FILM: Requiem

Schlau war es nicht gerade, an einem Samstagabend in das Kino im Medienhafen zu gehen. Lange Schlangen und jede Menge Deppen, die anscheinend nur ins Kino gehen, weil die Angebetete mal wieder wollte oder weil es sich eben so gehört. Bewusst für einen Film scheinen sich aber nur die wenigsten zu entscheiden. Zumindest ein Großteil derer, die sich mit dem Mann meines Herzens und mir „Requiem“ anschauten. Die setzten alles daran, dass der Abend für alle Mitseher zu einem Desaster wurde. So ganz ist das der Prollgruppe hinter uns allerdings nicht gelungen. Obwohl sie bei jedem Auto, was durch den Film fuhr, lautstark den Markennamen artikulierten und bei besonders ruhigen Momenten wie wild in ihrer Popcorntüte wühlten. Oder laut gröhlten, weil die sich ja soooo lustig geküsst haben. Alles in allem fanden die den Film dann natürlich auch scheiße. Ich aber nicht. Ich war einerseits fasziniert. Andererseits, naja, „verstört“ wäre der falsche Begriff, aber zumindest berührt. Und aufgewühlt.
Der Film erzählt die Geschichte der 21-jährigen Michaela, die an Epilepsie erkrankt ist und bei ihren Eltern in einem sehr religiösen Dorf lebt. Wegen ihrer Krankheit musste sie bereits ein Schuljahr aussetzen. Da erhält sie mit der Zulassung zum Studium endlich die Möglichkeit, ihr eigenes Leben zu beginnen. Raus aus dem Dorf nach Tübingen. Sie blüht auf, lernt sogar einen Typen kennen. Doch lange hält dies nicht an, plötzlich hört sie Stimmen. Die Angst vor der Krankheit, die sie glaubte, besiegt zu haben, kehrt zurück. Die Medikamente helfen nicht, sie flüchtet in ihre Religion.
Mit „Requiem“ hat Hans-Christian Schmid einen Film geschaffen, der auf sehr einfühlsame aber auch erschreckende Art und Weise darstellt, wie das junge Mädchen letztendlich an ihrem Glauben und ihrer Sturheit zu Grunde geht. Aus Unwissenheit, Angst und einem unerschütterlichen Glauben. Ein Film, über den man noch eine Weile nachdenken muss. Über die Rolle, die Glauben in einem Leben spielen kann und über diese Selbstverständlichkeit, mit der diese Michaela bereit ist, sich zu opfern.

FILM: Ich und du und alle, die wir kennen

Da ist Christine, die Videokünstlerin, die sich ihren Lebensunterhalt damit verdient, dass sie alte Menschen durch die Gegend fährt. Da ist Richard, dieser Schuhverkäufer, der sich gerade von seiner Frau getrennt hat, und ein Appartment in der Stadt bezieht. Da sind seine beiden Söhne, Robby und Peter, die sich im Chat mit älteren Frauen, auf sexuelle, aber dennoch kindliche Weise unterhalten. Und da sind die pubertierenden Mädchen aus Peters Klasse, die, um herauszufinden, welche von beiden besser bläst, Peter entscheiden lassen. Nachdem sie kurz vorher beschlossen haben, den pädophilen Nachbarn nicht an sich heranzulassen.
In all diesen Episoden geht es darum, dass Menschen auf der Suche nach Nähe, vielleicht sogar Liebe sind. Bis ich allerdings zu dieser Erkenntnis kam, mussten zwei Tage vergehen, denn als ich aus dem Kino stiefelte, war ich mir zunächst überhaupt nicht sicher, was der Film jetzt eigentlich wollte. Denn die Geschichten waren zwar alle sehr nett erzählt, doch endete der Film beinahe so, wie er begonnen hatte. Klar, der eine hatte seine Liebe gefunden, der andere sie gerade wieder verloren und irgendwie hatten auch alle etwas gelernt. Aber dafür einen ganzen Film machen?
Mittlerweile ist meine Antwort auf diese Frage ein „Ja. Unbedingt.“ Denn der Regisseurin Miranda July ist ein kleiner, leiser Film gelungen, der diese Momente des Suchens sehr schön einfängt. Sie unterlegt die Szenen mit sehr schöner Musik, ein paar feine Lacher gibt es auch. Fertig ist ein Film, der zunächst belanglos daherkommt und dann doch gerade wegen seiner Ruhe gewinnt.

