Meine Challenge: Abschalten

Vor ungefähr vier Wochen habe ich ein Experiment gestartet: Ich schränke meine Smartphone-Nutzung ein. Von 22 Uhr bis 6.45 Uhr morgens habe ich keinen Zugriff auf eine Vielzahl von Apps, außerdem habe ich die Zeit in Social-Media-Apps begrenzt. Das bedeutet nicht, dass ich die Apps nun wirklich immer nur in diesem Zeitrahmen nutze (Es gibt die Möglichkeit, auf „Limit ignorieren“ zu klicken und sich dann entweder 15 weitere Minuten oder sogar durch Klick auf „Heute kein Limit“ unbegrenzten Zugriff bis 0 Uhr zu holen).

Was sich seitdem verändert hat? Zum einen wird mir nun täglich bewusst, wie häufig ich mein Smartphone für eben diese Aktivitäten nutze. Wenn ich berufsbedingt in den Kanälen recherchierte, poppte die Meldung, dass ich noch fünf Minuten meiner Social-Zeit zur Verfügung habe, bereits um 13.35 Uhr auf.

Zum anderen liebe ich mittlerweile die 22-Uhr-Schranke. Sie diszipliniert mich ungemein und hat meine Abende verändert. Mal lese ich noch ein bisschen in einem Buch, mal mache ich mir einen Podcast an. Auf jeden Fall schalte ich bewusster ab. Und das tut gut.
Ebenso entspannend, aber das mache ich schon viel länger so: auch tagsüber keine Pushmeldungen mehr. Nur SMS und Whatsapp lasse ich noch durch. Für alles andere muss ich mich bewusst entscheiden.

Und jetzt bin ich gespannt: Was machst du, um deine Zeit bewusster einzuteilen? Nichts, weil es ohnehin gut klappt? Oder legst du dein Smartphone an einem Tag der Woche gar komplett beiseite und bist unerreichbar? Hast du nur den „Nightshift“-Modus aktiviert?

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7 Tipps für virtuelle Seminare und Workshops

In dieser Woche hatte ich mein letztes zweitägiges Seminar für dieses Jahr. Natürlich haben wir wieder gezoomt. Während ich in den ersten Monaten der pandemiebedingten Heimarbeit immer sehr ausführlich die unterschiedlichen Funktionen des jeweiligen Tools erklären musste und wir diese gemeinsam ausprobiert haben, ist das oft gar nicht mehr in dieser Ausführlichkeit notwendig. Die Mikrofone werden bereits automatisch ausgeschaltet – viele von uns sind Profis in virtuellen Meetings, Workshops und Seminaren geworden.

Das für mich überraschendste: Die Arbeit im digitalen Raum kann sogar noch intensiver sein! Denn: Zum einen sitzt du deinem Gegenüber ja sonst auch viel mehr auf Abstand und zum anderen kannst du dich in der 1:1-Situation ja auch viel intensiver auf dein Gegenüber einlassen, zuhören und interagieren. Das weiß ich mittlerweile wirklich zu schätzen!

Aber jetzt sieben Dinge, auf die es in virtuellen Seminaren und Workshops immer ankommt.

1. Guter Ton: Ha, sogar im doppelten Sinn! Und natürlich Mikros aus, wenn nix gesagt wird, damit Hintergrundgeräusche nicht stören (Wenn die Katze in der Küche Randale schiebt). Ich arbeite mittlerweile mit einem Headset und bin sehr zufrieden.

2. Licht von vorne: Klingt logisch, ist es auch, denn wenn das Licht von hinten kommt, siehst du von deinem Gegenüber nix. Wer ein bisschen aufrüsten will, besorgt sich ein günstiges Ringlicht.

3. Bildschirme an: Damit ein Seminar gut gelingt, bitte ich die Teilnehmenden immer darum, die Kameras anzulassen, sofern es die Bandbreite zulässt. Mir hilft das sehr, weil ich dann viel besser die Teilnehmenden einbeziehen kann, aber auch Fragezeichen sehen und direkt ansprechen kann.

