Warum ich gerne Newsletter schreibe

Wie lesen wir digital und wie auf Papier? Und welche Konsequenzen hat das auf das Aufbereiten und Schreiben von Inhalten im Digitalen. Ein Buch, ich bin gerade noch mittendrin, ist dabei besonders hilfreich. „Schnelles Lesen, langsames Lesen“ von Maryanne Wolf, Anja Hartmann hat es mir schon vor einiger Zeit ans Herz gelegt. Zu dem Buch an anderer Stelle mal mehr. Ich kann aber schon soviel sagen: Es ist kein Buch, dass das digitale Lesen verteufelt, sondern sowohl darauf hinweist, was uns möglicherweise verloren geht, wenn wir nur noch schnell und digital lesen, als auch darauf eingeht, was wir gewinnen, wenn wir beides beherrschen.

In diesem Buch habe ich aber auch eine wunderbare Rechtfertigung dafür gefunden, warum ich mich Woche für Woche hinsetze und diesen Newsletter verschicke. Und die möchte ich gerne mit dir teilen: Wolf schreibt nämlich: „Briefe laden zu einer Art Atempause ein, in der wir gemeinsam nachdenken und, wenn wir sehr viel Glück haben, eine besondere Art der Begegnung erleben können, die Marcel Proust einmal „das fruchtbare Wunder einer Kommunikation“ nannte, das einem zufällt, ohne dass man seinen Sessel dafür verlassen muss.“ Ich sehe diese Worte als Ansporn und arbeite daran, dass mir das gelingt.

Und folgende Worte, lang aber lohnenswert, brachten mich auf eine Idee: Wäre es vielleicht eine hilfreiche Therapie für unsere Gesellschaft, wenn wir einander ganz dringend mehr Briefe schreiben würden? „Briefe erlauben Gedanken, die, selbst wenn sie so dringlich sind, wie einige von denen, die hier angesprochen werden sollen, jenes Element von Leichtigkeit und Verbundenheit enthalten, die jeden echten Dialog zwischen Verfasser und Leser auszeichnet, in allem getragen von dem Wunsch, bei dem anderen wenn möglich neue Gedanken anzustoßen, die in eine ganz andere Richtungen gehen werden als die des Verfassers.“

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Acht Erkenntnisse aus der ARD/ZDF-Onlinestudie

Die ARD/ZDF-Onlinestudie ist raus – eine der wichtigsten Studien, um zu verstehen, wie Menschen das Internet nutzen. Natürlich habe ich mir angeschaut, was sich in den vergangenen zwölf Monate getan, welche Veränderungen es gegeben hat. Die spannendsten Aspekte habe ich für dich hier zusammengefasst. Auf geht’s.

Erstens: Die Internetnutzung erreicht im zweiten Jahr der Corona-Pandemie neue Höchstwerte. Es wird wird für noch mehr Menschen zum Tagesbegleiter. Insbesondere die Zahl derjenigen, die mindestens einmal am Tag das Internet genutzt haben, ist gestiegen. Das liegt vor allem daran, dass die Älteren das Internet intensiver nutzen als bisher.

Zweitens: Wie nutzen die Menschen in Deutschland das Internet? Hauptkategorie ist die mediale Nutzung. Die Haupttreiber: Video-Streamingdienste, Musikhören über Streamingdienste und das Lesen von digitalen Artikel auf verschiedenen Plattformen. Die Bewegtbildnutzung erhält einen starken Schub, genauso wie die Audionutzung. 

Drittens: Das Comeback des Textes: In der Corona-Pandemie sind vielen Menschen Artikel oder Berichte im Internet wichtiger geworden. Besonders die Nutzung von „Artikeln im Internet bei anderen Anbietern“ hat hier zugelegt. Was sich dahinter wohl verbirgt?  Ebenfalls an Bedeutung gewonnen: Chatten oder Whatsapp und Videoangebote im Internet. 

