Tränen

Zuhause. Endlich diese vertraute Umgebung, die mir in den letzten Stunden so gefehlt hat. Schlimm sind die Momente, in denen ich mit mir allein bin. Dieses durch Hamburg irren. Kurz denken, dass man sich eigentlich ein Paar Schuhe kaufen sollte, dann wieder die Tränen.

Im Moment sind sie versiegt. Der Flieger tat gut. Das gibt Hoffnung. Hoffnung, dass ich den morgigen Tag überstehen kann, einfach nur funktioniere. Mehr will ich nicht. Die nächste Herausforderung kommt dann am Donnerstag. Wenn ich neben dem seelischen Schmerz auch noch körperlichen erleiden darf.

Frust

Wie Frust entsteht. Stundenlang in den Wohnungsanzeigen im Internet suchen. Nicht wissen, ob man in der einen oder der anderen Stadt suchen soll. Deshalb überall schauen. Überlegen, ob es doch besser wäre, in einer Wohngemeinschaft zu leben, bei dem Gedanken daran immer wütender werden, dass man das überhaupt in Erwägung zieht und irgendwann den Rechner ausschalten. Sauer sein, dass nun wieder zwei Stunden vergangen sind, die unproduktiv waren. Ins Bett gehen. Unruhig schlafen, weil wieder ein Tag vergeht, ohne der Lösung zu diesem verf…ten Problem irgendwie näher gekommen zu sein.

8 Stunden Sondersendung

Beim Verlassen meiner Wohnung heute morgen bekam ich es noch mit: Die ARD begann gerade ihre Sondersendung. 8 Stunden lang alles zum Bush-Besuch in Deutschland! 8 Stunden! Die Arbeitslosen, Hausfrauen, Kranken und Rentner dürfen dabei sein, wenn der amerikanische Präsident landet, wenn er mit dem Kanzler spricht, wenn die Frauen über dies und das plaudern und gut dabei aussehen. Und wenn Herr Bush und Herr Schröder einmal hinter verschlossenen Türen sprechen, sprich, es eigentlich nichts zu senden gibt, dann reden ‚Experten‘ über den Besuch. Wie sie ihn finden, was er so bringt und wie der Verkehr rund um Mainz so lahm liegt. Spitzensendung. Und morgen in diesem Programm: Der Tag danach: 24 Stunden live von den Straßen Deutschlands. Wie Gerhard Schröder sich auf den gestrigen Tag vorbereitet hat, welche Unterhose er trug, was die H&M-Verkäuferin in Lübeck jetzt von Herrn Bush hält und, weil wir Deutschen ihn ja angeblich so lieben, was Michael Moore so treibt.

Tanzschulen

Im Premium-Kanal Arte lief heute vor dem Spielfilm eine Dokumentation über die Tanzschule Beer in Bremerhaven (danach kam Monsoon Wedding, kannte ich aber schon aus dem Kino). Die A-Formation wurde begleitet, bei ihrem Training. Dass ich mit einer der Tänzerinnen einmal zur Schule ging, tut hier nichts zur Sache. Der Film erinnerte mich nur an gestern, als ich mit dem Begleiter durch Düsseldorf lief und wir eine Tanzschule passierten. Kleine Mädchen kamen gerade zur Tür hinaus und aus den Räumen drang dieser Geruch zu uns. Ich kenne diesen Duft. Diese Mischung aus Schweiß und süßlichem Teenie-Parfüm. Oilily mit seinen bunten Flaschen und Klamotten, White Musk vom Body-Shop. Sowieso der Body-Shop. Ist dieser Laden nicht Schuld an all den seltsamen Vanille-Schaum-Kreationen, die leider immer noch den Markt überfluten?

(jetzt läuft schon die nächste premium-sendung. ‚ohne meine tochter‘, ein film über den mann, den betty mahmoody verließ, bevor sie das buch ’nicht ohne meine tochter‘ schrieb. ich werde noch zur arte-seherin.)

Pfleger Mischa lässt grüßen!

Natürlich hab ich heute die Schwarzwaldklinik gesehen. War doch viel zu neugierig, was der Sender der Alten sich da ausgedacht hatten. Und? Klar, es war zu erwarten, dass das ganze eine riesengroße Scheiße war. Viel Rosamunde-Pilcher-Feeling, viel Herzschmerz, viele unsinnige Dialoge, seltsame Handlungsstränge Kann es wirklich sein, dass der alte Knacker Brinkmann, der nicht einmal mehr einige zusammenhängende Sätze aneinanderreihen kann, einen weißen Kittel tragen und bei einer Operation assistieren darf? Hallo? Realität, wo bist du? Und, kann sein, dass ich mich irre, aber wie kann denn bitte eine Operation an der Wirbelsäule stattfinden, wenn der Patient auf dem Rücken liegt?? Irgendwas kann da doch nicht stimmen. Naja. Gut, dass die Serie bereits 1989 beendet wurde. Und hoffentlich kommen die jetzt nicht jedes Jahr auf die Idee, einen Anschlussfilm zu drehen.

Berlinale aus der Entfernung

Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass Julia Jentsch den Silbernen Bären nur bekommen hat, weil sich dieser Film mal wieder mit der deutschen Geschichte auseinandersetzt. Aber abwarten, reingehen und ein endgültiges Urteil bilden.