FILM: Urlaub vom Leben

Ich kann sehr gut nachvollziehen, wie sich Rolf Köster zu Beginn des Films fühlt. Seit Jahren ist er Kassierer in einer kleinen Filiale in der Sparkasse Bremen, täglich die gleichen Gesichter. Jeden Morgen geht er joggen, legt die Rückkehr in den Schoß der Familie immer genau so, dass er seiner Frau, dem kleinen Paul und Berit, die in der Schule zu den Außenseitern gehört, nicht mehr begegnen muss. Der Weg zur Arbeit im öffentlichen Bus, immer die gleichen Rituale, keine neuen Gedanken, keine neuen Impulse. Rolfs Körper rebelliert. Sein Chef schickt ihn nach Hause, Urlaub. Urlaub vom Leben für eine Woche.
Seltsamerweise musste ich während des Films immer wieder an eine Freundin denken, die nach sechs Jahren in der Bankfilale den Job an den Nagel hing und noch einmal studieren gegangen ist. Nach einer Woche Urlaub kündigt auch Rolf. Durch die Auszeit hat er erfahren, dass seine Frau ihn mit dem Schuldirektor betrügt und dass ihm wohl doch mehr an seinen Kindern liegt, als er bisher zugeben wollte. Er interessiert sich wieder für seine Familie und er hat endlich wieder das Gefühl, glücklich zu sein.
Klingt alles ein bisschen zu toll? Ja, das ging mir auch so. Der Film war zu glatt und die schönen, leisen Momente zu rar gesät. Eine Woche Urlaub und dann weiß man, dass das Leben so nicht mehr weitergehen kann? Zu wenig merkt man Gustav Peter Wöhler an, dass sich in ihm etwas regt, was man sieht, ist der immer gleiche Blick, dem zwar im Laufe des Films dann und wann ein Lächeln über dem Gesicht breit macht. Ich musste die ganze Zeit an Axel Prahl denken, dem die Rolle wohl auch ganz gut gestanden hätte.
„Urlaub vom Leben“ ist der erste abendfüllende Film von Neele Leana Vollmar, der übrigens in Zusammenarbeit mit „ZDF – Das kleine Fernsehspiel“ produziert wurde. Und auch wenn es doof klingt, kann schon sein, dass das der Grund dafür ist, dass man dann und wann das Gefühl nicht loswurde, dass der Film auf der Stelle trat. Und vielleicht entfaltet er an einem Montag vor dem Fernseher auch eine ganz andere Wirkung.

FILM: Elementarteilchen

Ich hatte ja bereits erwähnt, dass ich in letzter Zeit sehr gerne den Stern lese. Wegen toller Sprache, tollen Themen und der meist tollen Umsetzung. Seit letzter Woche weiß ich, dass es sich auch aus anderen Gründen lohnt. Weil man sich dort nämlich Karten für eine Preview von „Elementarteilchen“ sichern konnte. So gab es ein bisschen Berlinale-Feeling in Düsseldorf. Wie gesagt, ein bisschen. Ach ja, und gleichzeitig gibt’s Premium Content fürs Blog.

