Nordic Walker, der Schrecken der Strasse
‚Man hört sie schon von Weitem am Schrappen ihrer Stöcke. Sie sind gefährlich, gemein und rücksichtslos. Sie werden immer bedrohlicher, ich verachte sie zutiefst: Walker.‘ von Spiegel Online
‚Man hört sie schon von Weitem am Schrappen ihrer Stöcke. Sie sind gefährlich, gemein und rücksichtslos. Sie werden immer bedrohlicher, ich verachte sie zutiefst: Walker.‘ von Spiegel Online
Er war unschwer zu erkennen. Lässig stand er im Eingangsbereich des Kinos, die Hände in den Taschen seiner grauen Hose vergraben. Sein Blick auf den Bildschirm gerichtet. Das Haar saß – wie immer. Er hatte bereits entschieden und was er nicht wissen konnte: Ich war ebenfalls entschlossen. Entschlossen mich seiner Wahl zu unterwerfen. Und so wagten wir um kurz vor acht den Gang in Kino 6, ließen Alexander und ‚After the Sunset‘ hinter uns, hinein in die Sessel in Reihe 7. Niemand wartete auf uns, wir sollten die ersten sein.
Beinahe hätten wir es geschafft: Zu zweit im Kino. Doch leider wollten noch ungefähr zehn andere dabei sein. Dabei im Kampf gegen den weltweiten Terrorismus, den eine Gruppe von unerschrockenen Helden führt, dem Team America. Sie sind skrupellos, denn das einzige, was zählt, ist der Sieg. Da geht schon einmal der Eiffelturm zu Bruch, fliegt eine Pyramide in die Luft oder Kairo wird in Schutt und Asche zerlegt, egal, Hauptsache das Team besiegt die Terroristen mit ihren Massenvernichtungswaffen.
Wer sehen will, wie sich Michael Moore als Selbstmordattentäter in die Luft sprengt, wie lustige Marionetten miteinander vögeln (in allen Stellungen, Young Adam war diesbezüglich wirklich harmlos), wie Schauspieler wie Susan Sarandon, Alex Baldwin, Sean Pean aber vor allem Matt Damon (!!) wahnsinnig lustig verarscht werden, wie Ben Affleck ein weiteres Mal zum Affen gemacht wird, ohne dass er selbst schauspielert, wie lustige Lieder mit Zeilen wie ‚Pearl Harbor sucks and I miss you‘ gesungen werden und vor allem, wer sehen will, wie Franziska ungefähr 98 Minuten durchlacht, der sollte sich ganz schnell zwei Kinokarten kaufen und mir eine Mail schreiben. Ich würde ihn sogar noch ein zweites Mal schauen.
Danke, Herr Sebas, super Abend. Aber Mainstream war das nicht.
Viel erreicht, ein bisschen Kraft gegeben. Jetzt heißt es abwarten und da sein. Am Telefon jederzeit und nun auch wieder öfter vor Ort.
Ich verspreche, dass ich am heutigen Samstagabend wirklich nur zufällig auf das Erste geklickt habe. Und ich verspreche auch, dass es nur pure Neugier war, dass ich dort mehr als 3 Sekunden verharrte. Denn, you know what, Florian Silbereisen kündigte nicht etwa den nächsten Schlageract an, nein, das tat wenig später Gunter Emmerlich für ihn, er, der Florian und Wunsch-Schwiegersohn aller Damen jenseits der 70, durfte singen. Naja, singen ist vielleicht ein bisschen übertrieben, er durfte das Mikro halten, den Mund bewegen und ein wenig hin und herwiegen. Muss man ja auch können. Zwischendurch hat der liebe Florian dann auch mal verschmitzt gelächelt, pädagogisch wertvoll den Zeigefinger geschwungen, muss er ja machen, wenn der Text es verlangt, weil Performen will ja in Zeiten von Dee! und Co. gelernt sein. A propos, muss gelernt sein: Flori, da müssen wir aber noch mal ran. Du kannst doch nicht zwischen Augenzwinkern, Arme schwingen und Mund bewegen nicht auch noch die ganze Zeit treudoof nicken?