4. Pausen: Nach 1,5, maximal zwei Stunden mache ich mindestens 15 Minuten Pause.

5. Virtuelle Kaffeeküche: Was ich am meisten am persönlichen Austausch vermisse? Die Gespräche in den Pausen, das Informelle. Einfach einen Breakout-Room (geht zumindest in Zoom) anlegen, in den die Teilnehmenden in den Pausen gehen können zum ungestörten Austausch.

6. Weniger ist mehr: Es gibt so viele verschiedene Tools, von Miro, über Mural bis hin zu Stimmungsmessern etc. Alles schön, aber für viele eben noch eine technische Hürde. (Kerstin Hoffmann hat das Thema Barrierefreiheit kürzlich ebenfalls thematisiert!)

7. Führung: Es fängt bei der Vorstellungsrunde an und hört bei der Feedbackrunde und Abmoderation auf: Vieles dauert im virtuellen Raum länger, manche unnötigen Pausen lassen sich aber auch vermeiden.

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Werden Medien gerade ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht?

Wir haben derzeit wieder diese Tage, an denen ich noch sorgenvoller beobachte, wie Medien über die aktuellen Geschehnisse berichten. Wie sie sich überschlagen mit Eilmeldungen bzw. jeden kleinen Schnipsel zu einer machen, weil das Thema wieder „zieht“. Oder auch: Weil viele Menschen in großer Sorge sind, um ihre Zukunft, ihre Existenz, die Zukunft ihrer Freunde und Bekannten, ihre Familienmitglieder – und jeden Nachrichtenschnipsel dankend annehmen. Ja, sogar Digitalabos abschließen, um nichts zu verpassen. Ein Teufelskreis der Aufmerksamkeitsökonomie.

In der Süddeutschen Zeitung geht der Medienwissenschaftler Stephan Russ-Mohl sogar noch einen Schritt weiter und schreibt den Medien sogar eine Mitschuld an dem für November beschlossenen Maßnahmen zu: „Vielmehr haben die Medien mit ihrem grotesken Übersoll an Berichterstattung Handlungsdruck in Richtung Lockdown erzeugt, dem sich die Regierungen in Demokratien kaum entziehen konnten.“

Die Fragen, die ich mir immer öfter stelle: Werden Journalistinnen und Journalisten, die gerne als vierte Gewalt angesehen werden und sich zu gerne auch selbst so sehen, werden sie der damit verbundenen Verantwortung in der demokratischen Gesellschaft gerecht? Bzw. können sie dieser noch gerecht werden, wenn die Art wie und über was sie berichten, so sehr wie derzeit vom monetären Erfolg abhängt?

Auf den Medientagen in München hielt der Journalist und langjährige Medienmanager Wolfgang Blau eine viel beachtete Keynote und sagte: „Journalismus muss der Wahrheit verpflichtet sein. Anders formuliert: Journalismus darf sich natürlich nicht vereinnahmen lassen.“

Ich würde mir wünschen, dass sich viele Medienschaffende darauf gerade jetzt besinnen.

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Politisches Framing: Wir brauchen neue Begriffe in der Corona-Debatte

Social Distancing, Beherbergungsverbot, Sperrstunden, Kontaktbeschränkungen, Maskenpflicht, Feiernde werden zu Gefährdern – das sind die Formulierungen und Begriffe, die die Nachrichten derzeit bestimmen. Gleichzeitig wird es kälter, die lauen Sommerabende, an denen wir draußen sitzen konnten und ein Gefühl von altem Leben in Gesellschaft genießen konnten, werden schwieriger. Angesichts der deutschlandweit steigenden Infektionszahlen kommen Erinnerungen ans Frühjahr hoch und Begriffe wie Lockdown rücken wieder näher.

Es ist schon eine Weile her, dass das Buch „Politisches Framing“ von Elisabeth Wehling (Affiliate-Link) erschienen ist, aber da ich mich derzeit mit der Wirkung von Sprache beschäftige, habe ich es erst jetzt gelesen und halte es für aktueller denn je. 

