Bei jedem Besuch wird es schlimmer. Am Ende eines solchen steht man an diesem Bahnhof, denkt zurück. Mit dem Gefühl, dass es beim letzten Mal schon so schlimm war, als man da stand und wartete und die Tränen kullerten. Dieses Gefühl, dass man nun vielleicht zum letzten Mal wegfahren wird, dass so viele Dinge ungesagt bleiben werden. Und wie man da so steht, weiß man ganz genau, dass es doch immer noch schlimmer wird. Man wollte es ja schon beim letzten Mal nicht glauben. Dass der schleichende Prozess der Krankheit immer weiter kriecht, auch wenn man glaubt, dass es nicht weiter gehen kann.

Und dann die Angst, die Angst davor, beim nächsten Mal wieder dort zu stehen, zu wissen, dass sich sein Zustand doch immer noch ein bisschen mehr verschlechtern kann. Er will nicht mehr, spricht offener denn je über seine Krankheit, seine Gefühle, und dass es endlich zu Ende sein soll. Er will nicht länger leiden und ahnt wohl selbst zu genau, dass die Wahrscheinlichkeit für ein langes, qualvolles Ende viel zu hoch ist.

Und dann die eigene Hilflosigkeit. Nicht zu wissen, was man in seinen so offenen Momenten fühlen, geschweige denn sagen soll.

Prag (4)

Ich bin mir dessen bewusst, dass das Empfehlen von Bahnstrecken doch einen gewissen Grad an Spießigkeit hat. Aber: Die Strecke von Prag nach Deutschland in Richtung Berlin ist wirklich traumhaft. Die ganze Zeit am Fluss entlang zwischen den Bergen. Super Landschaft. So, genug geschwärmt.

Berlin ist übrigens die beste Stadt der Welt. Musste auch mal gesagt werden.

Prag (3)

Nach einem dann doch noch schön gewordenen Tag in der Stadt hier eingekehrt. Nette Location, nicht weit entfernt von der Moldau und einer Brücke, von der man einen wunderbaren Blick auf die Burg und Umgebung hat. Da saßen wir nun und warteten bei anregender Musik auf das Essen. Dieses Elektrik-Gefrickel kann ich nicht immer ertragen, dort passte es aber. Ganz und gar nicht passend waren dann aber die Gäste, die sich nach und nach zu uns gesellten. Zunächst die Viererrunde, bestehend aus einem Ehepaar, Ende 50, und den beiden älteren Damen, Ende 60. Beide behost in der Trendfarbe beige saßen sie very british mit ihren großen Brillen, der goldenen Brosche am Revers und ihrem Rotwein. Und bissen ins kümmelgespeiste Brot. Eine Rentnergruppe kann sich ja irren – meint man. Doch als dann wenig später noch ein älteres Pärchen den Laden betrat, diesmal im unauffälligem Dunkelblau bekleidet, wunderte ich mich arg. Diese Menschen, die mit blauer Plastiktüte durch die Gegend laufen, setzen sich freiwillig in dieses Lokal, in dem sie laut mit einer Mischung aus Dub, Dance und was auch immer beschallt werden? In Prag ist doch alles anders.

Und heute Nacht war es dann soweit. Ich weiss nicht, ob ich nun diesen Grad der Entspannung erreicht habe, dass all das, was in den letzten Wochen vorgefallen war, wieder hochkochen konnte oder musste. Schön war es auf jeden Fall nicht und für den Begleiter sicherlich auch ein wenig überfordernd. Aber sie mussten raus, die Gefühle, auch heute morgen noch einmal. Trotzdem oder vielleicht auch deshalb wurde der Tag dann aber doch noch schön. Der letzte hier, im übrigen, weil es morgen weiter geht. Zurück nach Deutschland, jedoch in die Lieblingsstadt. Auf einen netten Abend, hoffentlich.