Noch vor zwei Jahren dachte ich, das ist eine dieser einzigartigen Freundschaften. Diese, in denen man sich monate-, manchmal jahrelang nicht hörte und dann, beim nächsten Wiedersehen nicht einmal 5 Minuten braucht, bis das Eis wieder aufgetaut ist und die Wellenlänge wieder stimmt.
Wir kannten uns vom Zaubern. Ja, vom Zaubern. Taten das auf Kindergeburtstagen, Ferienveranstaltungen im Ort oder Freizeiten. Wir hatten immer großen Spaß, waren ein wunderbares Team. Auch sonst.
Doch dann kommt es, wie es immer kommt. Die Treffen werden seltener, die Anrufe rarer und das Band wird dünner. Sie zog mit ihrem Freund zusammen, konnte mein unbeständiges Leben nicht verstehen. Ich besuchte sie in ihrer Wohnung und nie fühlte ich mich in einer solchen Behausung fremder. Fremd mit einer Person, der ich eigentlich einmal so nah stand. Ich fragte sie aus, nach ihrem Leben, zeigte echtes Interesse, doch zurück kam nichts. Kein „Was machst du so?“, nicht einmal eine oberflächliche Frage nach dem Fortschritt des Studiums. Enttäuscht fuhr ich davon, dann herrschte Funkstille. Nach elf Monaten meldete sie sich bei mir. Fragte, ob sie bei mir übernachten könne. Doch ich war verletzt. Hatte keine Lust auf weitere Oberflächlichkeiten, kein Lust, meine Wohnung mit ihr zu teilen. Machte ihr klar, dass wir uns gerne treffen könnten. Nur nicht in meiner Wohnung. Zog eine Grenze, so wie man sie zieht, wenn man sich irgendwann mit dem Ex wieder trifft. Wenn der erste Schmerz abgeklungen ist, man letzte Sachen austauscht und die Option auf eine Freundschaft getestet wird.
Es kam nicht dazu, nicht einmal Weihnachtsgrüße. Ich wollte nicht mehr. Ganz ohne Option. Und wie das wiederum bei Exfreunden manchmal so ist, melden sie sich manche irgendwann noch einmal nach Jahren. Und so erhielt ich vor einigen Tagen eine Karte von ihr. Mit herzlichen Grüßen und der freudigen Nachricht: Sie haben geheiratet. Wohnen in der Stadt ihrer Eltern, beide mit Job, noch ohne Nachwuchs. Es gäbe sicher viel zu erzählen.
Nun frage ich mich, ob sie Recht hat. Und ob ich bereit bin. Für einen Neuanfang mit ihr.
Nach einem langen Tag müsste ich mich jetzt eigentlich über diese furchtbaren Journalisten ärgern. Diese Menschen, die so selbstverliebt durch die Welt laufen, denken, dass sie die Größten sind. Kritikunfähig, hängen an Worten, merken nicht, wenn ihren Artikeln der Pepp fehlt. Ich müsste mich fragen, ob ich vielleicht den Job mache, weil ich nur wirklich selten an Worten hänge. Aber egal. Es ist spät, ich bin nicht dazu gekommen, mir was zu Essen zu kaufen. So habe ich mich vorhin in ein gefährliches Unterfangen gewagt: Pommes am U-Bahnhof Schlump. Vorher bin ich allerdings durch die Gegend geirrt. Wer geht schon in Imbissbuden, wo keine Menschenseele zu sehen ist? Zu risikoreich. (pommes kann man da meiner meinung aber essen. gab ja auch leute da drin.)