Framing beschreibt den Prozess der Einbettung von Themen in ein gewisses Deutungsraster. Wir nehmen Informationen wahr und selektieren und strukturieren diese, um diese besser einzuordnen. Kommunikationsprofis nutzen bestimmte „Frames“, um Probleme offen zu legen, moralisch zu bewerten oder in einer vermeintlichen Nachricht durch die Verwendung bestimmter Begriffe auch gleich eine Handlungsempfehlung mitzuliefern. Denn, so schreibt Elisabeth Wehling auch in ihrem Buch: „Sprache aktiviert und festigt Metaphern in unserem Gehirn!“

Steuern sind nicht etwa Zahlungen, um unser gesellschaftliche Leben zu ermöglichen, sondern eine „Last“, für die Vermeidung von Steuerzahlungen gibt es niedliche „Schlupflöcher“, es gibt Steuerparadiese und -oasen. Die Worte, mit denen wir das System beschreiben, das uns ermöglicht, relativ frei und unbelastet in Deutschland zu leben, machen eben dies nicht unbedingt deutlich.

Wie wir Arbeitsverhältnisse beschreiben, ist davon geprägt: Arbeitnehmer nehmen Arbeitsaufträge des Arbeitgebers entgegen und ist mindestens überarbeitenswürdig – gerade auch vor dem Hintergrund von Agilität und New Work. Arbeitende Menschen werden durch „HR“ – Human Resources – zu Objekten. Auch die Art und Weise, wie wir die Klimadebatte führen, blendet völlig aus, dass der Mensch selbst Verursacher ist – ja, das Klima wandelt sich nur ein bisschen – Ende offen. 

Ich kann die Lektüre des Buchs von Elisabeth Wehling wirklich empfehlen – Asyl, Terrorismus, Schwangerschaftsabbrüche – sie liefert viel Inspiration, genau darüber nachzudenken, welche Worte wir verwenden (sollten).

Dies wissend und zum Beginn meines Textes zurückkommend: Hältst du die oben genannten Begriffe für geeignet, Menschen davon zu überzeugen, als Gesellschaft zusammenzuhalten und eine Überlastung unseres Gesundheitssystems zu verhindern? Ich nicht.

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Fünf gute Gründe für „Neue Narrative“

Heute möchte ich dir von einem wunderbaren Zeitschriftenprojekt erzählen, das aus meiner Sicht ganz viel richtig macht. Es geht um „Neue Narrative“, auf das ich bei Instagram aufmerksam geworden bin, was die irgendwie mitbekommen und mir eine Ausgabe zum Testen angeboten haben. Und das habe ich gemacht.

Checkin: „Neue Narrative“ will ein Wirtschaftsmagazin sein, das sinnorientiert, verantwortungsbewusst und selbstorganisiert ist, dreimal im Jahr erscheint und den Untertitel „Das Magazin für neues Arbeiten“ trägt. Und darum geht es auch. Und vieles hier ist anders, als in anderen Magazinen. New Work steht nicht nur im Namen, sondern ist auch Programm. 

Fünf gute Gründe, warum auch du dir „Neue Narrative“ mal genauer anschauen solltest.

1. Das Konzept: Ja, darüber sollte ich auch noch ein paar Worte verlieren, denn das Heft hat einen auf den ersten Blick ungewöhnlichen Aufbau: Es startet mit einem Checkin anstatt eines Editorials und endet mit einem Checkout, das die wichtigsten Erkenntnisse noch einmal zusammenfasst, inklusive Checkout-Frage an die Lesenden und Platz für Notizen. Es werden Tools vorgestellt, die direkt angewendet werden können. Immer wieder sind Seiten eingestreut für Reflexionsfragen wie zum Beispiel „Ist dir immer bewusst, dass du dich in deinem Urteil auch irren könntest“? 

Neue Narrative ist keine normale Zeitschrift, eher ein Arbeitsbuch, das dir die Möglichkeit gibt, an dir zu arbeiten. Ein wenig erinnert mich das an Magazine wie „Flow“, „Neue Narrative“ ist viel weniger esoterisch, wirklich Business, New Business, und dennoch verständlich und relevant. 