Prag (2)

‚Warum stürzt sich denn heute keiner aus dem Fenster, macht man das hier nicht so?‘ kalauerte der Begleiter heute Mittag auf dem Burggelände. Zu recht, folgten auf den ersten im Juli 1419, im September 1483, im Mai 1618, im Februar 1948 weitere. Warum also nicht auch einer im September 2004. Eine Geschichte fuer die Enkel, und wir wären live dabei gewesen.
Solch spannende Informationen sind den leider überschätzten Reiseführern zu entnehmen, die wir vor der Fahrt erworben hatten in Ermangelung eines in Deutschland wiederum absolut unterschätzten ‚Lonely Planet“. Der war in dem von uns aufgesuchten, und eigentlich gut sortierten Buchladen leider unauffindbar, was uns in den Glauben versetzte, dass es einen separaten Prag-Lonely-Planet nicht gibt. Für zukünftige Prag-Reisende hier die Entwarnung: Es gibt ihn sehr wohl. Jedoch muss an dieser Stelle ein absolutes Lob an die Tschechen gerichtet werden, bei denen der Lonely Planet nicht wie in Deutschland als Insider-Tipp fungiert, sondern in Hülle und Fülle unter die Leute gebracht wird. Und das sogar in tschechischer Sprache – Respekt!

Und gab es früher vornehmlich Reisegruppen, die von seltsamen Menschen mit Schirm in die Luft gereckt angeführt wurden, ändern sich in der heutigen Zeit auch diese Rituale. Der Touri-Guide von heute macht sich durch andere Gegenstände kenntlich: Fähnchen mit der heimischen Stadtflagge drauf (gesichtet wurde Hamburg) oder – passend zur Jahreszeit – gelben Plastikblümchen. Der Top-Tipp für angehende Guides ist jedoch immer noch die unkonventionelle Banane, die man leicht mit sich führen und nach der Benutzung auch angemessen vernichten kann. Unser Urteil: Praktisch!

Prag (1)

Nach einem anstrengenden Ankommtag gestern heute der erste Prag-Tag ohne schwere Tasche durch die U-Bahn tragen. Ohne erst an das eine Ende der Stadt fahren, weil dort die eigentliche Bleibe angedacht war, wir uns dann aber am abgelegensten Ort befanden und unmöglich bleiben konnten.

Heute dann durch die Stadt gelaufen, viel gesehen und wohl gefühlt. Eigentümliche Menschen. ‚Alte Menschen tragen hier gern große Brillen‘ urteilte der Begleiter gleich während der gestrigen U-Bahn-Fahrt. Wie recht er hatte. Auch die großen Brüste der weiblichen Prag-Bewohner fielen ihm wohlwollend ins Auge.

Es gibt sie schon, die schönen Seiten der goldenen Stadt. Allerdings nicht dort, wo man sie vermutet. Dort gibt es nur Lager von Bernsteinketten, Kristallglaskitsch, Matruschkas (schreibt man die so?) und vielen bunten, lustigen T-Shirts. Ob den Sprüche-auf-T-Shirts-Contest allerdings ‚Czech me out‘ oder ‚McShit‘ gewinnt, darauf konnten wir uns bisher nicht einigen. Aber wir haben ja auch noch ein paar Tage.

Los geht’s

So. Nur noch wenige Stunden dann geht es los. Auf nach Prag, auf in den Urlaub. Entspannen.
Ich werde es bestimmt nicht lassen können und ab und zu einen Gruß hinterlassen. Ob es zum Reiseberichtsmodus reicht, bleibt abzuwarten.

FILM: Sommersturm

Eine Zeit lang habe ich jeden neuen deutschen Film gesehen. Dann irgendwann, ich weiß nicht wann, hatte ich keine Lust mehr. Jetzt hatte ich wieder Lust und nach dem Hype der letzten Wochen auf allen TV-Kanälen und in den verschiedenen Kinos (ich habe in den letzten zwei Wochen so viele Mitarbeiter mit blauen Sommersturm-T-Shirts gesehen) war ich auch ein bisschen neugierig auf diesen Film.

