Benjamin Lebert – Flug der Pelikane

Es gibt so bestimmte Autoren, die verfolgt man über die Jahre. Weil sie ein verdammt gutes Buch abgeliefert haben. Weil sie ein überraschendes Buch abgeliefert haben. Und manchmal auch weil sie ein ordentliches Buch abgeliefert haben trotz ihres jungen Alters. Benjamin Lebert passt bei mir zumindest in die letzte Kategorie. Die meisten haben wohl seinen Erstling „Crazy“ gelesen oder zumindest den Film geschaut. Wie ich gerade in meinem Blog nachlese, war ich 2006 von seinem letzten Buch „Kannst du“ ganz und gar nicht begeistert, na, offenbar hatte ich das beim Kauf dieses „Werks“ schon wieder vergessen (Öfter im eigenen Blog lesen kann sich lohnen).

Nun also „Flug der Pelikane“. Die Geschichte von Anton, der sein Studium abbricht, aufgrund seiner psychischen Erkrankung einige Monate in einer Klinik verbringt und dort ein Mädchen kennenlernt. Nach Klinikaufenthalt und Trennung von besagter Dame (sie trennt sich) reist er nach New York, um den Sommer bei einer verflossenen Liebe seiner Mutter zu verbringen. Sie heißt Jimmy, besitzt einen Grill und dort arbeitet Anton also den Sommer lang. Jimmy ist fasziniert von dem Gefängnis Alcatraz. Besonders angetan hat ihm die Geschichte des Ausbruchs dreier Männer in den 60er Jahren. Auch Anton begeistert sich schnell für Jimmys Leidenschaft.

Es ist also sein viertes Buch, ein Buch, das wiederum vom Erwachenwerden handelt, ein verlorener junger Mann, der nicht so recht weiß, wo er hingehört und am Leben scheitert. Spannend ist, wie Lebert die Erzählstränge verbindet. Realität in New York, die Erläuterungen zum Leben auf Alcatraz, die Geschichte des Ausbruchs und am Ende erfahren wir dann auch noch, wie es eigentlich zu der Beziehung mit Eleonor kam.

Trotzdem ist das alles ein bisschen verworren und nicht klar ausgearbeitet. Die Verlorenheit von Anton bleibt dennoch vage, die Personen verbleiben hinter dem Schleier des Ungewissen. Schade. Vielleicht sollte ich aufhören, mich für Leberts Werk zu interessieren.

Oh, eine Leseprobe.

Franzis Früchtchen (10)

Sonne

Und plötzlich sind all die Bäuche weg. Mit dieser, also meiner Schwangerschaft verhielt es sich nämlich so. Am Anfang, also als man noch nichts sah und sich so langsam damit auseinandersetzen musste, dass nun irgendwie alles anders werden könnte, da sah ich sie plötzlich ständig. Frauen mit Bäuchen, unterschiedlich großen Bäuchen. Mal so leicht gewölbt, dass ich nicht sicher war, ob da nun ein Baby heranwächst oder es sich doch nur um einen gut gepflegten Pizza-Bauch handelt. Mal so kugelrund, dass jeder Zweifel unangebracht war. Plötzlich, so könnte man meinen, war die ganze Welt schwanger.

Das ging dann auch noch ein bisschen so weiter. Still und heimlich verglich ich die Größen des Bauches mit dem meinigen und konnte mir doch kein richtiges Bild davon machen, wie viele Wochen besagte Damen mir Voraus waren. Doch zu den unzähligen Schwangeren gesellten sich zunehmend auch andere. Frauen, die Kinderwagen vor sich her schoben. Und ich Woche für Woche besser darin wurde, auf die Entfernung zu erkennen, um welche Kinderwagenmarke es sich denn handelte. (Jetzt wo die Wetten so langweilig geworden sind, könnte es sich lohnen, mit diesem Fachwissen bei „Wetten dass..?“ vorstellig zu werden.) Mamas und Papas, die mit kleinen Kindern an der Hand am Rhein entlang spazierten und mit ihnen Schiffe guckten. Oder die ihre Babys trösteten, wenn diese in lauten Cafés lautstark herumjammerten.

Und jetzt also das: Die Bäuche sind weg. Spaziere ich durch Düsseldorf, treffe ich niemanden mehr mit dickem Bauch. Keine Frau scheint derzeit mit mir schwanger zu sein. Cafés, Restaurants, das Schwimmbad, selbst die Promenade am Rhein erscheinen für meine Leidensgenossinnen eine Tabuzone zu sein. Stattdessen nur noch: Mütter mit Kindern, vereinzelte Väter, die einen Kinderwagen vor sich her schieben oder Großmütter, die offenbar die frisch gebackenen Eltern ein bisschen entlasten und mit den Enkeln eine Runde um den Block drehen.