2. Die Digital-Strategie: Einige der Inhalte, die im Heft abgedruckt sind, sind auch online verfügbar, was mir hier die Möglichkeit gibt, auf das Tool „Tretralemma„, die Kolumne „Kinski meets McKinsey“ oder den Artikel über die Theory U hinzuweisen. Das ist auch sinnvoll, erhalten Interessierte so einen Eindruck über die Inhalte. Mich haben diese Artikel sogar eher neugierig auf das Gesamtkonzept gemacht und auch als Leserin der gedruckten Ausgabe sehe ich den großen Mehrwert dieses Arbeitsbuches. Ganz besonders mag ich, dass ich mir – ganz altmodisch – überall Notizen machen kann. 

3. Die Social-Media-Strategie: Ohne Social-Media hätte ich dieses Magazin gar nicht kennengelernt. Wer dem Account bei Instagram folgt, bekommt Wissen pur und ein bisschen Selbstfindung mit guten Coachingfragen ist auch inklusive. Die perfekte Inspiration und ein guter Teaser, um neugierig auf das Hauptprodukt zu machen.

4. Die Transparenz: „Neue Narrative“ gab es auch eine Weile am Kiosk, von diesem Vertriebsmodell hat sich der Verlag aber wieder verabschiedet. Warum und was das für das Geschäftsmodell bedeutet, macht das Team sehr transparent. Auf der Aboseite steht aus meiner Sicht zwar ein bisschen zu sehr der „Purpose“ im Vordergrund, aber es wird transparent gemacht, wie viel Geld es benötigt, um auf einigermaßen wirtschaftlichen Beinen zu stehen. Das ist mindestens sympathisch.

5. Die neuen Arbeitsweisen: „Neue Narrative“ schreibt nicht nur über „neue Arbeit“, sondern lebt sie. Das aktuelle Magazin ist – wie so viele Medien – komplett im Homeoffice entstanden und obwohl bereits vorher agil gearbeitet wurde, hat die Redaktion noch etwas über sich und die Zusammenarbeit lernen können. Das macht sie auch transparent. Wie Agilität in Redaktionen angewendet werden und was das auch für die Entstehung von Texten bedeuten kann, das hat Dirk von Gehlen vor einiger Zeit bereits aufgeschrieben. Eine Produktionsweise, die für Journalisten des „alten Schlags“ auf den ersten Blick sehr ungewöhnlich erscheint. Die aber sehr erfrischend Egos dem Produkt unterordnet. 

Checkout: Ich hab ein Abo abgeschlossen.

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Warum dein Newsletter ein Problem lösen sollte

Neulich im Seminar. Thema: Newsletter. In der Kennenlernrunde frage ich gerne nach, welche gerne gelesen werden, Lieblingsnewsletter sozusagen. Die Antworten: In Hamburg steht die Elbvertiefung immer hoch im Kurs, junge Frauen nennen hier gerne Steingarts Morning Briefing, aber auch nicht-mediale werden genannt: die Angebote eines Biokistenanbieters werden hier sehr geschätzt und auch ich erwische mich dabei, an den elektronischen Service des griechischen Lagerverkaufs in meinen Viertel zu denken: Einmal in der Woche erhalte ich dort Angebote, ein Rezept und die Erinnerung, eventuell mal wieder Grillwürste zu bestellen.

Warum? Weil uns all diese elektronischen Briefe einen Mehrwert liefern: relevante Informationen, Überraschung, Haltung, Service, Inspiration – Lösungen!

Was das auch bedeuten kann, lernte ich am Montag, als eine Teilnehmerin sagte, dass sie in diesem Zusammenhang auch den Alert-Service der Hamburger Müllabfuhr nannte. Käme immer per Mail, würde sie jedes Mal lesen und sorge in der Familie sogar für Gesprächsstoff, weil entschieden werden muss, wer diesmal die Tonne rausstellt.

Während sich viele von uns immer wieder darüber Gedanken machen, welchen Mehrwert sie Leserinnen und Lesern, Kundinnen und Kunden liefern können, welche aufwändigen Recherchen getätigt und exklusiven Informationen herangekarrt werden sollten, kann ein einfacher, voll automatisierter E-Mail-Service ausreichen.