Nein, ich habe das Buch, welches als Vorlage für das Drehbuch diente, nicht gelesen. 40 Seiten habe ich geschafft, dann musste ich es beiseite legen. Kann mich nicht mehr erinnern, wahrscheinlich bin ich einfach nicht warm geworden, mit dem Stoff. Und hätte ich das Buch gelesen, dann wäre ich wahrscheinlich auch nicht ins Kino gegangen, nach den schlechten Erfahrungen, die ich in der Vergangenheit mit Buchverfilmungen machen musste.
Und auch wenn ich das Buch nicht gelesen habe, verstört es ein wenig, die Halbbrüder Michael und Bruno, in einer Berliner Bar (Warum in alles in der Welt nicht in Paris?) sitzen zu sehen. Beide teilt das gleiche Schicksal. Ihre Mutter zog es vor, ein Leben ohne ihre Kinder zu führen. Beide wuchsen bei ihren Großmüttern auf, wobei Bruno ab seinem 13. Lebensjahr im Internet lebte. Beide sind mit dieser frühen Zurückweisung nicht klargekommen. Während sich Bruno als gescheiterter Lehrer, Ehemann und Vater in den Alkohol und sexuelle Exzesse stürzt, zieht es Michael vor, ein Leben ganz für die Wissenschaft zu führen. Keine Frauen, keine Gefühle, nur die beinahe autistische Hingabe zur Molekularbiologie. Bruno, der sich nach einer Annäherung an eine Schülerin zunächst freiwillig in psychologische Behandlung begibt, lernt in einem Hippie-Camp Christiane kennen und Michael trifft bei einem Besuch in der Heimat seinen Jugendschwarm Annabelle wieder. Doch natürlich geht auch das alles nicht gut.
„Elementarteilchen“ ist kein Film, in dem man sich mit einer der vielen handelnden Personen identifizieren kann. Zu verstörend, zu durchgeknallt ist jeder einzelne Charakter und es fällt schwer, zu folgen, was in ihnen wirklich vorgeht. Ich hoffe, das Buch gibt da weniger Rätsel auf. Doch werde ich das Gefühl nicht los, dass eben diese Distanz, die der Film aufbaut, auch etwas mit den Schauspielern zu tun hat. Denn auch wenn ich Christian Ulmen wieder einmal brillant fand und ich immer wieder betonen muss, was für eine verdammt tolle Schauspielerin Martina Gedeck (Äh, wieso steht in der Wikipedia, welchen Body-Mass-Index sie hat?) ist, war ich von Moritz Bleibtreu, der den depressiven Bruno spielt, eher enttäuscht. Ich hab ihm die Rolle einfach nicht abgenommen. Wären da noch ein paar Anmerkungen, die ich zum Ende des Films machen muss. Denn nach allem, was ich von Michel Houellebecq gehört habe, war mir das Ende hier ein wenig zu happy-endig, zu glatt, zu, ach was weiß ich. Hab ich etwa im Abspann überlesen, dass Annabelle am Ende stirbt (Steht zumindest in der Wikipedia!)?
Ein Fazit? Schwierig. Nicht gerade befriedigend, dass ich mich bei der Interpretation des Films so sehr nach der Vorlage, dem Buch sehne. Muss wohl daran liegen, dass mich der Film nicht so richtig überzeugt hat.

