Zeitschriften im Test: Stern


Sagen wir es mal so: Ich habe den Stern für mich entdeckt. Angefangen hat es vor ein paar Monaten. Recht zögerlich blätterte ich immer wieder darin herum und als mich der Job dann im Sommer nach Magdeburg verschlug, fand ich Gefallen. Kaufte ihn mir immer häufiger. Und deshalb nehme ich die aktuelle Ausgabe mal zum Anlass, ihn über den grünen Klee zu loben. Die hat mir gestern abend nämlich viel Freude bereitet.

Die Gründe:
1. Man kann sagen, was man will, aber die Titeloptik ist immer ein Blickfang. Ein guter.
2. Kaum ein Magazin hat so viele gut geschriebene und gut recherchierte Geschichten.
3. In keiner anderen Publikation habe ich ein so gutes Bild von Susanne Osthoff erhalten wie in dieser Ausgabe des Stern. Ein wahnsinnig packendes Porträt von einem Journalisten, der sie mehrfach getroffen hat und eigentlich eine ganz andere Geschichte erzählen wollte.
4. Die Leserbriefe.
5. Dieser Artikel von Jürgen Steinhoff im Geld Journal Trends 2006. Über den Dachs Dax. Sowas kann nur der Stern.
6. Die Titelgeschichte. Überhaupt: Die meisten Titelgeschichten. Hier über Hypochondrie. Die Krankheit unter die Lupe genommen mit tollen Beispielen von Betroffenen (auch wenn mich das Thema überhaupt nicht interessiert, lese ich diese Beispiele meistens, liegt wohl an meiner Neugier und dem Klatschfaktor). Ach ja, und das A bis Z von Peter Pursche.
7. Gern gelesen habe ich u.a. auch das Douglas-Porträt, die Begegnung mit Haruki Murakami).
8. Die Rubrik „Was macht eigentlich…?“. Immer wenn ich das lese, denke ich sowas wie „Stimmt, an den hatte ich schon gar nicht mehr gedacht“ oder „Erst letztens hatte ich mich doch gefragt, was der jetzt eigentlich macht“. Besser geht’s nicht.

Also: Stern lesen.

PS: Bitte bitte aber jetzt keine Diskussion über den Jörges, ja?

Im Stern lese ich gerne die Leserbriefe, weil sie meist sehr unterhaltsam sind. So wie dieser hier, den ein Herr zu einem Artikel, der im Heft 48 erschienen ist. Es ging darum, dass wir Deutschen Frau Merkel einfach nicht mögen. Und so ging der Brief:
„Fazit der Merkel-und-ihr-Volk-Analyse: Wir wollen unsern alten Kaiser Wilhelm wiederhaben.“

Danke.

Am 28. April erscheint das neue Album von Blumfeld. „Verbotene Früchte“. Und ick freu mir schon.
(via)

Tagebuch einer Volontärin (17)

Going to Göppingen über Stuttgart ist nicht wirklich eine Weltreise. Knapp zwei Stunden und man ist da. Ich bin ja im Süden Deutschlands bisher wenig bewandert und war so auch überrascht, dass der Bahnhof in Stuttgart noch viel kleiner als der in Mannheim ist. Klar, kann dran liegen, dass der in Mannheim neuer ist, aber irgendwie hätte ich von Stuttgart einfach mehr erwartet. Klingt allein schon viel größer und wenn ich darüber nachdenke, fallen mir auch mehr große Unternehmen ein, die in Stuttgart angesiedelt sind als in Mannheim. Aber das ist kein Kriterium, sondern soll lediglich mein persönliches Empfinden ausdrücken – mehr nicht.
Und ansonsten? Kalt war’s. Und viel gesehen hab ich dann doch nicht von der Stadt, weil es in die nahegelegende Provinz ging. Was ich da suchte, wird man irgendwann lesen können. Nicht hier. Sondern an anderer Stelle.

War eigentlich schon mal jemand in der Weltmetropole Göppingen?