Denn: Relevant ist nicht das, was du als relevant empfindest. Oder um es mit dem amerikanischen Autoren und Marketing-Guru Seth Godin zu sagen: „Don’t find customers for your products, find products for your customers.”

Dieser Text stammt aus meinem wöchentlichen Newsletter, in dem ich regelmäßig über Digitalisierung, Medienwandel und Social Media schreibe. Melden Sie sich hier an!

Massenkommunikationstrends 2020: Wie die Deutschen Medien nutzen

Welche Medien nutzen die Deutschen? Das ist eine der Fragen, die die Massenkommunikationstrends 2020 jedes Jahr beantworten möchte, eine Langzeitstudie von ARD und ZDF. Basis dafür sind telefonische Interviews. Und natürlich: Es ist EINE Studie von vielen, die es dazu gibt. Aber es ist eine, die seit 1964 durchgeführt wird und deshalb auch Aufschluss über langfristige Trends gibt mit vergleichbaren Daten. Was sind die spannendsten Ergebnisse in diesem durch Corona und Co. besonderem Jahr? Hier die aus meiner Sicht sieben wichtigsten Erkenntnisse.

Erstens: Jede Person ab 14 Jahren wird pro Tag mit mindestens einem medialen Inhalt erreicht – egal ob jung oder alt. Und in allen Altersgruppen gilt: Video vor Audio vor Text. Unterschiede gibt es nur in den Inhalten, Plattformen und Verbreitungswegen, sowie in der Nutzungsintensität.

Zweitens: Bei der Videonutzung gibt es eine Schere zwischen den Ü50 und U50: Während bei Ü50 immer noch die lineare Fernsehnutzung dominiert, ist es bei U50 anders: Die Bedeutung von Live-Fernsehen nimmt weiter ab. Bei den 14 bis 29-Jährigen dominieren Youtube, Streamingdienste und soziale Netzwerke. Hier manifestiert sich für die Auftraggeber der Studie: Wenn sie junge Menschen erreichen wollen, dann nicht mehr über die klassischen TV-Kanäle.

Drittens: Bei der Audionutzung dominiert in der Gesamtbevölkerung noch das Radiohören, wenn auch mit einem leichten Rückgang. Das Spannendste: Die 14- bis 29-Jährigen haben von allen Alterskohorten die größte Audionutzung pro Tag – dominierend hier: Musik über Streamingdienste, klassisches Radio und Musik über Youtube. Plus: Die Podcastnutzung ist in dieser Altersgruppe doppelt so hoch wie die der Gesamtbevölkerung.

Viertens: Die Textnutzung nimmt weiter ab – in allen Altersgruppen, aber besonders heftig wieder einmal bei den Unter-30-Jährigen. Bemerkenswert finde ich hier vor allem die verstärkte Nutzung von gedruckten Büchern. Die Studie sieht das auch als Corona-Effekt. Spannend allerdings: E-Books konnten hier nicht profitieren.

Fünftens: Obwohl die Nachrichtenseiten durch Corona Nutzungsrekorde vermeldeten, ist laut dieser Studie die Nutzung von Artikeln oder Berichten im Internet aber auch die Nutzung von gedruckten Artikeln und Berichten rückläufig. Hier scheint diese Studie keine echten Erkenntnisse zu liefern. Fakt ist aber sicherlich: Mit Texten Menschen zu erreichen, wird in den kommenden Jahren immer schwieriger werden. Looking at you, Verlagshäuser.

Sechstens: Bei der Mediennutzung im Tagesverlauf ist der Corona-Effekt ebenfalls spannend: Insgesamt wurden mehr Medien konsumiert, allerdings weniger am frühen Morgen (der fehlende Arbeitsweg). In der sogenannten Primetime ist die Videonutzung sogar nochmal gestiegen – offenbar durch den Mangel an Alternativen wie unter Leute gehen und dem Bedürfnis, sich irgendwie abzulenken.