FILM: Walk the line

Ja, warum wollte ich eigentlich diesen Film schauen? Es war wohl eine Mischung aus Interesse an Johnny Cash, mal-wieder-ins-Kino gehen-Gefühle und einem Interesse an den schauspielerischen Leistungen der beiden Hauptdarsteller. Schließlich sind beide für den Oscar nominiert und Madame Witherspoon hat ja bereits einen Golden Globe abgesahnt.
„Walk the Line“ berichtet von den wohl prägendsten Ereignissen des Johnny Cash. Wir blicken in seine Kindheit, in der er seinen Bruder verliert und in der ihm sein Vater unmissverständlich klar macht, dass er lieber ihn verloren hätte. Wir sehen ihn bei der Air Force, wo er den Song komponiert, mit dem er einige Jahre später im den Mann im Tonstudio überzeugt. Wir sehen, wie seine erste Frau nicht versteht, dass er ihr Leben nicht führen kann. Auf einer seiner Touren lernt Johnny Cash June Carter kennen, eine Frau, deren Lieder er schon gemeinsam mit seinem Bruder gehört hat. Er bewundert sie. Und sie ihn. Auch wenn er sich wegen des zunehmenden Erfolges und dem dadurch entstehenden Druck mit Pillen tröstet.
Ach, wie gerne hätte ich mich in diesem Film verloren, hätte mit June und Johnny gelitten und bei dem Heiratsantrag wie ein Schlosshund geheult. Doch leider „zündete“ dieser Film bei mir nicht. Ich blieb die ganze Zeit außen vor, blieb auf Distanz und ärgerte mich darüber, dass Reese „Natürlich blond“ Witherspoon (ja, ich reduziere sie bewusst auf diesen Film, schlagt mich doch, wenn ihr könnt, ätsch!) für diese schauspielerische Leistung, das Switchen zwischen Happy-happy-Bühnenperformance und betroffene-Blicke-im-Privaten, mit Preisen ausgezeichnet wird. Ok, ok, sie hat auch alles selbst gesungen, aber dafür allein bekommt man doch heutzutage bitte keinen Preis?! Ganz anders bewerte ich übrigens die schauspielerische Leistung von Joaquin Phoenix, der Johnny Cash in all seinen Facetten ganz wunderbar verkörpert hat.
Und klar: Hauptdarsteller sind nicht alles, da war schließlich noch die Musik, die ich als erstaunlich angenehm wahrnahm, und die wenigen Momente, die mir dann doch richtig gut gefallen haben. Als Johnny Cash im Gefängnis auftrat, als er den Entzug machte oder versuchte, an Thanksgiving mit seinem Vater zu reden. Doch all das half nichts, am Ende war ich enttäuscht. Und blieb zurück mit der Frage, ob ich mir für diese Hollywood-Schinken einfach der Zugang fehlt. Anke hat ihn. Und manchmal beneide ich sie dafür.

FILM: Caché

Gar nicht so einfach, etwas über diesen Film zu schreiben. Weil ich mir immer noch kein abschließendes Urteil über „Caché“ machen konnte, den neuen Film von Michael Haneke. Genau wie auch schon bei „Wolfzeit“ hinterlässt dieser Film ein merkwürdiges Gefühl, weil er nichts auflöst und die Frage nach dem „Täter“ einfach offen lässt. Weil sie nicht beantwortet werden muss. Wobei das schon wieder meine Interpretation ist.

Der Film beginnt, indem wir ein Haus beobachten. Kurz darauf wird klar, dass wir uns gemeinsam mit dem Literaturkritiker und Fernsehmoderator Georges Laurent und seiner Frau Anne ein anonym zugespieltes Video angeschaut haben. Die Kassette war in ein Blatt Papier gewickelt, das wie eine Kinderzeichnung anmutet, doch eine Gewalttat darstellt. Die beiden wissen nicht so recht damit umzugehen. Doch scheinen die Bilder bei Georges Erinnerungen hervorrufen. Erinnerungen an Ereignisse in seiner Kindheit, die er bisher nicht hat verarbeiten können. Als in den folgenden Tagen weitere Kassetten kommen, sogar in den Fernsehsender, verdichtet sich Georges Verdacht, dass sie irgendetwas mit seiner Vergangenheit zu tun haben muss. Damals war sein Verhalten Schuld daran, dass ein algerischer Waisenjunge nicht mit ihm zusammen auf dem elterlichen Hof aufwachsen konnte. Georges hatte den Jungen angestiftet, den Hahn zu köpfen. Woraufhin er, Majid ins Kinderheim kam.

Doch ist Majid auch die Person, die die Videokassetten an die Familie schickt? Kann sein, muss aber nicht, ist Hanekes Antwort. Einige Details sprechen dafür. Haneke gelingt es, den Zuschauer auf Distanz zu halten. Keine Chance, mit einer der Personen zu sympathisieren. Wir bleiben Beobachter, Voyeure, übernehmen ein bisschen die Rolle der Person, die der Familie die Videotapes zuschickt. Und schauen dabei zu, wie das Sicherheitsgefühl der beiden verschwindet, wie die Angst in den beiden aufsteigt und wie dieser Prozess den Status der Ehe offenbart.

Am Ende bleiben wir als Beobachter zurück. Es könnte sein, dass der Spuk nach dem Selbstmord von Majid ein Ende hat. Es könnte aber auch sein, dass die letzte Szene, in der wir beobachten, wie Majids Sohn sich mit dem Sohn der Laurents vor der Schule unterhält, nur eine weitere Videoaufzeichnung ist. Und der Terror kein Ende nimmt.

Und jetzt, nachdem ich all das aufgeschrieben habe, wird mir klar, dass mir „Caché“ doch richtig gut gefallen hat. Weil es Haneke gelingt, dass ich mich noch Tage später mit dem Film beschäftige, nachdenke. Darüber, wie gut es ihm gelungen ist, zu zeigen, wie es sich anfühlt, wenn einen Schuldgefühle plagen, ja, zerfressen. Ein guter Film, auf Hanekes Art.

FILM: Der ewige Gärtner

Justin Quaile ist Diplomat und das Gegenteil seiner Frau. Mit großer Hingabe pflegt er die Blumen in Büro und Garten und vermeidet offen ausgetragene Konflikte. Getreu dem Motto „Gegensätze ziehen sich an“ verliebt er sich in Tessa, eine Studentin, die kein Blatt vor den Mund nimmt und ihren jugendlichen Revoluzzergeist noch nicht abgelegt hat. Als Justin den Auftrag erhält, nach Afrika zu gehen, heiraten die beiden und gehen gemeinsam.
Dann werden Tessa und ihr schwarzer Kollege ermordet und der Diplomat legt alles daran, die Umstände des kaltblütigen Mordes aufzuklären. Dabei kommt er den Recherchen seiner Frau auf die Schliche, die herausgefunden hatte, dass ein britischer Pharmakonzern jahrelang in Kenia und anderen afrikanischen Staaten Medikamentenversuche durchgeführt hat, mit verheerenden Nebenwirkungen. Doch den Unternehmern gefällt Quailes neuerlicher Übermut nicht, so dass er schon bald selbst zur Zielscheibe wird.
Fernando Meirelles, der auch schon bei „City of God“ Regie geführt hat, hat einen berührenden Film geschaffen. Über die unterschiedlichen Welten in Europa und Afrika und das Aufeinanderprallen der Gegensätze. Dadurch dass Meirelles immer wieder zwischen den Handlungssträngen umherspringt und Erinnerungen einbaut, saß ich die ganze Zeit wie gefesselt im Kinosessel. Die Mischung aus Thriller und Liebesfilm, die durch die Handkamera hervorgerufene Authentizität, die durchaus beachtliche Leistung Ralph Fiennes (nein, ich habe „Der englische Patient“ nicht geschaut, auch wegen ihm), der die Wandlung des zurückhaltenden Diplomaten zum kämpfenden Rächer gut umgesetzt hat – all das macht „Der ewige Gärtner“ zu einem wirklich guten Film.

FILM: Sommer vorm Balkon

So, jetzt aber. Der Film liegt schon eine ganze Woche in meinem Kopf herum, ohne dass ich mich getraut habe, was zu schreiben. Der war doch so schön!

Also, los. Du willst wissen, wie sich ein Sommer in Berlin anfühlen kann? Willst wissen, was zwei Frauen erleben? Willst sehen, wie die beiden an warmen Abenden auf dem Balkon sitzen, wie sie trinken und über die Dinge sprechen, über die Freundinnen nun einmal reden, wenn sie abends gemeinsam auf dem Balkon sitzen? Willst wissen, wie es sich anfühlt, als alleinerziehende Mutter mit knapp 40 keinen Job zu finden? Oder wie es ist, wenn eine junge Frau Geld verdient, in dem sie alte Menschen pflegt? Wie sie einen Mann kennenlernt, von dem sie glaubt, dass es der Richtige sein könnte, zumindest für einen kurzen Moment? Die beiden Figuren, Nike und Katrin, werden von Nadja Uhl und Inka Friedrich so liebevoll gezeichnet, dass man wirklich glaubt, dass das, was da gezeigt wird, so gewesen ist. Das liegt zum einen an den wunderbaren Schauspielerinnen, aber auch an den Dialogen und am ganzen Drumherum. Wenn du gerne Filme schaust, in denen vermeintliche Belanglosigkeiten auf wunderbare Art und Weise gezeigt werden, dann schau ihn dir an. Sommer vorm Balkon. Vom großartigen Andreas Dresen.

(Puh, war ja doch nicht so schlimm.)

FILM: Match Point

Wie heißt es so schön? Woody Allen muss man mögen. Oder eben nicht. Es gibt viele, die die Filme von ihm einfach nicht ertragen können. Warum das so ist, kann ich leider nicht nachvollziehen, weil ich bisher noch keinen geschaut habe, den ich so richtig scheiße gefunden habe. Irgendetwas hatten sie immer. Und deshalb wollte ich auch „Match Point“ unbedingt schauen, sollte es doch ein ganz anderer, völlig untypischer Woody-Allen-Film sein.

Der Ex-Tennis-Profi Chris Wilton heuert in einem edlen Tennisclub als Lehrer an. Schon bald wird klar, dass er auf diese Weise nicht nur seinen Lebensunterhalt erwirtschaften will, sondern anhand der neu erworbenen Kontakte auch seinen sozialen Aufstieg plant. Als er dann Tom Ewett trainieren soll und dieser ihn sogleich in seine Familie einführt, scheint alles perfekt zu laufen. Er bandelt mit Toms Schwester Chloe an, die Liaison verschafft ihm einen lukrativen Job in einer der Familienfirmen, bald ist von Heirat die Rede. Wenn da nicht die schöne Nola wäre. Nola, gespielt von Scarlett Johansson, ist die Freundin von Tom, wahnsinnig scharf, (natürlich, wahrscheinlich kommt Frau Johansson aus dieser Art von Rollen einfach nicht mehr raus) und ein hoffnungsloser Fall, was ihre Karriere als Schauspielerin angeht. Natürlich hat Chris etwas mit ihr und als Tom sich irgendwann dann doch von ihr trennt, haben die beiden schon bald eine handfeste Affäre. Als Nola dann schwanger wird, muss sich Chris entscheiden. Soll er seinen sozialen Aufstieg gegen die leidenschaftliche Liebe mit beschränkten Karriereaussichten aufgeben? Chris entscheidet sich. Zwischen den beiden Welten, Frauen und Zukunftschancen und setzt dabei noch einmal alles auf eine Karte.

Während sich Chris in einer ganz normalen Hollywood-Schmonzette für die große Liebe entschieden hätte, ist Chris bei Woody Allen ganz und gar pragmatisch. Auf brutale Art und Weise beendet er die Affäre mit der schönen Nola. Doch so ganz scheint ihm der „Match Point“ zunächst nicht gelungen zu sein.

Lange, lange habe ich über den Film nachgedacht. Klar, super, dass Woody Allen nicht die immer gleiche moderne „Aschenputtel“-Geschichte erzählt hat. Der Film ist gelungen, keine Frage. Doch trotzdem hinterließ „Match Point“ bei mir eine Unzufriedenheit. Viel zu lang dauerte es, bis Allen zum Punkt kommt. War es wirklich notwendig, das Kennenlernen und gesellschaftliche Leben der Familie in dieser Detailverliebtheit darzustellen? Die immer wieder kehrenden Operbesuche, das ewige Dahingeplänkel zwischen Chris und Chloe, die Hochzeit des Bruders mit dieser anderen Frau, die sicherlich sehr ansehnliche Leidenschaft zwischen Chris und Nola, die meiner Meinung aber vor allem dazu diente, dem (männlichen) Zuschauer (noch einmal) Scarlett Johansson zu präsentieren. Das alles hätte man meiner Meinung nach straffen können, weil es dem Film ein wenig Schnelligkeit verliehen hätte. Eine Schnelligkeit, die er verdient hätte, allein um dem Bild des Tennisspiels (Match Point, gell?) gerecht zu werden.