Kettcar im Zakk

Es war nicht das erste Mal, dass ich Kettcar live gesehen habe. Es war Herbst, damals 2003. Ich war unglücklich, weil noch nicht entliebt und eine damalige Kollegin fragte mich, ob ich nicht mitkommen wolle, in den Knaack Klub. ‚Da spielt so eine Hamburger Band’ muss sie zu mir gesagt haben. Ich ging mit. Der Klub war voll, ich kannte die Jungs nicht und wunderte mich, dass es voll war und die Anwesenden wohl alle Texte konnten.

Berlin ist zwar nicht Hamburg, aber immerhin Berlin und nicht Düsseldorf, dachte ich noch, als ich auf dem Weg zum Zakk war. Sicherlich, ausverkauft, aber vielleicht ja auch nur der kleine Club, in dem schon Kante spielten. Doch bereits um halb acht waren die Räume gut gefüllt, einige kamen wohl auch wegen Bernd Begemann, der ungefähr eine Stunde später seine Lieder trällerte. Nichts gegen Bernd Begemann, er ist wirklich unterhaltsam. Unterhaltsam ja, ein Stichwort, weil sich während seines Auftritts sicherlich die Hälfte der Anwesenden angeregt unterhalten haben. Nach einer knappen Stunde verschwand er wieder.

Wenig später dann Kettcar. Zum zweiten Mal. Und ich war überrascht. Zum einen über die Konstitution des Publikums, zum anderen über ihre Sangeskraft. Jedes der Lieder der ersten Platte saß, eine nicht unerhebliche Menge gröhlte auch schon die Texte der neuen, noch nicht erschienenden Scheibe mit. Downloader. Oder Journalisten, wie Herr Wiebusch anmerkte. Oder Trittbrettfahrer. Spaß. Besser als beim ersten Mal. Was aber daran lag, dass ich besser vorbereitet war. Beinahe zum Schluss dann die Erinnerungen. An damals. Den Herbst 2003. Als ich manchmal im Taxi weinen musste.

Hören: Heute abend. Live.

Mach immer was dein Herz dir sagt,
immer was dein Herz dir sagt,
mach immer was dein Herz dir sagt,
und begrab es an der Biegung des Flusses.

Sowas gibt’s noch?

Meinen ersten Kontakt mit dem Internet hatte ich 1998. Ich verbrachte das Jahr in England und nutzte das Netz, um Mails in die Heimat zu schreiben und mich beim Spiegel über die Nachrichtenlage in Deutschland zu informieren. Roger Boyes ist zwar ein fleißiger Korrespondent, aber gereicht haben der eine Artikel pro Tag doch nicht. Meinen ersten eigenen Computer erwarb ich dann in meinem Studium, 1999, war es, glaub ich. Ein 56-K-Modem machte mir den Weg frei (puh, ich weiß, scheiß Spruch, aber ich konnte nicht anders). 2002 folgte dann mein erstes Notebook, was mir bis Ende letzten Jahres seine Dienste erwies, bis es sich leise von mir verabschiedete. Alterserscheinungen, der Brenner wollte nicht mehr, bis zum immer wieder erfolgtem Herzstillstand. Jetzt begleitet mich ein neueres Exemplar, ein Schmuckstück sondergleichen, noch ist es treu. Unschuldig glänzt es noch. Ins Internet gehe ich mittlerweile über die Kabeldose, ganz flink und zu einem fixen Preis.

Ich kann mir ein Leben ohne das tägliche Mailen, Surfen, Rumlesen nicht mehr vorstellen, will es auch gar nicht und auch aus meinem Mund kommt des Öfteren schlicht und ergreifend der Spruch ‚Schick mir ne Mail, ist einfacher, dann merke ich mir das auch‘. Mein Computer, mein Gedächtnis, da kann ich alles festhalten.

Ja, fragt sich der Leser, der bis hierhin durchgehalten hat, warum erzählt sie das jetzt alles? Mitteilungsbedürfnis? Hat sie wieder mal nichts besseres zu erzählen? Nein, ich schreibe das auf, weil ich heute auf ein wundersames Männlein gestoßen bin. 32, jung, nicht schlecht aussehend, studiert, am Rechner agierend. Der nämlich antwortete auf die Frage, mir die Unterlagen doch einfach per Mail zuzuschicken, ob er sie mir nicht einfach aufs Fax legen könnte (wenn man mal drüber nachdenkt, doch wirklich ein dummer spruch, aufs fax legen. und wer gibt dann die nummer ein? ts.) Aufs Fax? Im Kopf hämmerte der Aufschrei ‚Ja sind wir denn im Mittelalter?‘. Aber nein. Ich ließ den Satz nicht raus, sondern verkniff ihn mir. Gepaart mit einem sich schräg neigenden Blick des Mitleids. Denn als er meinte, ‚Mit der Technik hab ich’s nicht so‘ konnte ich nicht anders, als ihn mit seinen 32 Jahren einfach nur zu bedauern. (kann mir so einer wirklich ne gute rentenversicherung verkaufen?)

‚Suchst du denn gerade den Mann fürs Leben?‘ fragte sie und die Umherstehenden guckten sich mit großen Augen an. Noch Monate später dachte ich über diese Frage an sich nach. War verwirrt, weil ich damals keine Antwort darauf wusste. Dann hatte ich sie, die passende Antwort: ‚Sucht man den oder findet man ihn?‘

(doof nur, dass ich so lange darüber nachdenken musste)