Abschied

Ich hätte nicht gedacht, dass mir das Gehen so schwer fallen könnte. Kiste packen, mit den Verbliebenen Worte austauschen. Und am Ende von fast drei Jahren bleibt nicht mehr als eine Kiste mit ein paar Zetteln, einer leeren Flasche Volvic, einer Tasse und ein paar Zeitungsartikeln. Mehr nicht.
Vor dem Fahrstuhl tief durchatmen. Die Gefühle ordnen, einsteigen und runterfahren. Draußen empfängt mich der kalte Berliner Wind. Ein rauher Wind.

Donnerstag Cicero kaufen. Donnerstag Cicero kaufen. Donnerstag Cicero kaufen. Donnerstag Cicero kaufen. Donnerstag Cicero kaufen. Donnerstag Cicero kaufen.

Meine Mutter

Nach einer ganzen Weile mal wieder ausgiebig mit ihr telefoniert. Die letzten Neuigkeiten ausgetauscht, ihr den Raum gegeben, mal über den einen oder anderen zu schimpfen, sich über ihre Kollegen auszulassen, von denen ich die meisten auch kenne. Irgendwann regt sie sich über einen Spiegel-Artikel auf, der auf Seite 126 im aktuellen Heft zu finden ist: „Führt die Präsentations-Software „Powerpoint“ zu einer Verflachung des Denkens?“
Ich habe ihn nicht gelesen, weil ich den aktuellen Spiegel nicht da habe, sie aber. Lässt sich darüber aus, wie blöde sie diese Präsentationen findet. Was für eine Aussage von einer Frau, die noch nicht einmal in der Lage ist, eine E-Mail so zu versenden, dass sie den Adressaten auch erreicht.
Aber nein, ich will mich nicht über die Computerfähigkeiten meiner Mutter auslassen und auch dieses Programm nicht in Schutz nehmen, sondern vielmehr den Spiegel-Autoren dafür loben, dass er wohl so plastisch geschrieben hat, dass meine verehrte Frau Mama anscheinend alles verstanden hat, beipflichtend schimpfen konnte und nun ein glücklicher Mensch ist. Vielleicht sollte eben dieser Autor ihr mal erklären, wie das nun mit den E-Mails geht …

Liebes Handy,

Du begleitest mich auf Schritt und Tritt. Bist bei mir in allen Lebenslagen. Bei der Arbeit klingelst du leise, auf der Straße schön laut. Wenn du brummst, widme ich dir hektisch Aufmerksamkeit, so schnell und sehr, dass ich mir sogar fast die Knochen breche.
Bei allen Gesprächen mit entfernten Menschen – du bist dabei. Hörst mit, kommentarlos. Zeigst mir kleine Nachrichten, lässt mich Wichtig- und Nichtigkeiten austauschen.
Wenn du mal nicht bei mir bist, vermisse ich dich. Fühle mich nackt, nur als halber Mensch. Es könnte ja jemand versuchen, mich zu erreichen, auch wenn dein Display am Ende des einsamen Tages dann höchstens Nichtigkeiten anzeigt.
Nein, missen möchte ich dich nicht. Ich stehe zu dir, auch wenn ich eine Weile brauchte, mich an dich zu gewöhnen. Auch wenn ich mich manchmal sorge, wie sehr du mich beherrscht. Dann und wann lasse ich dich links liegen, und bringe dich zum Schweigen. Mit nur einem Knopfdruck kannst du mich nicht mehr beherrschen, ich vergesse dich kurz.
Doch diese Rebellion hält nicht lange an. Ich schalte dich dann wieder an, warte beschämt auf Nachrichten und erfreue mich an deinem engagierten Piepen! Danke! Dass du mir treu bleibst. Und für den Rest.