Bedrohliches

Eigentlich sind Weihnachtsmärkte doch ein Graus. Man isst ungesundes Essen: Frittiertes oder Gegrilltes. Oder viel Zucker. Man trinkt eine eklige Plörre, die nur heiß genießbar ist. Durch das viele Rumstehen werden die Füße entsetzlich kalt, vom Rest des Körpers ganz zu schweigen. Da der Alkohol zusätzlich das Immunsystem schwächt, liegt man im schlimmsten Fall danach eine Woche lang krank im Bett, um sich dann im Weihnachtsendgeschäft mit unzähligen anderen Menschen – triefende Nasen inbegriffen – durch die Geschäfte zu quälen.

Über die (Nicht-)Arbeit

Arbeitslos sein. Ich kenne viele, die das ertragen müssen. Einer von ihnen hat den Kampf gewonnen, Ende vergangener Woche. Die anderen suchen noch. Sie sind alle gut, keine Frage. Trotzdem sind sie einer der knapp fünf Millionen Menschen, die keinen Job haben. Sie fühlen sich unwohl, zweifeln an sich, obwohl vielleicht gar kein Grund besteht und die seltsamen Personalverantwortlichen einfach nur ihre Haarfarbe nicht mochten, oder ihren Namen oder einfach einer ihrer Kumpel den Job kriegen sollte. So funktioniert das oft, das hört man immer wieder und die anderen, vielleicht viel besser Qualifizierten bleiben zurück. No job ist immer noch ein bisschen wie aus der Gesellschaft herausgefallen zu sein. Leider. Wir alle müssen einen haben, nicht nur, um die Existenz zu sichern sondern auch, weil es das Selbstvertrauen hebt. Weil man in der Lage ist, für sich selbst zu sorgen, etwas zu erreichen. Und sei es auch nur die Tatsache, am Ende eines Tages, die Kollegin zum Lachen oder dem Chef ein „Guten Morgen“ entlockt zu haben.
Heute gehen sie wieder in die Gespräche, das Hemd ist gebügelt, der Rock wird kurz vorher noch einmal zurechtgezogen, die Haare müssen sitzen. Sie kramen das freundlichste Lächeln hervor, antworten begierig und warten auf die alles entscheidenden Worte. That’s how it works. Immer und immer wieder. Zermürbende Routinen.
Also, Kinder, Daumen drücken.

