nicht gerade förderlich, dass die Lufthansa am gleichen Tag bekannt gab, aufgrund des gestiegenen Ölpreises einen deutlich höheren Verlust gemacht zu haben. Vieles sprach also dagegen. Der Markt funktioniert. Noch.
Doch neben dem ganzen Börsengedöns finde ich es ganz hervorragend, dass der Herr Kerner Ärger mit seinem Arbeitgeber bekommt, sich nun mit Äußerungen lieber zurückhält (ich hatte beruflich um ein Interview gebeten, dieses wurde allerdings abgelehnt). Schön auch, dass Herr Beckmann gleich mit hineingezogen wird (jaja, geht um Rentenversicherungen, ich weiß). Und schön, dass die Öffentlich-Rechtlichen nach dem Schleichwerbungsskandal im vergangenen Jahr gleich wieder in die Schlagzeilen geraten sind. Da hilft auch kein kritischer Beitrag bei ZAPP.
Seitdem ich wieder öfter ins Fitnessstudio gehe und die Kurse dem stupiden Gerätetraining vorziehe, wünsche ich mir sehr oft ein Studio, in dem man zu wirklich guter Musik Verrenkungen macht.
(Ach ja, und vielleicht auch noch irgendein Mittel, was mir hilft, Arme und Beine etwas besser koordinieren zu können. Gibt’s da was?)
Ich bin jetzt auch in den „deutschen blogcharts“.
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Ein neuer Kante-Song.
Die immer wieder auftauchenden Geschichten und Interviews über Jörg Immendorff gleichen immer mehr einer Ansammlung von Wasserstandsmeldungen über dessen Gesundheitszustand. „Hauptsache, wir hatten ihn nochmal im Blatt“, scheinen sich die Redaktionsoberen zu denken. Und deshalb lese ich gerade angewidert folgende Sätze in der WIRTSCHAFTSWOCHE: „Der 60-Jährige muss das Gespräch mehrmals unterbrechen, um sich von einem Assistenten Tee reichen zu lassen. Er trinkt mit dem Strohhalm. Seine Stimme ist nach wie vor kraftvoll.“
Moritz von Uslar: Waldstein oder Der Tod des Walter Gieseking am 6. Juni 2005
Mannmannmann, anders kann ich einen Blogeintrag über dieses Buch wohl nicht beginnen. Dass ich dieses Buch doch noch zu Ende gelesen habe, in der vergangenen Woche hatte ich schon nicht mehr daran geglaubt. Seit Wochen lag es auf dem Tisch herum. Manchmal lagen ein paar Zeitschriften darauf, manchmal sah ich die Farbe wieder hervorblitzen. Ich glaube, das Buch und mich verband eine Hassliebe. Gut geschrieben, keine Frage, wunderbare SMS-Prosa, schön kurze Sätze, ein paar Knaller dabei, aber dann dieses Thema. Gieseking ist Journalist, jaja, ich glaube, die Parallelen zwischen Autor und Roman-Ich sind wohl gewollt, und eigentlich mit Ellen zusammen. Schon lange und eigentlich sollten sie wohl mal zu Potte kommen. Doch Gieseking kneift, reist aus Waldstein ab und benötigt sieben lange Monate, um sich einzugestehen, dass er wohl doch in das langweilige Zweierleben abtauchen sollte. Weil er es eigentlich ja auch ganz gut findet.
Vorher maltretriert von Uslar den Leser aber mit dem ganzen Gehadere. Ein paar bissige Kommentare über Berlin, Klamotten, Musikgeschmack und Latte-Macchiato-Läden kann er sich nicht verkneifen. Doch gerade diese Passagen langweilten mich so sehr, dass ich mich wirklich fragte, warum der von Uslar denn das bitte nötig hat: In seinem Buch Klischees zu dreschen. Aber vielleicht war das ja gerade nicht der Autor, der uns seine Meinung aufdrücken wollte, sondern Giesekings Gelangweiltheit.
Aber ich schweife ab. Das Buch „Waldstein oder Der Tod des Walter Gieseking am 6. Juni 2005“ ist gut. Trotzdem. Weil von Uslar auf eindringliche Art und Weise von einem Leben erzählt, dass wohl viele Kerle in diesem Land führen. (Ich könnte jetzt noch ein bisschen darüber lamentieren, dass diese Haltung, diese Bindungsangst, dieses Verlangen nach dem Das-kann-doch-jetzt-nicht-alles-gewesen-sein-Gefühl auch ein Grund dafür ist, dass es in Deutschland so wenig glückliche Familien mit Kindern gibt, mach ich aber nicht.) Das hat er so gut geschrieben, dass ich immer wieder angewidert das Buch beiseite packen musste, weil dieser Gieseking mich so genervt hat. Auch selten, dass ein Buch das geschafft hat.