Es ist auch nach so vielen Jahren im Rheinland immer noch befremdlich, in der S-Bahn nach Köln zu sitzen und diese kostümierten Massen zu sehen. Bei jeder Station, die uns dem Ziel näher bringt, füllt sich der Wagen mehr. Jede Menge Kleopatras, Tiere und Piraten sitzen um uns herum. Alle beäugen einander, um zu sehen, wie viel Mühe sich das Gegenüber bei der Wahl des Kostüms gemacht hat. Mein Favorit: ein muskelbepackter, braungebrannter Kerl, der sich als Neandertaler verkleidet hat. Man konnte glauben, dass er sich die Muskeln extra für dieses Kostüm antrainiert hatte.
In Köln dann gibt es eigentlich niemanden mehr, der nicht irgendeine Art von Kostümierung trägt. Am Zülpicher Platz dröhnt aus den Kneipen laute Musik. Vor vielen Läden haben sich Schlangen gebildet. Wer reinkommen will, muss warten, bis genügend Menschen das Lokal verlassen haben. Es werden Wartemäuschen verteilt. Der Kellner denkt auch an die Frierenden und versorgt die Schlange mit Bier. So ist Warten erträglich. Erst gegen halb acht verlassen die ersten das Lokal wieder – viele, weil sie noch zu anderen Veranstaltungen eilen.
Die Kneipe ist voll, pickepackevoll, die Musik ist gewöhnungsbedürftig, allerdings bin ich im Vergleich zum Vorjahr textsicherer, was mich erstaunt. Und irgendwie auch lockerer. Ich weiß, auf was ich mich eingelassen habe und habe diese Reise in den Karneval freiwillig angetreten. Die Leute um mich herum sind ausgelassen, fröhlich, singen lauthals mit. Man hilft sich aus, wenn sich das Kölsch-Glas leert und der Kellner fern ist.
Viele Stunden später habe ich nicht so richtig bemerkt, dass ich eigentlich schon so müde bin, dass ich sofort ins Bett fallen müsste. Doch der Weg dorthin ist weit, leere Taxis zum Hauptbahnhof sind nicht in Sicht. Also laufen wir den ganzen Weg. Glücklicherweise kommt die S-Bahn schnell, ich werde pünktlich am Düsseldorfer Hauptbahnhof wieder wach, ein Taxi fährt mich nach Hause und der Liebste macht sogar die Tür auf. Ein schöner Abend. Ich bin wohl soweit, zu sagen, dass ich die Dosis Karneval im nächsten Jahr mal erhöhen könnte. Und ja: Dass ich so etwas jemals schreiben würde, erschrickt mich selbst am meisten.