
Es gibt Zeitschriften, von denen man eigentlich nicht glauben will, dass es sie wirklich gibt. Und als ich am Osterwochenende während meines 40-minütigen Aufenthalts am Bremer Hauptbahnhof noch mal ein wenig durch den Zeitschriftenladen schlenderte, entdeckte ich wieder eines dieser Hefte. „Fliege – Die Zeitschrift“ lag da in Form eines großen Stapels an der Kasse und ich musste wirklich zögern, ein Exemplar zu erwerben. Schließlich machte mich diese Investition um ganze 2,90 Euro ärmer.
Für die wissbegierige Leserschaft zunächst einmal ein paar Fakten: „Fliege – Die Zeitschrift“ erscheint monatlich – seit dieser Ausgabe. Das vorliegende Heft kam erstmals aus dem Fliege-Verlag, den Jürgen Fliege extra für diese Zeitschrift gegründet hat. So klingt es wie eine Drohung, wenn man im Vorwort das Grußwort des Fernsehpfarrers liest, in dem er äußert, dass nur wo Fliege drauf steht, auch Fliege drin sei. Noch schlimmer wird es allerdings, wenn man feststellt, dass dem wirklich so ist.
Diese Zeitschrift lebt von Jürgen Fliege. Auf den 68 Seiten befindet sich auf sage und schreibe 26 Seiten ein Bild von besagtem Mann. Oft auch mehrfach auf einer Seite. Fliege, wie er lacht, Fliege, wie er grinst, Fliege, wie er denkt, Fliege, wie er mit Kindern spielt, Fliege, wie er mit seinen Gästen posiert und Fliege, wie er im Pfarrergewand vor irgendeiner Kirche steht. Es ist furchtbar. Und unfassbar. Denn auch nach dem Lesen der einen oder anderen Geschichte wird mir nicht klar, warum es diese Zeitschrift gibt. Die nachmittägliche Sendung läuft nach Angaben des Popkulturjunkies (der weiß sowas) beschissen, so dass eine begleitende Zeitschrift mehr als seltsam erscheint.
Aber, hey, ich will ja nicht unfundiert berichten. Das Heft besteht aus drei Teilen, die den Namen „Beraten“, „Helfen“ und „Heilen“ haben. Am Anfang und am Ende gibt es einige Specials, in denen es, ihr ahnt es schon, um irgendwelche besonderen Auftritte von, äh, Jürgen Fliege, geht. Dazu gehört beispielsweise auch die Aufmachergeschichte: Der große Pfarrertausch, bei dem Herr Fliege eine Woche lang Gemeindepfarrer im sauerländischen Olpe war. Auf sage und schreibe 5 Seiten erfahren wir, wie es dazu kam, dass Fliege dort auftauchte, was er dort erlebte und wann man das Ganze im Ersten noch mal anschauen kann. Der Artikel ist äußerst fragwürdig geschrieben, von Journalismus fehlt fast jede Spur, eher vermutet man hinter dem Text eine Schülerzeitungsredakteurin oder einen Tagebuchschreiber! Besonders gut hat mir folgende Bildunterschrift gefallen:
Abschied. Schön war es und laut haben sie das „Hallelujah“ zusammen gesungen. Jürgen Fliege sagt „Vater, ich danke Dir für diese harte Woche. Es war ein Abenteuer.“ Und Olpe sagt: „Auf Wiedersehen, Jürgen Fliege“ – und lässt die gesamte Zeit noch einmal Revue passieren, (…)
Muss man wirklich mehr sagen? Ja, man muss. Leider. Denn nicht zu vergessen sind die insgesamt 4 Hinweise (gerne auch ganzseitig) darauf, dass die Knallertalkshow Fliege ab dem 11. April nun nicht mehr um 16, sondern bereits um 15 Uhr im Ersten zu sehen ist. Ja, ihr lieben Randgruppen, die ihr diese Sendung seit 1994 (ja, solange gibt es diese Sendung nun schon) schaut: Jetzt müsst ihr den Wecker, der euch aus eurem Mittagsschlaf holt, ein bisschen früher stellen. Aber so ist ja auch nicht schlecht. Besser, als den Kaffee immer so spät zu trinken. Da kann man abends auch mal ein bisschen früher zu Bett gehen, nicht wahr? Um noch ein bisschen in der Lieblingszeitschrift zu schmökern.