FILM: King Kong

187 Minuten im Kino. 187 netto, weil vorneweg gab’s jede Menge Werbung. Und zwischendurch auch noch eine Pause von schätzungsweise 15 Minuten. 187 Minuten, um die Geschichte von King Kong zu sehen, einen Remake des Klassikers aus dem Jahr 1933. Und es war lang.
Auch das Remake spielt in der Zeit der großen Depression. New York. Regisseur Carl Denham (Jack Black) will unbedingt diesen Film drehen. Diesen Film über die unentdeckte Insel Skull Island mitten im Pazifik. Nur mit Mühe gelingt es ihm, eine Hauptdarstellerin (Naomi Watts als Anne Darrow) zu finden, den Drehbuchschreiber (Adrien Brody als Jack Driscoll) zum Mitreisen zu bringen und die Crew des Schiffs zu überreden, ihn zu dieser Insel zu fahren. Dort angekommen treffen sie erst einmal auf eine Menge Eingeborene und schließlich auch auf den großen Affen, der sich sogleich in die blonde Anne verliebt. Als Denham dann in den Unwägbarkeiten des Dschungels seine Kamera und Filme verliert, bleibt nur noch eine Möglichkeit, die Erlebnisse zu Geld zu machen: Der Affe muss mit nach New York und der Weltöffentlichkeit präsentiert werden.
Nun ja, wer hier regelmäßig die Texte über Filme liest, wird vielleicht bemerkt haben, dass diese Art von Kinounterhaltung nicht die meine ist. Viel lieber schaue ich mir die kleineren Filme an, die leisen. Und wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich mir diesen Film auch nie angeschaut. Warum? Ich kann das erklären.
Ich schaue mir gerne Filme an, die mir etwas erzählen wollen. Dieser Film will mir nur am Rande eine Geschichte erzählen. Es scheint eher, als ob er gemacht wurde, um dem Volk mal wieder zu zeigen, welche tollen Special-Effekte mittlerweile schon möglich sind. Wie eklig Tiere im Dschungel aussehen können (igitt, Riesenpenisse) und wie toll sich computeranimierte Dinosaurier mit Riesenaffen prügeln können. All diese Szenen waren immer ewig in die Länge gezogen. Die Hälfte der Zeit in diesen Kämpfen hätte völlig genügt.
Ich schaue mir gern Filme an, in denen die Hauptdarsteller mehr als einen Blick können. Könnte sein, dass ich mir nie wieder Filme mit Naomi Watts ansehen werde. Die gute Frau hatte genau einen Gesichtsausdruck drauf und den könnt ihr, liebe Leser, auf allen Filmplakaten sehen. Einziger Lichtblick: Jack Black (Was finden Frauen bitteschön an Adrien Brody? Ist es etwa die Nase????)
Tja. Leider haben sich all meine Vorurteile gegenüber dieser Art von Filmen bestätigt. Und wären da nicht noch diese vielen Kinder gewesen, die allesamt garantiert noch nicht das 12. Lebensjahr erreicht hatten, wäre es vielleicht auch nicht ganz so nervend gewesen. Oder wenn die 14-jährigen Mädels hinter mir, die sich den Film garantiert nur angesehen haben, um heute auf dem Schulhof die „größeren“ Jungs zu beeindrucken. Zugehört haben die nämlich kaum. Lieber traten sie von hinten gegen meinen Sessel und quatschten lautstark. Keine guten Voraussetzungen, aber Peter Jackson hätte sich auch wirklich etwas mehr Mühe geben und sich kürzer fassen können.
Aber sicherlich wird es dem Mann meines Herzens irgendwann wieder gelingen, mich noch einmal in sowas zu schleppen. Und vielleicht ändere ich ja dann meine Meinung. Bis dahin schaue ich mir aber weiter die kleinen Filme an. Und da gibt es im Januar gleich zwei, die ich dringend sehen muss.