Das Verrückte ist: Ich weiß ja, dass es sie gibt. Denn in Babyläden, beim Arzt oder bei der Akupunktur, da gibt es sie ja, die Schwangeren mit viel Zeit weil in Mutterschutz. Und so gerne würde ich wissen, womit sie sich die Zeit des Wartens vertreiben. Draußen rumlaufen tun sie offenbar alle eher nicht.

Heavy Cross

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(via Facebook)

6_2011

Pause

Die erste Woche, in der ich so richtig zuhause angekommen bin. Länger geschlafen, mehr auf den Körper gehört, also auch öfter geschlafen, gekocht, spazierengegangen.

Viel gelesen, allerdings fast nur im Internet. Zum Beispiel diese Geburtsberichte von Tina Cassidy, einer Journalistin und Mutter, die ihr zweites Kind auf natürlichem Wege zur Welt bringen wollte, nachdem sie das erste per Kaiserschnitt gebar. (Rührend vor allem die Kommentare ihrer Mutter, Oma und Opa. Lohnt sich.) Sowieso mal wieder viel in Blogs gelesen und meinen Feedreader aufgefrischt.

Durch die zahlreichen Nominierungen für den Axel-Springer-Preis in der Kategorie „Online“ gewühlt und immer noch nicht alle gesichtet. Das Projekt für Woche sieben.

Vor mindestens zwölf Jahren habe ich mit dem Stricken aufgehört, glaube ich. Zuletzt habe ich mich meist der Sockenproduktion hingegeben, weil überschaubar in der Arbeit und praktisch (warm!) und so. In der vergangenen Woche habe ich damit wieder angefangen, besser gesagt: ausprobiert, ob ich das eigentlich noch kann. Und das Gute: Babysocken stricken ist ja noch überschaubarer. Nun noch ein paar andere Muster ausprobieren und drüber nachdenken, ob ich mich auch an anspruchsvollere Dinge herantrauen sollte.

Das erste Mal: Akupunktur.

Socken

Abschied

Die wohl kryptischsten Worte, eine Beziehung zu beenden, habe ich in einem Buch gelesen. Man kann sich nur wünschen, dass sie auf einer wahren Geschichte beruhen.

Weißt du eigentlich, dass Schollen, wenn sie klein sind, noch aussehen wie ganz normale Fische? Erst wenn sie größer sind, werden sie platt. Und ein Auge dreht sich nach oben.“

Benjamin Lebert, Flug der Pelikane

Blattmachen im Internet

Stefan Plöchinger, der neue Chef von sueddeutsche.de, hat einen Text über die Onlinejournalismus-Zunft für das Buch von Christian Jakubetz geschrieben. Und er weist auf eine wichtige Qualifikation von Onlinejournalisten hin, die viele insbesondere aus dem Printbereich kommende Journalisten unterschätzen.

Unabhängig davon, wie eine Onlineredaktion strukturiert ist und welche Machtstellung der Blattmacher genau hat: Jeder Journalist muss ein bisschen Blattmacher sein. Jeder muss an einer guten Seite und am gemeinsamen Produkt interessiert sein.

In anderen Medien gibt es komplexe Produktions- und Abnahmeprozesse. Bei Online ist das Veröffentlichen einer Geschichte in der Regel nur einen Mausklick entfernt. Die Hierarchien sind in der Regel flacher, die Besetzung ist enger. Darum ist Blattmachen eine Basisqualifikation.

5_2011

The Look of Schwimmbad

Schwimmen gewesen. Scheiterte zuletzt immer an der richtigen Kleidung (everything grows, you know), der Gesundheit und an der Tatsache, dass ich mir die Zeit dafür nicht genommen habe (Ja, man muss auch ehrlich sein). Habe es umgehend bereut. Denn: Nichts ist toller als beinahe schwerelos durchs Wasser zu gleiten. Ein ganz anderes Körpergefühl. Ernüchternd war dann aber der Moment des Ausdemwassersteigens. Mit jedem Schritt auf die Treppe wird der Körper schwerer und mir bewusst, was ich da eigentlich seit Wochen alles mit mir rumschleppe.

In dieser Woche ist mir so richtig bewusst geworden, dass sich jetzt doch ein bisschen was in meinem Leben ändern wird. Zum einen: Zuhause sein. Klar, ich muss mich ausruhen, die kommenden Wochen werden hart, aber zwischen all dem Ausruhen ist ja noch Zeit. Viel Zeit. Zeit, die man sonst mit so Sachen wie arbeiten verbracht hat. Womit füllt man die jetzt? Zum Glück gibt es noch einige Dinge, die ich schon immer mal erledigen musste oder wollte. Aber ich ahne, dass diese Dinge weniger werden. Zumal auch die Liste derjenigen, mit denen man sich tagsüber zum Wasauchimmer treffen könnte, überschaubar ist. Die meisten Leute, die ich kenne, arbeiten. Ich glaube, ich wäre keine gute Hausfrau.

