Gespräche auf dem Flohmarkt

Sie: Guck mal da, eine Alarmanlage.
Er: Ich brauch keine Alarmanlage. Ich hab ja dich.

Allein oder einsam?

Mein erstes Wochenende in dieser noch fremden Stadt. Spannend, was man an einer Stadt als erstes kennenlernt. Zunächst der Supermarkt an der Ecke. Den ich innerhalb weniger Tage schon mehrmals aufgesucht habe. Die Straßenbahn, die mich zur Arbeit bringt. Die Pommesbude um die Ecke, weil man dort in der Mittagspause so schön draußen sitzen kann – bei diesem Wetter.

Eine kurze Visite am Rhein – in den Abendstunden, kann ja nicht sein, dass er der letzte ist, dem ich einen Besuch abstatte. Und gestern Abend dann auch zum anderen großen Wahrzeichen dieser Stadt – diese Einkaufsstraße. Mich dort aber nicht lang aufgehalten und lieber in meiner Preisklasse geschaut. Shoppen gewesen. Denn nach der großen Ausmistaktion vor dem Umzug bin ich klamottenlos. Kaum noch T-Shirts, Pullis für den Frühling wurden alle entsorgt. Schrecklich.

Und jetzt? An meinem ersten Wochenende allein in dieser Stadt? An den Rhein sollte ich gehen: Zeitung lesen, die Sonne genießen. Lampen müsste ich kaufen und aufräumen. Mal sehen, wie ich diese zwei Tage verbringe. Eins ist sicher: Allein werde ich sein. Mal sehen, ob ich das hinbekomme, ohne einsam zu sein.

Dieses Völkchen hier. Gehen abends auf eine Straße, kaufen sich Bier oder einen dieser Alkopops und stellen sich da hin. Reden, ansonsten aber nichts. Wer sitzt, verliert – so scheint es. Daran muss ich mich wohl erst gewöhnen.

Schaudern

Wieso nur läuft es mir kalt den Rücken hinunter, wenn der junge Mann im Blaumann gerade zu einem Kollegen sagt: „Das Badezimmer müssen wir auch noch aufmachen.“ Und nun hämmern sie beidseitig.
Bitte, ich war doch immer ganz lieb und bisher hat doch auch alles so reibungslos geklappt. Aber bitte mach, dass ich heute Abend duschen kann. Und dass ich vielleicht heute Abend noch meine Messer auspacken kann, damit ich nicht wieder mit dem Teelöffel mein Brötchen schmieren muss.

Ankommen

Komisch. Ankommen in einer fremden Stadt und dem Taxifahrer erklären, wo er hinmuss. So gut es geht. Kannte ich doch wenigstens diese eine Straße ganz in der Nähe.
Und die Bilanz des Tages? Telefon funktioniert. Kisten sind auch alle ausgepackt. Alle? Natürlich nicht! Denn die Küche muss noch eingepackt bleiben. Abflussrohr ist nämlich kaputt. Und das muss jetzt ausgetauscht bzw. eingesetzt werden. So mit Wand aufbohren und so.
Morgen noch der Elektriker. Hoffentlich bald der Klempner. Und dann wollte ich eigentlich noch über meinen Film vom Wochenende schreiben. Und vom Schuhladen. Und so.
Und wo ist eigentlich der nächste Ikea?

Vorbei.

Vorbei am Alex. Dort läuft seit 1.4. der Derrick-Film. Am Hackeschen Markt. Vorbei an der Strandbar, in der ich meinen letzten Sommer in der Hauptstadt verbrachte. Grandios. Am Pergamonmuseum, in dem ich das letzte Mal war, als ich italienischen Besuch hatte. Vor drei Jahren? An der Friedrichstraße. Ein kurzer Blick aufs Hauptstadtstudio. Der Bundespressestrand lässt sich erahnen, war eh nicht oft dort. Das Kanzleramt. Direkt daneben die Schweizer Botschaft. Wer das wohl erlaubt damals erlaubt hat? Es folgen Siegessäule und Glockenturm, an dem man sonst nur auf Touritouren mit dem 100er vorbeikommt.

Einfahrt in den Bahnhof Zoo. Von hier bin ich immer losgefahren. Überall hin. Vorbei am Schleusenkrug, tolle Fußballspiele dort geschaut. Die Menschenmassen am Bahnsteig, zu denen ich eigentlich immer gehörte. Und die Leute beneidete, die sich schon am Ostbahnhof einen Platz sichern konnten.

Raus aus der Stadt. Am Delphi vorbei. Mein letzter Film dort: Whale Rider. Schön. Im Theater des Westens war ich nie. Kein Interesse an dem, was dort meist gegeben wurde. Der Bahnhof Berlin-Charlottenburg. Die Schrebergärten an den Gleisen. Der Funkturm, zu dem ich nie eine engere Verbindung aufbaute. War nie dort. Und hab auch erst im letzten Jahr erfahren, dass man da sogar rauf kann. Sowieso Charlottenburg.

