Und da muss ich ja noch auf ein neues Heft aus der vergangenen Woche eingehen. Park Avenue ist nämlich seitdem am Zeitschriftenkiosk erhältlich und ist mit viel Tamtam in den Medien und den Fensterauslagen gestartet. Letzteres zumindest hier in Magdeburg am Bahnhof. Ob das wirklich die zukünftigen Käuferschichten sind? Ich zweifle. Aber der Reihe nach.
„Park Avenue“ ist das Hochglanzprojekt von Gruner+Jahr, kostet schlappe 6 Euro und soll ganz viele hochklassige Anzeigenkunden bringen und richtet sich auch an eine ebenso erstklassige Leserschaft. Cheffe ist Alexander von Schönburg, der erst kürzlich ein seltsames Sachbuch über stilvolles Verarmen auf den Markt gebracht hat. Aber das konntet ihr ja eh alles in den kürzlich erschienenen Presseartikeln lesen. Muss man ja nicht wiederholen.
Kommen wir aus diesem Grund also zum Testobjekt. Da ich bei meinen Tests gerne das Inhaltsverzeichnis lese, habe ich mich auch bei „Park Avenue“ auf die Suche danach gemacht. Das war gar nicht so leicht, musste ich mich doch durch sechseinhalb Doppelseiten Anzeigen und fünf so genannten Pflichttermine durchkämpfen. In der Bunten sind diese Seiten immer am Ende, dort kann man dann meist die tollen Kleider der Promis und solcher, die es werden wollen, begutachten. Der einzige Unterschied ist, dass es bei den Bildern in „Park Avenue“ nicht so gestellt aussieht.
Im Inhaltsverzeichnis angekommen fällt als erstes Folgendes auf: Nicht, dass die Artikel etwa chronologisch geordnet sind, nein, die aufgeführten Geschichten sind in die Ressorts „Titelgeschichte“, „Politik+Wirtschaft“, „Gesellschaft“, „Kultur+Stil“, „Literatur“ und „Standards“ (genau in dieser Reihenfolge) aufgeteilt. Und dort springen die Geschichten locker von Seite 100 auf 210 oder 110 und 176. Eine richtige Aufteilung scheint dieses Heft also nicht zu haben. Aber vielleicht mag das ja der Leser mit einem Jahreseinkommen von 500.000 Euro aufwärts.
Aber ich bin ja ein flexibles Mädchen, deshalb lasse ich mich davon nicht beirren und blättere einfach mal weiter. Nach einer kleinen Autorenrundschau und vielen bunten Anzeigen befinde ich mich plötzlich in „State of the art“, einem so genannten „Standard“, aus dem ich lediglich folgende wissenswerten Fakten mitnehme: Tom Cruise lacht so „HE HA HA HA HA“ (der Autor sagt, dass der so lacht, wie man’s schreibt) und steigt mit beiden Beinen gleichzeitig in die Hose. Im folgenden Essay hat es Willi Winkler im zweiten Absatz zu folgender Glanzleistung gebracht: „Die Zeit, man weiß es zwar und staunt doch immer wieder neu, sie vergeht im Sauseschritt.“ Hochwertiger Journalismus mit 1A-80er-Jahre-Floskeln? Naja. „Menschen des Monats“ küren dann gleich mehrere Autoren und dann sind wir auch schon bei der Titelgeschichte angelangt: Endlich! Endlich haben wir wieder Charakterdarsteller. Und: Endlich haben wir einen Zeitschrift, die, weil noch eine halbe Seite Text übrig ist, nicht etwa einfach auf der nächsten Seite weitermacht oder den Text einkürzt, nein. Bei „Park Avenue“ wird der Übersatz der Geschichten fein säuberlich gesammelt und am Ende des Heftes gebündelt gedruckt. Tja, und so kann ich auf Seite 237 auch gleich noch das Ende von „Stunde null in Palästina“ lesen. Was für ein Service.
Und dann geht es immer weiter. Viele Fotos, viele wirklich schön, ein paar Reportagen und wieder Werbung, Fotos, Bilder. Einige Geschichten sind wirklich ganz gut geschrieben. Doch irgendwie lässt mich „Park Avenue“ erstaunlich kalt. Ja, vielleicht muss das so sein, in der Welt der Schönen und Reichen. Aber es gibt nicht eine einzige Geschichte, bei der ich sagen konnte „Wow, das ist doch mal ein schönes Thema“. Investigativ sind diese Magazine ja auch nie, vielleicht wäre das ja mal eine revolutionäre Idee für ein neues Gesellschaftsmagazin.
Und so kann ich einfach nur verstehen, dass der Chefredakteur die ehemalige Vogue-Chefin Angelica Blechschmidt vergöttert. Park Avenue will Stil vermitteln. Musik, Mode, Kunst, Marken. Das meiste davon hat Vogue, so viel ich weiß. Mich langweilt das Heft leider nur.