FILM: Thank you for smoking

Tadadata! Ich war im Kino. Kein Film im Juli. Keiner im August. Und jetzt also endlich wieder ein Kinofilm. Und dann auch noch einer, in dem Katie Holmes mitspielt, die Frau, die Tommy Cruise ein Kind geschenkt hat. Was habe ich diese Frau in Dawson’s Creek gemocht und wie sehr stößt sie mich nun in jedem Film, den ich mit ihr sehe, ab. Ich kann ihr einfach nicht abnehmen, dass sie ein heruntergekommenes Mädchen spielt („Pieces of April„) oder wie in diesem Film eine toughe Reporterin, die den Zigarettenlobbyisten Nick Naylor verführt und dabei brisante Details entlockt. In den Sexszenen wirkt sie so steif wie ein Holzbrett – das war’s.

Ansonsten ist „Thank you for smoking“ als Satire angekündigt. Es geht um den Tabaklobbyisten Nick Naylor, der dafür sorgen soll, dass die Amerikaner rauchen. Trotz Krebs- und anderer gesundheitlicher Risiken. Sein Gegner: Senator Finistirre, der auf alle Zigarettenschachteln Totenköpfe drucken will, damit auch alle Nicht-Engländer und Nicht-Lesenden wissen, dass der Konsum schädlich ist.

Dass ausgerechnet Katie Holmes den durchtriebenen Lobbyisten und Vater eines Sohnes zu Fall bringen soll, mutet seltsam an und muss wohl Teil der satirischen Elemente dieses Filmes sein. „Thank you for smoking“ ist ein ganz netter Film. Klar, ernstes Thema und so, aber leider zu wenig überraschend. Oder zählt auch die Tatsache, dass Rob Lowe ganz gruselig daherkam und die Vermutung, dass er sich hat Liften lassen nicht ganz von der Hand zu weisen ist? Eben.

FILM: United 93

Als die zwei Flugzeuge ins World Trade Center rasten, war ich gerade in der Redaktion. Irgendwer schrie plötzlich auf, als er die Bilder sah, die da auf CNN gerade übertragen wurden. Der Rest des Tages war geprägt von Fassungslosigkeit, Hektik und einer Unruhe, die sich erst Wochen später wieder legte. Ich würde schon sagen, dass diese Ereignisse damals mein Leben veränderten. Ich übernahm Nachtschichten, beobachtete die Menschen, die mit mir mit der U-Bahn durch die Hauptstadt fuhren und wenn ich nicht arbeitete, hing ich trotzdem stundenlang vor dem Nachrichtensender.

Hilflosigkeit, Fassungslosigkeit, aber auch diese innere Unruhe – all das kam am Donnerstag wieder hoch, als ich den Film „United 93“ sah. Den Film, der zu zeigen versuchte, was sich an diesem Tag, dem 11. September 2001, im Flugzeug von United Airlines ereignete. Dem Flugzeug, dass sein Ziel nicht erreichte und in Pennsylvania zu Boden ging. Keiner überlebte.

Klar, ist die Frage berechtigt, warum man sich all das noch einmal in einem Film ansehen sollte. Auch ich kenne diese Geschichte natürlich, hatte von den letzten Telefonaten der Passagiere gehört, von der Revolte in letzter Minute, die allerdings nichts mehr genutzt hatte. Doch trotzdem bereue ich nicht, mir diesen Film noch einmal angeschaut zu haben. Er beschönigt nicht, kommt ganz ohne den typischen Hollywood-Heldenepos aus und zeigt die Hilflosigkeit des diensthabenden Personals zu Boden und in der Luft. Ein bedrückender Film. Als ich am vergangenen Dienstagabend die Kontrollen am Washingtoner Flughafen passierte, machte ich mich noch lustig, weil die Amerikaner alle freiwillig ihre Schuhe auszogen. Nach dem Film kann ich das sogar nachvollziehen.