Siebtens: Der Versuch der Öffentlich-Rechtlichen Streamingdiensten mit Mediatheken etwas entgegenzusetzen, funktioniert so mittel. Zwar etablieren sich diese einigermaßen, doch große Sprünge in der Nutzung gibt es nicht. Das könnte sicherlich auch daran liegen, dass die dort dargebotenen Inhalte vor allem für die Zielgruppe gemacht sind, die das lineare Fernsehen auch nutzt. Die Studie selbst kommt zu dem Schluss: „Dies ist ein Hinweis darauf, dass die erst in Ansätzen umgesetzte Positionierung der Mediatheken als eigenständige Angebote beschleunigt werden sollte.“

Fazit: Viele Trends der vergangenen Jahre haben sich 2020 fortgesetzt oder haben sich coronabedingt sogar verschärft. Wer weiterhin versucht, mit altbewährten Rezepten junge Menschen zu erreichen, sollte vielleicht über einen Berufswechsel nachdenken. Du musst verstehen, wie deine Zielgruppe tickt, um die perfekten Inhalte für sie bereitzustellen.

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Medienkompetenz für alle

Ich erinnere mich nicht an DEN einen Moment, aber wenn ich darüber nachdenke, warum ich mich während meines Studiums darum bemüht habe, irgendwas mit Journalismus zu machen, dann haben die Lehrenden an meiner damaligen Schule schon einen Beitrag dazu geleistet. Nachrichtenkompetenz zu vermitteln, stand da durchaus auf der Tagesordnung. Ein Lehrer gab uns FAZ-Artikel, der andere bevorzugte die SZ und fotokopierte immer wieder Artikel, die wir dann im Unterricht besprachen. In einer der höheren Klassen nahmen wir dann auch am FAZ-Projekt „Jugend schreibt“ teil und erhielten somit ein Jahr lang die FAZ-Papierberge nach Hause.

Umso mehr haben mich in den vergangenen Tagen die Ergebnisse einer Umfrage erschrocken, nach der Lehrende in bestimmten Teilen Deutschlands das Vermitteln von Nachrichtenkompetenz als nicht allzu wichtig einordnen, selbst ein verzerrtes Bild des deutschen Mediensystems haben und vor allem im Osten Deutschlands Medien kein großes Vertrauen entgegen bringen. Immerhin 19 Prozent der Lehrkräfte glauben sogar, dass Nachrichten, die eigentlich wichtig seien, verschwiegen werden und nur in sozialen Netzwerken zu finden sind.

In der Pressemitteilung bezeichnet Dietmar Wolff, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger, die Ergebnisse als besorgniserregend und fordert „gerade in Zeiten von Corona“ gut ausgebildetes Lehrpersonal, „das flexibel auf Informationsbedürfnisse reagiere“. Nachrichtenkompetenz sei für ihn eine Schlüsselkompetenz. Dem kann man nicht widersprechen. In der taz wünscht sich Wolff eine regelmäßige Fortbildung der Lehrkräfte.

Den Punkt finde ich spannend: Auch wenn die Verlage mit Programmen wie „Jugend schreibt“ natürlich vor allem den Nachwuchs für den Journalismus begeistern wollen und das Vermitteln von Medienkompetenz eher mitgeliefert wird, wäre ein „Lehrkraft schreibt“ bei der FAZ oder eine Lehrenden-Version der Texthelden bei der Rheinischen Post zumindest eine Idee, wie man Medien- und Nachrichtenkompetenz vermitteln könnte. Auch wenn diese Programme natürlich den bitteren Beigeschmack haben, vor allem die geschriebenen Medien – ob gedruckt oder digital – kompetent zu nutzen.

Wichtig wäre aus meiner Sicht aber auf jeden Fall ein Umdenken. Denn wenn der Fokus in der Debatte um die Vermittlung von Medienkompetenz bisher vor allem auf den Kindern und Jugendlichen liegt, sollten so schnell wie möglich auch Erwachsene und vor allem Lehrende berücksichtigt werden.

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Das neue Normal – wie lange noch?