Viertens: E-Mail und Newsletter: Die E-Mail ist nach wie vor bei allen Altersgruppen in täglicher Verwendung – ein Drittel der Bevölkerung ab 14 Jahren schreibt oder liest täglich private E-Mails. Viele Medienunternehmen ignorieren diese Form der digitalen Kommunikation immer noch: Gut jede Fünfte liest mindestens einmal wöchentlich Newsletter – nach Altersgruppen aufgesplittet ist die Nutzung bei den 30- bis 49-Jährigen mit 27% am höchsten, gefolgt von 50 bis 69 Jahren (25%). Aber auch bei den unter 30-Jährigen beziehen 17% wöchentlich einen Newsletter. Oder um es im Studiensprech zu sagen: „Der Kommunikationsweg über E-Mail, der schon vor Jahren immer wieder als angestaubt und in die Jahre gekommen bezeichnet wurde, und der Versand von Newslettern bei der privaten Nutzung bergen ein größeres Potenzial, als zu vermuten gewesen wäre.“

Fünftens: 83% der Menschen in Deutschland nutzen Messengerdienste – an Whatsapp geht hier immer noch kein Weg vorbei. Je jünger, desto eher ist auch mal ein anderer Messenger in Nutzung, wobei die Nutzung dann eher eine Erweiterung des Messengerportfolios ist als ein Ersatz für Whatsapp. 

Sechstens: 60% der Gesamtbevölkerung nutzt Social-Media-Kanäle. Hier gibt es natürlich große Unterschiede je nach Alter – bei den 14- bis 29-Jährigen liegt der Wert bei 91%, bei den 40- bis 69-Jährigen immer noch bei 45%. Die beliebtesten Netzwerke in der Gesamtbevölkerung in der täglichen Nutzung: Instagram vor Facebook (hat im Vergleich zu 2020 sogar zugelegt!) vor Snapchat  und Tiktok.

Siebtens: Wer mit U30 kommunizieren will, kommt an Instagram nicht mehr vorbei. 73% der 14- bis 29-Jährigen nutzen mindestens wöchentlich den Kanal. Spannend aber auch: Während die mediale Aufmerksamkeit vor allem auf tiktok liegt, ist Snapchat in der jungen Zielgruppe mit 44% (TikTok 32%) deutlich relevanter.

Achtens: Die Rolle von Facebook als täglicher Begleiter wird von Instagram übernommen, allerdings bleibt  Facebook ungeachtet der Nutzungsfrequenz  das am häufigsten genutzte Social-Media-Angebot bei der Bevölkerung ab 30 Jahren. Nur in der jungen Zielgruppe sinkt die Relevanz von Facebook weiter.

Fazit: Wer keine Strategie hat, mit seinen Zielgruppen digital zu kommunizieren, hat ein Problem. Wer seine Zielgruppen nicht kennt, auch. Passgenaue Kommunikation ist in der sich immer weiter diversifizierenden Medienwelt und der einhergehenden zunehmenden Flut an Inhalten unabdingbar. 

(Selber lesen? Viel Spaß!)

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Veränderung beginnt mit der Beschäftigung damit

Wie stark muss die Arbeit im Newsroom eigentlich von Kennzahlen geprägt sein? Über diese Frage habe ich in den vergangenen Tagen mal wieder nachgedacht. Denn als ich selbst noch am Newsdesk saß und mit meinen Kolleginnen darüber entschied, welche Geschichte auf welchem Platz der Homepage platziert werden sollte, welche wir auf Twitter und Facebook ausspielen und welche auch im täglichen Newsletter verbreitet werden soll, da spielten Zahlen eine große Rolle. Weil wir uns tägliche und monatliche Ziele gegeben hatten, die wir erreichen wollten.

Doch natürlich sind Zahlen nicht alles. Denn manche Inhalte werden auch gespielt, weil wir uns positionieren wollen. Weil wir ein Thema in die Welt bringen wollen. In diesen Fällen besteht natürlich auch das Risiko, dass das mal nicht so gut funktioniert. Formulierung, Timing, Kanal – alles Faktoren, die dabei ebenfalls eine Rolle spielen können. 