Und was soll ich sagen: Muss man nicht sehen, diesen Film. Schon allein, weil so viele Klischees abgehandelt werden. Da ist die Figur dieser Sächsin, die nicht mal richtiges Sächsisch spricht, und die auf verbissene Ossi-Frau machen soll. Natürlich nur um die pubertierenden, sich selbst noch nicht gefundenen Zuschauer zu erheitern. Da ist die schwule Rudergruppe, von denen zwei natürlich furchtbar tuckig rüberkommen. Da ist der eine von ihnen, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, Hetero-Männer zur Bisexualität zu bekehren. Natürlich nicht ohne die Szene, in der er im Blaumann mit freiem Oberkörper die Muskeln spielen lässt. Da ist der hagere Blondi, der sich seiner Sexualität nicht sicher ist und sich in seinen besten Freund verliebt.

Ich könnte noch so viel weitermeckern, will ich aber gar nicht. Kinder, die nicht wissen, ob sie lieber mit Männlein oder Weiblein in die Kiste hüpfen sollen, können sich den Film ja gerne anschauen. Alle anderen sollten es lieber lassen. Alles schon mal dagewesen. Und nur um den Stadlober nun mit nem Kerl knutschen und fummeln zu sehen, lohnt sich der Gang an die Kinokasse wirklich nicht. Nur eins war gut an dem Film: das Nada-Surf-Lied (Blonde on Blonde) zu Beginn und am Ende. Vergesst Rosenstolz!

Eltern und Internet

Gespräche mit Eltern über das Internet gehen eigentlich nicht. Da erzählt man beiläufig, dass man da ja so eine Internetseite hat, auf der man immer mal wieder kleine Geschichten schreibt. Was man so erlebt, was man so denkt. Die Reaktion ist verblüffend. Kein ‚Oh, dann sag doch mal die Adresse, würde mich ja mal interessieren‘ oder ein ‚Warum machst du das?‘. Nein. Einfach nur ein ‚Aha‘. Und dann fragt man sich, ob sie denken, dass es es die normalste Sache der Welt ist. Oder ob sie mit einer Antwort einfach nur überfordert sind.

Interessanter Kodex

‚Die Beziehung zu Freundinnen von Freunden sollte niemals über heftigen Sex hinaus gehen.‘
aufgestellt vom Kur Gast.

Gestern war so ein Tag, da bin ich am Fernseher hängen geblieben. Aber nicht bei trashigen Serien. Nein, diesmal ließ mich die Sat.1-Schnulze auf dem Bett verweilen. Ein echter Die-beiden-kriegen-sich-dann-doch-Liebesfilm und dann auch noch mit der auf den Kuschelsender abonnierte Sophie Schütt, die – so las ich irgendwann einmal in einer Zeitung – so authentisch sei. Das würden die lieben Zuschauer mögen. Und jedes Mal bin ich wieder überrascht. Dann kommt dieser Moment, in dem sich die beiden gegenüber stehen, diesmal in der starker-Regen-Variante, und sie aufeinander zu gehen und sich dann finden. Schrecklich vorhersehbar, aber doch berührend. Trotzdem nicht zu empfehlen.

Tja, und wenig später dann verirrte sich die gefühlsduselige Franziska dann auch auch noch ins ZDF zu dem kleinen Film ‚Julietta‘. Ein junges Mädchen aus Stuttgart zwischen zwei Männern in Berlin. Der eine hat sie während ihrer Bewusstlosigkeit vergewaltigt, der andere ist ihr drogenumwobene Freund. Natürlich ist sie dann schwanger und muss sich entscheiden. Ich mag ja deutsche Filme gern. Und so war auch dieser irgendwie berührend und zumindest so mitreißend, dass ich wissen wollte, wie es ausgeht. Sie entschied sich für das Kind. Für die neue Stadt. Und gegen ihren Freund. Empfehlen kann man diesen Film aber allemal.