FILM: Der Tintenfisch und der Wal

New York in den Achtzigern. Die Berkmans sind wohl das, was man eine Intellektuellen-Familie nennt. Er, mittlerweile erfolgloser Schriftsteller, sie mittlerweile erfolgreiche Buchautorin und die beiden Kinder, Walt und Frank. Der eine, der ebenfalls gerne als Intellektueller gelten möchte und mit dem von seinem Vater erlernten Halbwissen über Literatur prahlt, um Mädchen zu beeindrucken, der andere, der die Liebe zum Tennissport entdeckt hat und in den Augen seines Vaters ein Banause ist. In diese kindliche bzw. jugendliche Orientierungslosigkeit platzt die Scheidung der Eltern. Es beginnt ein Hin und Her an immer tiefer gehenden Verletzungen, Affären und der Kampf um die Kinder.
So richtig überzeugt hat mich der Film dann aber doch nicht. Klar, Laura Linney ist ne super Schauspielerin und auch den Kindern nimmt man ab, was da in ihrer Familie gerade passiert. Doch blieb ich am Ende ein wenig hilflos in meinem Kinosessel zurück. Haben die einzelnen Figuren jetzt etwas aus der Situation gelernt? Sind sie sich vielleicht sogar wieder ein bisschen näher gekommen? Oder soll das alles gar nicht sein und wollte der Regisseur einfach nur ein Porträt dieser Familie zeichnen? Ja, es ist die Frage, was dieser Film wollte, über die ich wohl noch ein wenig nachdenken werde.

FILM: Inside Man

Den perfekten Banküberfall, den will uns Dalton Russell (Clive Owen) zeigen. Warum? „Weil er es kann“, sagt er uns gleich zu Beginn und dann später auch nochmal. Und was sehen wir? Einen perfekt geplanten Banküberfall. Mit vielen Geiseln, die man schon bald nicht mehr von den Tätern unterscheiden kann. Und sehr vielen intelligenten Schachzügen, mit denen Russell die Polizei vorführt. Allen voran Cop Keith Frazier, der wegen eines anderen Falls unter Druck steht und seinem Vorgesetzten beweisen will, dass er ein guter Polizist ist. Doch Russell und seinen Verbündeten geht es nicht um Geld. Es geht ihm um das gut gehütete Geheimnis des Besitzers von Schließfach 392. Dieser – nervös, weil er die Aufdeckung fürchtet – heuert Madeleine White an, die ihre Kontakte nutzt, um mit den Bankräubern zu verhandeln.

Spike Lee gelingt mit „Inside Man“ ein durch und durch intelligent gemachter Film, in dem ich mich nur manchmal ein klitzekleines Bisschen gelangweilt habe. Denn besticht dieser Film insbesondere zu Beginn durch sein Tempo, flacht dieses zwischendrin deutlich ab. Doch was den Film für mich zu einem wirklich guten gemacht hat, ist – neben den glücklicherweise nur vorsichtigen Anspielungen auf Problemthemen wie Rassismus, Vergangenheitsbewältigung etc. – das Ende. Gerade als ich dachte, „Bitte, lieber Spike, mach das jetzt nicht kaputt, indem du mir sagst, was nun passiert“, begann der Abspann. Perfektes Timing. Schöner Film.