Gestern bei der Einschulung meines Sohnes war er wieder da, dieser Moment: Die Direktorin der Schule begrüßte die Familien der Erstklässler, freute sich alle zu sehen und entschuldigte sich dann sofort, dass wir ja nun heute auf dem Schulhof im Freien seien und nicht wie sonst in der großen Kirche mit allen Erstklässler und deren Familien. Dass die Drittklässler nicht singen würden wie sonst, sich aber auch was Schönes ausgedacht hätten. Dass es eben eine besondere Situation sei. Rechtfertigungen für Dinge, mit denen viele der Anwesenden gar nichts anfangen konnten, weil sie die alte Situation ja gar nicht kannten, aber hier sofort den Eindruck bekamen, dass das hier nur eine Notlösung, nichts richtig Besonderes sei. Meine liebe Kollegin Kerstin Hoffmann nennt das in ihrem Video gerade die Entschuldigungsfalle.

Bewusst oder unbewusst lenkte die Direktorin also die Aufmerksamkeit auf all die von ihr empfundenen Defizite, weil sie es so in den vergangenen Jahren so gemacht hatte und ungewohnt war. Für mich allerdings und ich denke für viele andere und vor allem für die Kinder war dieser Moment ein besonderer. Wir saßen auf dem Schulhof unter dicken Bäumen, die Schatten spendeten, wir erlebten einen feierlichen Moment, in dem unsere Kinder voller Stolz ihre Schultüten hielten und gemeinsam mit der Klassenlehrerin gemeinsam die Schule betraten und danach freudestrahlend verkündeten, sogar schon Hausaufgaben zu haben. Für mich passte das alles ganz wunderbar und ich fand es sogar besser als in der überfüllten Kirche zu sitzen. Die Situation hatte also sogar Vorteile!

Und das ist ja kein Einzelfall. Online-Seminare und digitale Workshops wurden in den vergangenen Monaten – oft zu unrecht – als Notlösung verkauft, obwohl sie bei guter Vorbereitung und Anpassung von Tools und Methoden einen mindestens genauso großen Nutzen haben. Eine eigentlich in Präsenz geplante Fortbildung schaffte durch die digitalen Räume eine noch viel größere Intimität und intensive Momente, die im realen Zusammentreffen gar nicht möglich gewesen wären.

Viele sprechen vom neuen Normal, aber nur in der Abgrenzung zum alten und in der Abwertung des Neuen. Dabei haben die vergangenen Monate doch gezeigt, dass wir uns sehr gut anpassen können. Und das nicht nur, wenn wir es müssen. Wenn wir ehrlich sind, gab es doch bei vielen eben diese Momente, die gezeigt haben, dass es sich auch lohnt, Veränderung zu wollen.

Der Sinn von QR-Codes – endlich entdeckt!

Wusstest du, dass es den QR-Code schon seit 1994 gibt? Laut Wikipedia wurde er zur Markierung von Baugruppen und Komponenten für die Logistik in der Automobilproduktion von Toyota entwickelt. Ebenfalls dort zu lesen ist, dass die Erfinder 2014 mit dem Publikumspreis des Europäischen Erfinderpreises ausgezeichnet wurde. Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber bisher hat mir der QR-Code keine Vorteile gebracht. Vielmehr war ich mal genervt, wenn eine Zeitschrift mich mit Hilfe des kryptischen Codes auf seine Webseite locken wollte. Oder fragte mich, ob es auf großen Out-of-Home-Plakaten nicht sinnvoller wäre, die Website gut leserlich draufzudrucken, als zu hoffen, dass ich an viel befahrenen Straßen eine Vollbremsung hinlege, um mir den QR-Code abzufotografieren. 

Es mussten einige Jahre ins Land gehen, bis endlich ein Use Case entstanden ist, an dem auch ich verstehe, wie nützlich ein QR-Code sein kann. Denn einige Restaurants, die ich gerne in der Mittagspause besuche, sind dazu übergegangen, das Hinterlassen der Kontaktdaten zur Nachverfolgungen von Infektionsketten per QR-Code zu regeln. Auf Tischen liegen also nicht Formulare, die es auszufüllen gilt, sondern QR-Codes, die jeder abfotografieren und danach direkt das Online-Formular ausfüllen kann. Herrlich einfach, wenn du deine Daten dann noch per Autofill eingibst. 

Nutzt du QR-Codes und schüttelst den Kopf, wie ich deren Sinn erst jetzt erkennen konnte? Dann schreib mir gerne. Ich lerne gerne dazu.

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