Spiele mit dem Gedanken, nach mehr als zehn Jahren Pause, wieder mit dem Stricken anzufangen. Das mit dem Bloggen scheint ja auch noch zu funktionieren.

Quarkpfannkuchen mit Ahornsirup zum Frühstück. Kürbissuppe zum Mittag. Lasagne am Abend. Mal sehen, was ich nächste Woche wiederentdecke.

Gardinen in blau.

Vorhang to be

Frauenquote – ja oder nein?

Bisher gehörte ich zu den Frauen, die nicht viel von einer Frauenquote hielten. Und rein rational spricht auch immer noch nicht besonders viel für eine solche Quotierung. Aus vielen Gründen, die auch die beiden Autorinnen des aktuellen Spiegel-Titels ansprechen. In der Wirtschaft sollte Leistung belohnt werden und in meiner Vorstellung ging ich immer davon aus, dass es in deutschen Unternehmen doch mittlerweile völlig normal sein sollte, die Besetzung von Posten eben ohne die Frage nach dem Geschlecht zu lösen, sondern basierend auf Faktoren wie Kompetenz, Erfahrung und vielleicht auch Belastbarkeit.

Natürlich weiß ich mittlerweile, dass es diesen Idealzustand noch lange nicht gibt. Natürlich geht es bei der Besetzung um diese harten Faktoren, aber eben nicht nur. Sympathie spielt eine große Rolle, Vertrauen und natürlich eine gehörige Prise Machtbewusstsein – wer gibt schon gern freiwillig einem potenziellen Nachfolger Raum, sich zu empfehlen? Und eben dann doch am Ende auch die Frage des Geschlechts. Es kann kein Zufall sein, dass die montägliche Redaktionskonferenz beim „Spiegel“ so männlich geprägt ist wie alle Redaktionskonferenzen, die ich bisher kennengelernt habe.

Nun könnte man sagen: Ja, der Journalismus, der ist ja eh ein eher männliches Terrain, kein Wunder, in anderen Branchen sieht das ja ganz anders aus. Zahlreiche Studie widerlegen dies.

Doch ist eine gesetzliche Quote die Lösung? Wie gesagt: eigentlich nein. Ist es erstrebenswert, eine Frau zu sein, die einen Führungsposten nur aufgrund eines gesetzlich vorgeschriebenen Schlüssels bekommen hat? Ich kann mich mit einem solchen Gedanken noch immer nicht so recht anfreunden. Und Ursula von der Leyen, die im Spiegel mit den Worten „Ich wäre von Herzen gern eine Quotenfrau, wenn ich damit eine Eisbrecherin wäre“ zitiert wird, sagt das meiner Meinung nach auch nur, weil sie es eben ohne die Quote geschafft hat.

Es mag naiv klingen, aber so ganz mag ich mich nicht von meinem Weltbild verabschieden. Nämlich, dass es auch ohne gesetzliche Zwänge gehen muss. Weil Frauen Kompetenzen haben, die Unternehmen bereichern können. Weil sie eine andere Sicht auf die Dinge mit in ein Unternehmen bringen können. Und weil die meisten Unternehmen eben Produkte für alle herstellen. Und nicht nur für 50 Prozent der Gesellschaft. Da muss es doch möglich sein, Lösungen zu finden.

Ich bin davon überzeugt, dass es genügend Frauen gibt, die bereit wären, sich auf die Bedingungen, die eine Führungsaufgabe mit sich bringt, einzulassen, Verantwortung zu übernehmen und dafür eben auch Kompromisse in ihrem Privat- und Familienleben einzugehen. Und mit Kompromissen meine ich nicht, komplett auf Kinder zu verzichten und das Leben auf die Karriere auszurichten. Ich würde mal behaupten, dass viele männliche Chefs auch deshalb so erfolgreich sind, weil sie Privatleben und Kinder haben, mal ganz unabhängig davon, dass es oft eine Frau im Hintergrund gibt, die den Alltag organisiert. Nicht ganz so überzeugt bin ich davon, ob Unternehmen wirklich bereit sind, Modelle zu entwickeln, die es insbesondere Frauen ermöglichen, flexible Lösungen für die Vereinbarkeit von Führungspositionen und Familie zu finden. Weil es ja auch irgendwie ohne die Frauen geht. Das hat die Vergangenheit ja gezeigt.