FILM: Das Leben der Anderen

Muss man diesen Film eigentlich mit all den anderen DDR-Filmen vergleichen, mit denen wir in den vergangenen Jahren behelligt wurde? Einerseits: Nö. Ganz andere Liga. Ganz anderes Thema. Andererseits: Unbedingt. Deswegen. Weil er nämlich endlich mal die ganze Ostalgie weglässt und die DDR so darstellt, wie sie eben war. Weil der Film darstellt, warum so viele Menschen das Land verlassen wollten, verlassen haben bzw. ihr Leben sogar dafür aufs Spiel setzten, um die DDR zu verlassen.
Nun gehöre ich ja genau zu diesen Menschen, die in sehr jungen Jahren dieses Land verlassen haben, noch bevor die Mauer fiel. Ich war jung, sehr jung, unsere Eltern haben versucht, das meiste, was in dieser Zeit geschehen ist, von uns fernzuhalten. Doch ganz ohne Erinnerungen ist auch ein elfjähriges Mädchen nicht. Zumal ich in den vergangenen Jahren sehr oft das Gespräch zu meinen Eltern suchte und mehr wissen wollte. Mehr wissen wollte, wie es denn so war, wenn man einmal im Monat im Ministerium erscheinen musste. Mehr wissen wollte, warum mein Vater plötzlich nicht mehr tagsüber in Schöneweide arbeitete, sondern die Nachtschicht in der nächstgelegenen Kaufhalle übernahm und Waren annahm oder Flaschen sortierte. Warum meine Mutter nicht mehr als Lehrerin arbeitete, sondern in einem Reparaturservice Schuhe entgegen nahm. Oder warum ich plötzlich nicht mehr das blaue Halstuch trug und meine beste Freundin plötzlich keinen Kontakt mehr zu mir haben durfte.
Denn all diese Vorkommnisse haben eines gemein: Sie waren Resultat einer Äußerung, die sich gegen den Staat richtete. Meine Eltern hatten beschlossen, auf legalem Wege das Land zu verlassen. Im Film „Das Leben der Anderen“ waren es Künstler, die mit ihren Werken politisch aneckten, die mit einem Berufsverbot mundtot gemacht wurden und daran zugrunde gingen.
Albert Jerska, der mit einem Berufsverbot belegte und mit Georg Dreyman befreundete Theaterregisseur, bringt sich um. Dreyman ist mit der schönen Schauspielerin Christa-Maria Sieland zusammen. Sie hat das Pech, dass Kulturminister Bruno Hempf ein Narren an ihr gefressen hat und um es sich nicht mit den Parteioberen zu verscherzen, gibt sie sich ihm in regelmäßigen Abständen hin. Das bringt den sonst so linientreuen Autoren Dreyman ins Zweifeln. In der Wut beschließt er gemeinsam mit zwei Freunden einen Artikel für den SPIEGEL zu schreiben. Über Selbstmorde, die in der DDR seit 1977 nicht mehr stattgefunden haben.
Das alles beobachtet Georg Wiesler, Sozialist und obrigkeitstreu durch und durch, der auf Dreyman angesetzt wurde, um etwas Anstößiges über ihn zu entdecken. Wir sehen, mit welcher Akribie zunächst die Wohnung verwanzt und später die Protokolle getippt wurden. Doch noch etwas Anderes, Unvorhergesehenes passiert mit Wiesler. Plötzlich zweifelt er an seinem Handeln, lässt Dreyman Dinge durchgehen, die er noch vor kurzem zutiefst verabscheut hat. Unklar bleibt, ob dabei die tiefe Bewunderung Christa-Maria Sieglands im Vordergrund steht oder ob es die Person Dreymans ist, die ihn so fasziniert und derart in den Bann zieht, dass er die bisher geltenden Maxime seines Handelns vergisst. Er verschweigt, ignoriert und rettet Dreyman schließlich vor den Repressalien des Staates.
„Das Leben der Anderen“ hat mich sehr berührt. Weil es dem Regisseur gelungen ist, auf sehr kühle und doch eindrucksvolle Art und Weise einen Teil der Geschichte zu erzählen. Ohne zu verklären, zu beschönigen oder zu verurteilen. Dass das so gelungen ist, dass ich mit einem Riesenklos im Hals noch während des Abspanns aufs Klo rennen musste, weil ich ansonsten stundenlang geweint hätte, lag aber auch an den brillanten Schauspielern. Ulrich Mühe, der den Stasi-Agenten Wiesler so genial in seiner Verklemmtheit und Detailversessenheit gespielt hat. Sebastian Koch, Ulrich Tukur, Martina Gedeck sind die großen Namen des Films. Es lohnt sich. Wirklich.

Jetzt überlege ich schon wieder die ganze Zeit, wie ich denn am besten über „Das Leben der anderen“ schreibe, ohne dass mich der Inhalt schon wieder so mitnimmt. Das war ein Film, sag ich euch, den solltet ihr euch alle angucken. Besonders die, die diese ach-so-lustigen Filme wie „Good bye, Lenin“ und Sonnenallee“ geschaut haben. Warum das so ist, erfahrt ihr hoffentlich bald. Noch krieg ich das nicht hin.

Kinofreunde aufgepasst!

Wieder einmal ein kleiner Hinweis auf die kostenlose STERN-Preview (S. 218). Der neue Film von Spike Lee „Inside Man“. Diesmal am Montag, den 20.3. um 20 Uhr. In Berlin, Bonn, Dresden, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Hannover, München, Münster und Stuttgart.