Was sind das eigentlich für Leute, die jeden Abend im Internetcafé sitzen? Seltsam ist vor allem diese abgetrennte Ecke, in der die Spieler sitzen. Sie reden nie, starren auf den Bildschirm und navigieren Autos durch die Wüste. Egal, wie spät, die Plätze dort sind immer besetzt. Haben die kein Zuhause? Oder: Haben die zuhause keinen Rechner? Kann man solche Spiele nur in vorhergesehen Locations spielen? Und was passiert, wenn ich mich einfach mal an einen von „ihren“ Rechnern setze und einfach nur ein bisschen surfe? Vielleicht sollte ich das mal ausprobieren.
Und dann waren da meine ersten drei Tage in Hamburg. Wenig online sein, dafür viel unterwegs. Tagsüber viel rumsitzen, wenig bewegen, zuhören. Seit der Uni musste ich nicht mehr so lange still sitzen. Ich hätte nicht geglaubt, dass das so hart sein kann. Und dann diese Müdigkeit. Spätestens um 3 Uhr nachmittags hänge ich meist so durch, dass ich weder in der Lage bin, den Stift aufrecht zu halten, noch einen klaren Gedanken zu fassen. Vielleicht habe ich bisher auch nur die falschen Drogen genommen.
Abends laufe ich viel herum. Nach einem sonntäglichen Spaziergang durch das Schanzenviertel – das Revier erkunden – hab ich gestern bei Herrn Kerner vorbeigeschaut. Bolero, ein mexikanisches Restaurant mit freundlicher Bedienung, schicken Menschen. Seltsamer Laden. Heute dann der Vorsatz, ein bisschen durch die Innenstadt zu bummeln. Bis zum Hauptbahnhof laufen war der Vorsatz. Scheiterte allerdings. Hab mich verlaufen und entdeckte plötzlich, dass ich den vor mir aufbauenden Laden doch schon zu einem anderen Termin kennengelernt hatte: Der Springer-Verlag. Schnell vorbei, zur U-Bahn, die brachte mich dann auch zum Bahnhof. Und nach Hause.
Und sonst? Nicht viel nachdenken. Immer wieder ablenken, die vielen Telefonate. Immer wieder beruhigende Worte an meine Mutter, die ich schon bald selbst nicht mehr glauben kann. Aber ich muss. Am Wochenende besuche ich sie. Und ihn natürlich.
(tagebuchmodus stellt sich schon wieder ab, keine angst.)
Regen, der in Hagel übergeht. Ja, Hamburg liebt mich. Egal. Ab ins Taxi. Erst redet er gar nicht, dann plötzlich, jaja, die Hamburger, ein ganzer Redeschwall. Wie war Silvester? Zug pünktlich gewesen? Diese Deppen vom Dorf, die von ganz rechts noch auf die Linksabbiegerspur wollen. Geht gar nicht. Er hat ja ein gebrauchtes Taxi, da hätte er es ruhig drauf anlegen können, einfach draufhalten, aber das macht man ja nicht, wenn man gerade Fahrgäste hat. Ja, denke ich, zum Glück und ’so genau wollte ich es nicht wissen‘. Aber er hört nicht auf. Da sei ja gerade eine große Baustelle, da fährt er lieber einen kleinen Umweg. Doof, denke ich, ich bin ihm ausgeliefert. Aber er fährt mich zu meiner Bleibe, hilft beim Aussteigen. Quittung? Ja, danke, vielleicht kann ich sie gebrauchen. Dann Sachen abladen, die Gegend erkunden. Chicken Jalfrezi, Internetcafe.
Ich habe einen Jamba-Ohrwurm!
Ich weiß nicht, warum jetzt alles auf einmal kommt. Warum nun auch noch mein Vater von dieser Krankheit heimgesucht wird. Warum nicht einfach alles besser werden konnte, zum Jahresende. Sondern doch wieder schlimmer. Auch wenn es einige Lichtblicke gab.
Ich hoffe, dass es bei euch da draußen besser läuft. Habt ein gutes 2005.