Dann der Rest: Bahnhof Heerstraße. Schrebergärten. Ein paar Stadtvillen kurz vor dem Bahnhof Ruhleben. Dort ging es immer lang, wenn man zu Ikea wollte. Entweder mit dem Bus oder mit der Bahn. Je nachdem, wie bepackt man am Ende eines solchen Shoppingtrips war. Dann nur noch Spandau. Der letzte Stop. Bevor es raus geht. Raus aus der Stadt.
Aus. Vorbei. Es war schön mit dir.

Vermiss dich.

Alles gut

Es gibt diese Momente, in denen man sofort weiß, dass alles gut ist. Zwischen den beiden, die seit Stunden in einem Auto sitzen. Die Situation: Irgendwo auf der Autobahn. Im Radio: Das neue Lied von Rosenstolz, Nummer 1 der Hitparade vom Radiosender Eins Live. Die einhellige Meinung: Furchtbares Gedudel. Obwohl der Beifahrer weder die Band kennt, noch von irgendwie geartete Kenntnissen in Sachen Popmusik vorweisen kann. Zumindest hat er sich in dieser Hinsicht bisher nicht hervorgetan.
Ob das gut gehen kann? Eine Frage, die die Fahrerin ab und an doch immer wieder beschäftigte. Es kann. Breit ist ihr Grinsen, als er plötzlich den Nirvana-Klassiker fröhlich mitpfeift. Glück gehabt. Auch wenn er keine Ahnung hat: Die Intuition stimmt.

Umzug

Die Bilanz des Wochenendes: Kisten eingepackt und geschleppt, Auto mit lieben Freunden und Ex-Kollegen beladen, rund 560 Kilometer gefahren, Auto entladen, zu zweit, wobei ich gleich zu Beginn meines Aufenthalts in dieser Stadt die rheinländische Herzlichkeit zu schätzen wusste. Zwei Nachbarn packten nämlich mit an, als es ans Sofa schleppen ging.

Bett aufbauen, duschen, essen, schlafen. Wachwerden, Schrank aufbauen, essen, Tisch aufbauen, ein paar Kisten bewegen, zurückfahren. Einen Freund überreden, beim Waschmaschine umziehen mitzuhelfen, Waschmaschine umziehen, Auto zurückbringen. Duschen, nicht schlafen können. Weil mir kalt war und ich zitterte. Irgendwann dann doch zur Ruhe kommen, schlafen können. Beruhigt.

Jetzt heißt es noch bis Ostern die alte Wohnung auf Vordermann bringen, noch ein bisschen entrümpeln und aufs Wochenende freuen. Dann ist nämlich noch mal Kurzurlaub angesagt, bevor dann in der nächsten Woche das Neue beginnt. Mit neuer Wohnung, die noch fertig eingerichtet werden muss und neuem Job. Und mittlerweile freue ich mich richtig drauf!

Schlafen?

Schon über eine Woche geht das nun so. Nicht einschlafen können. Sich hin und herwälzen. Unruhig sein. Von Schränken träumen. Immer und immer wieder. Kisten. Auch welche, die nicht mehr ins Auto passen. Wird alles gut gehen? Hab ich nicht irgendwas vergessen? Sind wir genug Leute? Die anpacken? Wird genug Kaffee da sein? Damit die Helfenden wenigstens nicht mit schlechter Laune wieder abfahren?
Wann ist es endlich soweit? Nächte, die ich genießen kann. Ruhe finden. Entspannen. Heute Nacht war es besonders schlimm. Auch der warme Körper neben mir konnte nicht helfen. Beim Entspannen. Und Wohlfühlen. In der eigenen Haut.

Nachwuchs

So kannte ich ihn nie. So menschlich. Immer korrekt, bloß kein privates Wort. Nicht einmal sein Alter war mir bekannt. Verstanden haben wir uns stets gut. Wir scherzten, und meist lag auch ein dummer Spruch auf unseren Lippen. Gespräche waren konstruktiv, so machte das Schreiben Spaß, und obwohl er immer einen vollen Terminkalender hatte – es fand sich meist ein halbes Stündchen für den Gedankenaustausch, damit ich weiter kam.

Auch nach dem Projekt gab es Zeit für einen Plausch, den Kontakt pflegen, auch wenn wir meist Oberflächlichkeiten austauschten. Und heute? Ein Abschiedstreffen war es. Aber auch ein werdender Vater zeigt Gefühle und nach nur fünf Minuten schaute ich in glänzende Augen, die begeistert von der Namensfindung und dem baldigen Geburtstermin berichteten.

Wie können Menschen nur so gemein sein und bei dem Wunschnamen einer jungen Familie mit den Worten reagieren: Nimm diesen bloß nicht! Ich finde das herzlos. Gemein und überhaupt nicht taktvoll. Und schon gar nicht, wenn es ein schöner Name ist.
Was ich aus diesem Treffen mitnehme? Zwar weiß ich immer noch nicht sein Alter, dafür aber kenne ich ein anderes wunderbares Detail, welches in den nächsten Wochen sein Leben bereichern wird. Und das ist großartig.