Warum ich das erzähle? Weil ich gerade einen Workshop für einen Kunden vorbereite und nun seit einiger Zeit darauf warte, dass ich ein paar Daten erhalte. Rudimentäre eigentlich, wie die täglichen Besucher auf der Webseite, mit welchen Themen Digitalabos generiert werden, welche freien Inhalte gut laufen. Die Daten helfen mir, meinen Kunden besser zu verstehen.

Viel wichtiger aber: Mein Kunde lernt, sein eigenes Produkt besser zu verstehen. Indem er sich diese Daten erschließt, geht er den ersten Schritt dahin, seine Arbeit in Zukunft besser zu machen. Ich bin nicht sicher, ob der nun folgende Satz in der Vergangenheit von einem schlauen Menschen gesagt wurde, beim schnellen Googeln habe ich zumindest nichts gefunden. Ich finde aber, dass er das eben Geschriebene gut auf den Punkt bringt: Die Lösung des Problems beginnt mit der Beschäftigung damit.

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Studie: Wie schlecht sind Firmeninhalte auf Linkedin?

In den letzten Monaten haben wir uns hier im Team sehr häufig mit dem Thema „Thought Leadership“ beschäftigt oder um es weniger buzzwordig zu sagen: Wie kann ich mit Inhalten Meinungen, Gedanken und Ideen unter die Leute bringen, um besser wahrgenommen zu werden bzw. den einen oder anderen am Ende von Kaufentscheidungen, Zusammenarbeit oder ähnlichen Dingen zu überzeugen. Gerade im B2B-Bereich ist hier Linkedin die „Plattform to be“ und wird ja auch bereits jetzt von sehr vielen Menschen dafür genutzt.

Kein Wunder also, dass Linkedin gemeinsam mit Edelman einmal untersucht hat, wie Entscheider*innen diese Inhalte bewerten. Die Studie dazu liefert einige spannende und ernüchternde Erkenntnisse: Viele finden so genannte Thought-Leadership-Inhalte allenfalls mittelmäßig. Problem: Nur wirklich gute, inspirierende Inhalte zahlen auch darauf ein, dass eine Marke anders wahrgenommen oder gar der Kaufentscheidungsprozess beeinflusst wird. Nur 15 Prozent der so genannten Thought-Leadership-Inhalte werden als sehr gut oder exzellent eingestuft!

Dabei ist es durchaus richtig, strategisch Inhalte zu entwickeln, denn Entscheider*innen suchen diese gezielt auf. Aus den unterschiedlichsten Gründen:

  • 71 Prozent wollen in ihrem Fachgebiet und über ihre Branche auf dem Laufenden bleiben
  • 71 Prozent hoffen auf Unterstützung beim Generieren neuer Ideen
  • 68 Prozent wollen von Zukunftstrends erfahren
  • 47 Prozent wollen neue Produkte entdecken
  • 65 Prozent hoffen, so besser Schlüsseltrends zu verstehen, die das eigene Geschäftsmodell beeinflussen
  • Und beim genauen Lesen gibt auch diese Studie wieder einige Tipps für die Erstellung eben dieser so genannter Inhalte.

    1. Auch hier gilt: Vorsicht kurze Aufmerksamkeitsspanne! Die Inhalte müssen schnell funktionieren!
    2. Sei smart: 87 Prozent sagen, dass Inhalte im besten Fall intellektuell anspruchsvoll und gleichzeitig Spaß machen sollen.
    3. Schaffe Inhalte, die klar machen, dass du die spezifischen Bedürfnisse deiner Kund*innen verstehst (und das bedeutet auch, dass du in Format, Stil und Ansprache flexibel sein solltest).
    4. Sei persönlich!
    5. Provoziere! 81 Prozent honorieren, wenn die Inhalte provokante Ideen liefern, die die eigenen Annahmen herausfordern
    6. Sei offen: 80 Prozent schätzen Daten, Studien und Erkenntnisse von Dritten
    7. Sei originell!

    Die komplette Studie zum Selberlesen.

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    Gendern nervt viele. