Wie ich meinen Wahlsonntag verbrachte

15.09: Fulda Hauptbahnhof. Ich steige in den Zug nach Frankfurt. Sollte alles glatt gehen, bin ich um viertel nach sechs in Düsseldorf. Wenn ich in meiner Wohnung bin, hätte ich nur eine halbe Stunde Wahlabend verpasst. Das ist ok.

15.20: Der Zug steht.

15.30: Durchsage: „Die Weiterfahrt verzögert sich. Wir müssen auf die Bundespolizei waren.“

15.40: Der Zug steht immer noch.

15.45: Der Zug fährt wieder. Durchsage: „Es gab einen Behälter auf den Schienen, der aussah wie eine Bombe. Er war aber nur mit Müll gefüllt.“

15.50: Irgendein Bahnhof. Wir stehen wieder. Durchsage: „Wegen Überholung durch den Fernverkehr verzögert sich die Weiterfahrt.

16.37: Mein Zug in Frankfurt Süd fährt jetzt los. Mein jetziger Zug befindet sich noch vor Hanau. Das wird wohl nichts mehr.

16.50: Offenbach. Bahnhof.

17.02 Frankfurt Hauptbahnhof. Der nächste Zug nach Düsseldorf fährt erst um 17.28 Uhr. Jetzt muss ich kreativ werden.

17.28: Der Zug fährt los. Es gibt Radio.

17.40: HR1 im Zugradio. Die Sicht der Hessen wird mich also in die erste Hochrechnung begleiten. Der Moderator erklärt noch einmal die Situation im Wahlkreis 176. Fulda. Wird Martin Hohmann viele Zweitstimmen der Konservativen verhindern? Ich erfahre, dass vier Minister im Hessenland angetreten sind. Fischer in Frankfurt, Eichel in Kassel, Zypries in Darmstadt und in Wiesbaden Wiecorek-Zeul.

17.44: Senderwechsel. Volksmusik. Schlimm.

17.47: Endlich übernimmt der Moderator das Mikro. ich erfahre, dass Johannes Heesters mit 101 das erste Mal auf der Wies’n war. Na super. Ich will Wahlsplitter und nicht die letzten Wies’n-News.

17.48: Tunnel. Kein Empfang.

17.55: Mambo Nr. 5.

17.59: Bahnhof Limburg Süd. Nachrichten. Ich erhalte die Ergebnisse der Prognose von Infratest Dimap. 34, 35,5, 10,5, 8,5 und 7,5 Prozent. 10,5 Prozent für Guido? Mannmannmann. Ampel oder große Koalition. Na dann.

18.02: Der Mann meines Herzens ist am Telefon und bestätigt die Nachrichten.

18.10: Montabaur. Am Bahnsteig weint ein Kind. Wowereit erzählt mir, dass die SPD eine grandiose Aufholjagd hingelegt habe. Mehr sagt er nicht.

18.25: Ich höre weiter Radio. Immer wieder Schnipsel. Welcher Sender gerade sendet, ist schwer zu sagen. Die Westerwelle-Übertragung wird unterbrochen. Frau Merkel ist auch nur halb zu hören. Radio in der Bahn? Hoffnungslos.

19.10: Ankunft in Düsseldorf. Nun aber schnell zur S-Bahn.

19.30: Wohnungstür auf. Schnell die wichtigsten Menschen informieren, dass ich wieder im Lande bin. Überblick verschaffen.

20.00: Tagesschau. Alles unverändert.

20.15: Die Elefantenrunde. Jamaika-Koalition. Ampel-Koalition. Ein völlig irrer Kanzler. Dreht Schröder jetzt durch?

21.58: Unfassbar. Die Linke hat im Saarland 18,5 Prozent gemacht.

22.15: Auch Rheinland-Pfalz hat jetzt ausgezählt. Beim Screening der Direktkandidaten Ernüchterung. Keine bekannten Namen.

22.19: Ich schaue nun auch einmal in Niedersachsen vorbei. Mein Heimatwahlkreis schickt wie schon in den vergangenen Jahren Annette Faße. SPD. Andere prominente Wahlkreissieger: Peter Struck in Celle/Uelzen, Sigmar Gabriel in Salzgitter/Wolfenbüttel, Monika Griefahn in Soltau-Fallingbostel, Edelgard Bulmahn in Hannover. Extreme Häufung von SPD-Gewinnern.

22.26: Ein Blick nach Hamburg. Ob Schamoni was gebracht hat? Insgesamt hat DIE PARTEI knapp 2500 Stimmen gesammelt. Nicht schlecht. Die (mir) bekannten Direktkandidaten: Ortwin Runde gewinnt in Wandsbek, Hans-Ulrich Klose in Bergedorf und Olaf Scholz in Altona. Wieder alles SPD-Gewinner.

22.31: Berlin braucht noch. Erst vier Wahlkreise ausgezählt. Petra-Evelyne Merkel gewinnt in Charlottenburg-Wilmersdorf, eine von DER LINKE in Lichtenberg. Stimmt ja. Da war ja was.

22.51: Baden-Württemberg ist auch fertig. Die mir bekannten Gewinner: Karl Lamers in Heidelberg, Matthias Wissmann in Ludwigsburg, Wolfgang Schäuble in Offenburg, Bernd Schmidbauer in Rhein-Neckar, Volker Kauder in Rottweil/Tuttlingen, Dr. Annette Schavan in Ulm. Schwarz halt.

23.01: Thüringen hat’s dann auch geschafft. Grandios. Ich kenne keine Sau.

23.17: Bremerhaven ist jetzt auch fertig und somit steht das Ergebnis für Bremen fest. Ich kenne die Plakate von Uwe Karl Beckmeyer. Und der hat auch gewonnen.

23.18: Jetzt geht’s aber schnell. Bayern hat’s jetzt auch hinter sich. Josef Göppel gewinnt in Ansbach, Horst Seehofer gewinnt in Ingolstadt, Peter Gauweiler in München, Max Straubinger in Rottal-Inn, Michael Glos in Schweinfurt. Wow, und die CSU hat sage und schreibe 9,4 Prozent verloren.

23.25: Kommen wir zu Brandenburg. Die SPD siegt vor der LINKEN und vor der CDU, na wenigstens das. Stefan Reiche siegt in Cottbus, Johannes-Markus Meckel in der Uckermark. Der CDU-Kandidat kann übrigens 1,7 Prozent mehr holen als Herr Wichmann bei der letzten Wahl. Der Arme.

23.28: Schleswig-Holstein. Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen SPD und CDU, welches die SPD für sich entscheidet. Wir erinnern uns. Hier begann im März das eigentliche Ende von Rot-Grün mit der Steinigung von Heide Simonis. Peinlich. Auch hier kenne ich niemanden.

23.31: Mecklenburg-Vorpommern. Ein Blick auf die Kleinen: FDP mit 6,3 Prozent, Grüne mit 4,0 Prozent. Die NPD überraschend stark mit einem Plus von 2,7 Prozentpunkten. Warum benötigen Länder mit so wenigen Wahlkreisen eigentlich länger als andere mit wenigeren? Und wen kennen wir hier? Die Angela Merkel natürlich. Hat ihr Direktmandat gewonnen. Na gut.

23.35: Hach, Nordrhein-Westfalen. Meine erste Bundestagswahl hier. Die LINKE mit Spitzenkandidat Lafontaine holt 5,2 Prozent. Hier gibt’s wieder ein paar mehr Direktkandidaten, die mir bekannt sind. Ich bin beruhigt. Legen wir mal los. Ulla Schmidt siegt in Aachen, Hildegard Müller gewinnt bei mir in Düsseldorf, Petra Hinz, die in Essen gewinnt, erinnert mich an Peter Hintz von der CDU und wird deshalb auch genannt. Des Weiteren: Friedrich Merz im Hochsauerlandkreis, Willi Wimmer (kenn ich nicht, aber der Name ist geil) in Krefeld/Neuss, Karl Lauterbach (DER Professor Lauterbach???, der mit der Fliege????) in Leverkusen/Köln, Wolfgang Bosbach im Rheinisch-Bergischen Kreis. Mannmannmann, muss gleich mal schauen, ob das wirklich DER Professor ist.

23.46: Er ist es wirklich. Es fehlen noch die Endergebnisse in Hessen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Berlin. Ich schau jetzt mal, wie es in Fulda ausgegangen ist.

23.47: Wow. Der CDU-Kandidat hat mit 39,1 Prozent vor der SPD-Kandidaten (29,7 Prozent) und dem Parteilosen Hohmann (21,5 Prozent) gewonnen. Also doch klarer, als man vorher dachte.

23.49: Ich höre auf. Mein Fazit folgt separat. Kein Fazit. Kein Faseln vom Denkzettel, der Wähler hat entschieden und so weiter.

Wochenendplanung per Mail

„Für das Wochenende habe ich auch schon ein paar Vorschläge neben rumhängen, Scheiße labern, trinken und fressen! Über das gesamte Wochenende findet eine Draußen-Party von ein paar Freunden von mir statt. Da könnten wir am Freitag oder Samstag mal hin gehen. Samstag Abend würde ich mal tanzen vorschlagen. Da hat ein neuer Laden aufgemacht und man muss über 25 Jahre alt sein, um hinein gehen zu dürfen. Also, fälsch mal deinen Kinderausweis, Baby.“

Schon geschehen. On my way.

Diese derzeit vorherrschende Hysterie mit den Wahlen macht mich fertig. Geht wählen und lasst mich in Ruhe. Ich geh jetzt lieber Blümchen pflücken und Mücken jagen.

Neulich im Buchladen


‚Was meinen Sie, ist das Absicht?‘, frage ich die Verkäuferin im Heidelberger Buchladen. Sie scheint jung, ein bisschen jünger als ich. Während ich sie so betrachte, tippt sie auf ihrer Kasse herum. Noch einmal mustere ich das Buch, was ich gerade erwerbe. Gerissene Seiten, ein wenig freakig, könnte Absicht sein. Und so passend zum Titel.

Seit es das Internet in meinem Leben gibt, kaufe ich nur noch selten in Buchläden. Immer mal wieder suche ich sie aber doch auf. Zum Blättern und stöbern. Gerne würde ich wieder öfter in solche Läden gehen. Auf einen Plausch mit den gut ausgebildeten Fachkräften, die mir nach ein, zwei Sätzen DAS passende Buch empfehlen. In dem kleinem Ort, in dem ich groß geworden bin, da geht das noch heute. Manchmal. Ob dieses Mädchen da auch in der Lage ist, mir ein Buch zu empfehlen?

‚Die Engländer kommen ja schon auf komische Ideen‘, schleudert sie mir nun im schlimmsten Heidelbergisch entgegen. ‚Oh, schon gut. Die Engländer, jaja.‘ Schnell weg hier.

Foto-Love-Story

Der Marcus und sein Schnitzel? Ob sie miteinander glücklich geworden sind, erfahrt ihr nach dem Klick!

Tagebuch einer Volontärin (12)

Ja, schon lange nicht mehr gehabt, hatte diese Art von Überschrift ja eigentlich dazu genutzt, immer mal wieder Schnipsel über meinen Magdeburg-Aufenthalt zu schreiben. Zwar bin ich zwar bereits seit einigen Wochen wieder in Düsseldorf, allerdings sollte das kein Grund sein, nicht auch von hier ein bisschen was aus dem Berufsalltag kund zu tun.

Heute morgen war ich bei einem Aachener Familienunternehmen bei der Präsentation der Geschäftszahlen. Lang und breit wurde erklärt, dass man als einzigen ausländischen Produktionsstandort auch ein Werk in Polen habe. Allerdings sei die Nachfrage in Osteuropa mittlerweile so groß, dass die Produktionskapazitäten nicht mehr ausreichen und rund 35 Prozent der osteuropäischen Ware aus Deutschland zugeliefert werden müssen. In der späteren Diskussion ging es dann darum, warum man denn nicht mehr in den polnischen Standort investieren würde, damit die dort produzierte Ware auch ausreicht, um die Nachfrage zu befriedigen. Das Unternehmen erklärte, dass man die hohe Nachfrage dort auch dazu nutzen wolle, die Arbeitsplätze in Deutschland zu erhalten und vorerst kein Ausbau des polnischen Standorts geplant sei. ‚Das, was dort mehr nachgefragt wird, können wir auch von Deutschland aus bedienen‘, war die Antwort des Firmenchefs. ‚Das macht doch betriebswirtschaftlich überhaupt keinen Sinn‘, kommentierte einer der Anwesenden dieses Vorgehen. Höhere Produktionskosten, höhere Löhne und dann auch noch die Transportkosten. ‚Eigentlich ist das doch bekloppt‘, schoss es mir in den Kopf. ‚Man kann es bekloppt nennen oder mittelständisch‘, antwortete mein Sitznachbar. ‚Denen liegt eben etwas daran, dass in Deutschland produziert wird‘, fügte er hinzu. Und ich fühlte mich schlecht, dass ich bereits in den Kategorien eines McKinsey-Beraters gedacht hatte.

NEU


Schon schlimm, dass RTL jetzt neue Sendungen mit „Neu“ oder neue Folgen mit einem Schriftzug „Neue Folge“ kennzeichnen muss.

Alles Podcast?

Fast habt ihr mich. Seit letzter Woche rätsele ich jeden Tag fleißig beim Spreeblick-Podcast-Musik-Quiz mit (Wie hieß nochmal das Lied, damals, von der Manic Street Preachers oder sind das vielleicht doch The Jam?). Morgens erwische ich mich dabei, es zu bedauern, dass Johnny nie so früh aufsteht, dass ich die MP3 vielleicht auch einmal vor der Arbeit hören könnte. Eben freute ich mich darüber, dass Don ‚Rampensau‘ Alphonso sich die Mühe gemacht hat, diese wunderbare CSU-Wahlwerbung zu produzieren.

Warum ich hier gerade extrem lobhudele? Weil es Spaß macht. Ich mag es, diese Johnny-Stimme zu hören, die schon fast vertraut klingt. Das ist alles viel besser als Radio, weil es unangepasstes Gequatsche ist. Schön kurz, persönlich gehalten und doch kein albernes Tagebuch-Erzähle, dass das Wetter in Berlin gerade scheiße, der Stuhlgang so fest und der Kühlschrank leer ist. Ich bin gespannt, wo das alles hinführt. Johnny, einen Fan hast du. So wie es aussieht, haben Podcasts vielleicht doch eine Berechtigung. Zumindest bei mir. Weitermachen!

PS: Und warum gibt’s eigentlich noch keine Klingeltonwerbung für Guido, Münte und Lafontaine?

Gerade einen Mail mit einer interessanten These bekommen:
‚Ich meine bei dir feststellen zu können, dass sich die Verspätungen der öffentlichen Verkehrsmittel mit dem Kauf neuer Schuhe häufen.‘

Kann das irgendjemand bestätigen?

Das Ich und ich

‚Mannmannmann, du bist aber heute spät‘, sagte das Ich zu mir. ‚Schnauze‘, raunte ich es an. ‚Du hast doch gerade nicht deine Tage und gegessen hast du auch erst vor anderthalb Stunden, also motz nicht so rum‘. ‚Mmmpf‘, mmmpfte ich und schaute betreten zu Boden. Nicht mal aufregen, kann ich mich richtig, Frechheit. ‚Wenn du wüsstest, was auf dem Weg hierher alles geschehen ist, dann würdest du auch sauer sein‘. ‚Die Bahn hatte wohl mal wieder Verspätung?‘, jetzt ging das Ich in die Offensive. ‚Ja, nicht nur das!‘, antwortete ich. ‚Als ich bei der S-Bahn ankam, wurde nach einer Viertelstunde gesagt, dass sich die Ankunft der nächsten Bahn auf unbestimmte Zeit verzögert. Auf UNBESTIMMTE ZEIT! Dann bin ich zurück gefahren und musste noch einmal 7 Minuten auf die nächste Straßenbahn warten. Tja, hab fast ne Stunde gebraucht, um hier anzukommen‘, erklärte ich. ‚Oooooh, du Aaaaarme‘. ‚ Schnauze‘. ‚Ja, wie, das ist alles?‘ ‚Ja, nein, naja. Und dann hatte ich auch noch die neuen Schuhe an und hab mir ne Riesenblase an der linken Ferse gelaufen, verdammte Scheiße.‘ ‚Ach Gottchen. Du hast vielleicht Probleme. Und ich lass jetzt mal das Argument mit den armen Kindern in Afrika, die nicht mal Schuhe haben…‘ ‚Schnauze.‘