FILM: Transamerica

Und nun ein weiterer Film, der bei den Acadamy Awards eine gewisse Rolle gespielt hat, zumindest war er zweimal nominiert. Je länger ich darüber nachdenke, immerhin habe ich den Film bereits am Dienstagabend gesehen, desto begeisterter bin ich von Felicity Huffman, die wir aus „Desperate Housewives“ kennen und die in diesem Film die Hauptrolle gespielt hat. Stanley Osbourne ist transsexuell. Deshalb nennt er sich bereits seit einiger Zeit Bree und hat sich bereits einigen Schönheitsoperationen und Hormontherapien unterzogen, um sich endlich den Wunsch seines Lebens zu erfüllen: Er möchte als Frau leben. Doch kurz vor seiner letzten und wichtigsten Operation – schließlich will er auch „untenrum“ nicht mehr als Mann zu erkennen sein -, erhält er plötzlich die Nachricht, dass er während eines One-Night-Stands in seiner Jugend einen Sohn gezeugt hat. Bree fährt nach New York und nimmt den mittlerweile 17-jährigen Toby (Wer bitte nimmt diesem Typen ab, einen 17-Jährigen zu spielen?) mit nach Los Angeles, wo dieser eine Karriere als Filmstar (wenn auch in Pornos) starten will und sie sich ins Krankenhaus begeben kann.
Der Film erzählt die Geschichte von Bree, die zunächst ihre Vaterrolle verleugnet, doch im Laufe der Reise bald nicht mehr geheimhalten kann, dass sie zum einen transsexuell ist und zum anderen der Vater dieses Jungen. Diese Wandlung von der verklemmten Biederen zu einer Frau, die im Reinen ist mit sich selbst, ist hübsch anzuschauen. Der Hauptgrund dafür ist die wunderbare Felicity Huffman, der ich über die gesamte Zeit die Rolle abgenommen habe. Obwohl ich so kritisch war und den Film auch nur in der deutschen Übersetzung gesehen habe. Ganz, ganz toll. Und deshalb ist aus „Transamerica“ ein guter, ruhiger, teilweise sehr lustiger Film geworden, den ihr euch bitte alle anschauen solltet.

FILM: Brokeback Mountain

Dass ich anscheinend ein Problem mit Hollywood-Produktionen habe, erwähnte ich ja schon bei „Walk the Line“. Und auch diesmal saß ich im Kino und wartete darauf, dass endlich mal wieder die Tränen kullerten und ich am Ende des Films völlig mitgenommen aus dem Kino tapse. Nichts von beidem hat sich eingestellt. Die Geschichte um die zwei Cowboys, Ennis Del Mar (Heath Ledger) und Jack Twist (Jake Gyllenhaal), die sich in einem Sommer in den frühen sechziger Jahren beim Schafe hüten kennen lernen, hat bei mir keine Gefühlsstürme ausgelöst. Was ich natürlich sehr schade finde, weil der Stoff des Films ja geradezu dafür gemacht ist.
Die beiden, der eine arbeitet immer wieder als Aushilfe, der andere versucht sein Glück eigentlich als Rodeo-Reiter, kommen sich in der Einsamkeite der Berge von Wyoming näher. Nach diesem Sommer geht jeder seine eigenen Wege. Beide lernen eine Frau kennen, mit der sie auch Kinder bekommen. Bis sie sich nach drei oder vier Jahren wieder sehen. Natürlich können die beiden nicht voneinander lassen und so kommt es, dass sie sich in den folgenden Jahren alle paar Monate in die Berge verziehen und sich ihren Gefühlen hingeben. Doch für ein gemeinsames Leben kann sich besonders Ennis Del Mar nicht entscheiden. Auch nicht, als seine Ehe in die Brüche geht. Das mag daran liegen, dass er sich nicht wirklich traut, aber auch ein Erlebnis aus der Kindheit könnte der Grund dafür sein, dass er sich verpflichtet fühlt, seine Gefühle für diesen Mann in der Öffentlichkeit zu unterdrücken.
Ja, dem Regisseur Ang Lee gelingt es, auf einfühlsame Weise die Geschichte dieser beiden Männer zu erzählen. Er tut das weitgehend ohne sich irgendwelcher platter Klischees zu bedienen. Und beim Erzählen legt er unheimlich viel Wert auf Ästhetik. So hat man das Gefühl, das in jeder Einstellung das perfekte Bild gesucht wurde. Doch wie gesagt, ich bin nicht warm geworden mit dem Film (haha). Die 20 Jahre hin und her ziehen sich ewig in die Länge, es ist ein Plätschern mit viel Liebe, Schmerz, Trauer und Sehnsucht. Es ist wirklich schön anzuschauen, keine Frage. Ein weiterer Grund für meine Unzufriedenheit ist die Tatsache, dass dieser Film für mich ungefähr zehn Jahre zu spät kommt. Wir hatten Anfang der Neunziger bereits Schwule, die an AIDS gestorben sind, warum erst jetzt die schwulen Cowboys?
Keine Frage, „Brokeback Mountain“ ist ein guter Film, aber ein brillanter, herausragender, wichtiger? Für mich nicht.

Übrigens lädt der STERN schon wieder zu einer kostenlosen Preview ein. Diesmal für Dienstag, den 14.3., 20 Uhr. Anschauen kann man sich „Transamerica“. In Berlin, Düsseldorf, Dresden, Frankfurt, Freiburg, Hamburg, Hannover, Köln, München und Stuttgart.