In dem Spiegel-Titel wird unter anderem auch Miriam Meckel zitiert: „Junge Frauen leiden oft an kognitiver Dissonanz, sie wollen nicht wahrhaben, dass ihre Aussichten beschränkt sind, weil das ihr Selbstbild erschüttert“. Auch wenn ich mit meiner von der Hoffnung auf die Selbstregulierung geprägten Ansicht vermutlich genau in diese Falle trete.

Ich könnte den Text jetzt mit einem „Mein Gott, wenn es ohne diese verdammte Quote halt nicht geht, dann macht halt“ beenden. Trotz allem: nein. Ich will noch ein kleines bisschen hoffen. Mal sehen, wie lange noch.

Heinz Strunk – In Afrika

Ich mag ja eigentlich den Humor von Heinz Strunk: trocken mit ein paar Prisen Zynismus und Ignoranz. Und so habe ich mich wirklich gefreut, als ich vor ein paar Tagen sein neues Buch „In Afrika“ im Stern-Verlag sah. Hey, ich bin in Mutterschutz, da braucht es Unterhaltung, waren meine Gedanken. Doch so richtig unterhaltsam ist „In Afrika“ leider nicht. Eher ein sehr langer Aufsatz über Urlaub in einem fremden Land, wobei es eigentlich bis auf die letzten 30 Seite egal ist, wo dieser stattfindet. Denn Heinz Strunk ist nach eigenen Angaben – ich gehe einfach mal davon aus, dass der Autor sich für dieses Buch nicht komplett in ein anderes Ich flüchtet – ein Nicht-Erlebnisurlauber. Heißt: Solange möglichst wenig passiert, ist eigentlich alles super. Für diese Reisen hat Strunk seinen Freund C. gefunden. Sie fahren seit Jahren gemeinsam in den Urlaub und verbringen die Zeit vor allem mit Rumliegen, essen, daddeln, saufen und Spielchen, um andere Urlaubsgäste von begehrten Orten zu verdrängen („Würdest du dich für 20.000 Euro einen Vormittag in einen Ameisenhaufen einbuddeln lassen?“). Das ist einmal erzählt, ganz amüsant, aber auf mehr als 200 ein wenig ermüdend.

Da kann man nur froh sein, dass an den Weihnachtstagen in Kenia gewählt wird, denn so endet das Buch dann wenigstens noch mit einem Höhepunkt: Die beiden nehmen die Warnungen, an diesem Abend nicht nach Mombasa zu fahren, nicht ernst und werden mitten in der Nacht noch Zeuge von Schießereien und bekommen es mit der Angst zu tun. Wenigstens.

Naja, ich habe das Buch wenigstens zu Ende gelesen. Bei „Die Zunge Europas“ bin ich leider gescheitert. Und nach „Fleckenteufel“ hatte ich mir eigentlich vorgenommen, einen Bogen um weitere literarische Ergüsse des „Heinzers“ zu machen. Hab ich nicht geschafft. Und so schlimm war es nun auch wieder nicht.

Die hellblaue Hölle

Die letzten beiden Tage habe ich mich ausführlich mit den Vorbereitungen für die Ankunft des Früchtchens beschäftigt. Sprich: Nach der Inventur hatte sich eine lange Liste an Dingen ergeben, die noch besorgt werden müssen. Und nachdem ich mich am gestrigen Tag mit meiner Mutter durch die Läden Düsseldorfs geschlagen habe, entschied ich mich heute für die bequemere Variante: Onlineshopping. Das anstrengendste am Einkauf für das Früchtchen ist dieser Farbenoverkill. Allein nach diesen zwei Tagen kann ich zwei Farben nicht mehr sehen: hellblau und rosa. Die Läden sind voll davon, so als ob es keine anderen Farben gibt, mit denen man kleine Kinder einkleiden kann. Mittlerweile überlege ich bereits, ob es wirklich nur diese Klischees sind, die die Händler dazu motiviert, alles in diesen Farben anzubieten. Oder ob vielleicht noch andere, praktische (?) Gründe dafür sprechen könnten. Beispielsweise, dass man diese Sachen ohnehin so oft wäscht, dass aus einem kräftigen Blau ohnehin eine dem Hellblau ähnliche Farbe wird. Und aus einem kräftigen Pink/Rot eben dieses Zartrosa, mit dem die Läden vollgeballert werden.

Nach zwei Tagen zumindest bin ich ganz weich in der Birne. Und habe Angst, dass schon heute Nacht meine Träume zu Albträumen werden, weil rosafarbene Schafe von Wolke zu Wolke hüpfen und wenn sie auf einer hellblaufarbenen Wolke landen, elendig zerplatzen. Und dann wache ich auf und bemerke, dass es nicht das Schaf war, das da geplatzt ist. Sondern mein Bauch.