(idee geklaut bei ihm)

Die eigene Tinte

Der Suppenladen an der Ecke. Nachdem er es sich bisher leisten konnte, allein auf Suppen zu setzen, um die Mägen der arbeitenden Bevölkerung zu füllen, hat er nun umgestellt. Bietet auch so genannte Specials an, feine Mahlzeiten mit viel Gemüse und Reis oder Pasta.
Vitamine kann man auch bekommen: fruchtige Säfte, frisch gepresst, auch Gemüsemischungen sind dabei. Und zu allem Überdruss kann der Büromensch nun auch Suppen im Glas und andere Leckereien mit nach Hause nehmen. Feinköstliches. Nur über den Tintenfisch im Glas habe ich mich gewundert: Denn der schwimmt dort in eigener Tinte.

Befreiung

Es gibt ja nichts Schöneres, als nach getaner Arbeit durch die Buchläden zu ziehen. Schauen, blättern und dann sich für das eine oder andere entscheiden. Denn schließlich kann man jetzt wieder ganz viel lesen. Und zwar das, was man selbst mag, nicht diese furchtbare Pflichtlektüre für die letzten ungeliebten Scheine. Befreiend.
Und so hab ich mich für ein paar neue Exemplare fürs Bücherregal entschieden. Unter anderem auch ein Buch aus dem Antiquariat. Eins, was ich mit 16 oder 17 mal gelesen habe und was von einer Frau handelt, die über ihre Jugend schreibt, die keine war, weil sie jahrelang missbraucht wurde. War überrascht, wie viele Bücher der Mann hatte, die ich mir damals alle aus der heimatlichen Bibliothek geliehen hatte.
Das einzige, was heute nicht geklappt hat, war der Kauf eines neuen Paar Schuhes. Denn nachdem ich in den letzten Monaten hauptsächlich Frust-Schuhe gekauft habe, ich erinnere mich noch zu gut an den Kauf des äußerst schicken Paars Ende Oktober, müsste jetzt endlich mal ein Belohnungspaar her. Aber es lässt sich einfach keins auftreiben. Na und so musste eine neue Jacke her. Für den Frühling ganz farbenfroh.

Sätze, die die Welt bedeuten (3)

Beim Brennen einer CD: „Mist, verbrannt!“

Schmuddelig

„Ach übrigens, das HIER ist ja übrigens genial. Wenn der Typ so fickt wie er schreibt, dann will ich den ficken.“ (Berit Geissler)

Mittwochsfazit

Wortkarg, weil müde. War trotzdem schöner Abend. Doch überraschte eins: Hatte sich doch in der Vergangenheit der prollige Mann im roten Hemd in mein Herz getextet und die Lachmuskeln zum heftigen Zucken angeregt, so ist es nun der schlacksige Mann mit feiner Brille, der mich mehr zum Schmunzeln brachte. Feiner Humor, sorgfältig gewählte Worte. Schön.
Denn wenn man nichts zu sagen hat oder sich selbst nicht in der Lage fühlt, dann lässt man reden. Sich berieseln. Und wenn dann jedoch selbst das Lachen mühsam erscheint, dann heißt es: Schlafen gehen.

„Wir sollten mal wieder tanzen gehen“

Früher ging man ständig tanzen. Mindestens einmal in der Woche wurden die Hüften geschwungen, die Becken gekreist. Manchmal war es auch so, wie in diesen unsäglichen RTL2-Reportagen, in denen sich Jugendliche zuerst aufbrezeln, und dann das Ritual des Vorglühens vollzogen wird. Gemeinsam versteht sich, mit viel Gegacker bei den Damen und prolligen Sprüchen bei den Herren.
Menschen, die diesen Satz austauschten, belächelte man. So werde ich bestimmt nie!
Später dann wurden diese Happenings seltener, immer öfter ging man mal „was trinken“, traf sich manchmal sogar Zuhause und trank zusammen eine Flasche Wein bei gutem Essen.
Und mittlerweile: Der besagte Satz tröpfelt über die eigenen Lippen, nicht einmal einen Gedanken verliert man daran, dass es irgendwie spießig, langweilig oder sonst irgendetwas sein könnte. Irgendwann werden dann doch Erinnerungen wach. Erinnerungen an besagte Zeiten.
Doch bereuen. Ohne mich.