Heidelberg

Diese wahnsinnig überschätzte Stadt. Klar, steht in jedem deutschen Reiseführer, deshalb kommen die ganzen Japaner und Amerikaner ja alle hierher und das ist sicherlich ein Grund, warum ich diese Stadt so hasse. Ja, ich hasse sie. Am liebsten würde ich nie wieder hierher fahren. Das geht leider nicht. Aber der Reihe nach.
Nehmen wir einen ganz normalen Sonntag im Dezember. Es regnet, eigentlich ein ideales Wetter, um sich in ein kleines Café in der Innenstadt zu setzen. Wer allerdings glaubt, dass man an einem Sonntag einigermaßen entspannt durch die Heidelberger Innenstadt laufen kann, irrt. Gewaltig. Um zu einem solchen kleinen Café zu gelangen, muss man sich nämlich an unzähligen Menschen vorbeischieben. Diese sind mit Kinderwagen bewaffnet. Oder mit kleinen unförmigen Hunden. Oder Regenschirmen. Oder am besten mit allem auf einmal. Dass was diese Leute machen, nennt man wohl spazieren gehen. Doch eigentlich ist es hre Aufgabe, so im Weg rumzustehen, dass andere kaum an ihnen vorbei kommen. Hinzu kommt, dass diese Menschen allesamt aus dem Umland kommen. Das führt dazu, dass sie eine Sprache sprechen, die wohl vom Deutschen abstammt, allerdings so bescheuert klingt, dass man all diese Menschen für unzurechnungsfähig, provinziell oder einfach dumm hält.
Diese Menschen schieben sich also durch die Innenstadt, vorbei an den Geschäften, die es in jeder deutschen Stadt gibt. Und da es neben dieser Innenstadt kaum andere Attraktionen gibt, gestaltet sich die Suche nach einem Café als sehr sehr schwierig. Während das eine von Studenten mit Notebooks besiedelt ist (Kostenloses W-Lan), ist der Eingang des anderen durch Kinderwagen verstellt, so dass nicht einmal ein Eintreten möglich ist. So landet man dann doch wieder im Café Journal. Und auch dieses Café ist so typisch für diese Stadt. Die Bedienung ist grundsätzlich unfreundlich. Bis man seine Bestellung aufgeben kann, vergehen Stunden. Bestellt man dann einen Kaffee mit und einen ohne Vanille-Aroma und fragt bei Lieferung, welcher nun mit dem Zusatz und welcher ohne ist, erhält man immer eine Antwort. Nur nie die richtige. Das führt dazu, dass eines der Getränke nicht mehr genießbar ist, weil man – auf das Gute im Menschen vertrauend – eine ordentliche Ladung Zucker in den Kaffee gießt. In den falschen, nämlich den mit Aroma.
Aber nicht nur die Bedienung in diesem Laden ist ein Graus. Denn obwohl dieses Café „Journal“ heißt, sieht man es sehr ungern, wenn Menschen dorthin kommen, um die Zeitung zu lesen. Das führt dazu, dass bei einbrechender Dunkelheit, also so gegen vier, das erste Mal das Licht per Dimmer heruntergedreht wird. In 15-minütigen Abständen wird es immer dunkler, so daß man ab 17 Uhr jede Lesetätigkeit einstellen muss. „Gemütlich“ nennt die Bedienung das auf Nachfrage. Ich nenne es schlicht „eine Frechheit“.
Genervt verlässt man daraufhin das Lokal, um sich dann wieder durch die Innenstadt zu schieben. Mittlerweile haben auch die alten Damen und Herren ihren Kaffee ausgetrunken und „spazieren“ durch die Straße. Der Regenschirm darf nicht fehlen. Kommt man dann irgendwann doch noch am Auto an, ist die Stimmung im Keller, der Hass auf die Menschheit groß – sprich der Sonntag ist gelaufen.
Doch Heidelberg ist nicht nur an einem Sonntag ungenießbar. Die Stadt hat zwar einen Fluss, aber auch dieser eignet sich nicht, ihn zu mögen. Wer an seinem Ufer entlang laufen will, muss sich ebenfalls an Menschenmassen vorbeidrücken. Wer im Sommer auf der nahegelegenden Neckarwiese ein wenig verweilen möchte, kann dies lediglich mit unzähligen Studenten, Bierflaschen oder Grillgesellschaften tun. Sowieso der Sommer. In dieser Jahreszeit kann man Heidelberg ebenfalls vergessen: Wegen der Berge steht die Luft, es ist drückend heiß.
Ich könnte noch mehr Gründe gegen Heidelberg benennen. Zum Beispiel den völlig beschissenen öffentlichen Nahverkehr. Die irrationale Straßenführung. Die überhöhten Mieten. Die teuren indischen Restaurants. Aber es hilft nichts. Solange der Mann meines Herzens in dieser Stadt lebt, werde ich immer wieder zurückkommen müssen. Einziger Ausweg ist, ihn hier wegzulocken. Doch wie stelle ich das bloß an?

(Dieser Text erscheint parallel auch im Motzblog.)

Jörg Böckem: Lass mich die Nacht überleben

Ich weiß gar nicht, wie lange dieses Buch auf meiner Wunschliste stand, eine Ewigkeit muss es gewesen sein. Vor zwei Wochen entdeckte ich es dann als Taschenbuch im Buchladen und griff zu. Ein sehr einfühlsamer Bericht über die Drogensucht des Journalisten, die ihn 20 Jahre lang begleitete. Sehr fesselnd, sehr traurig, sehr verzweifelt.

Hach, Harald.
(Wenn ihr wüsstet, wie doppeldeutig eine wie ich diesen Satz interpretieren kann.)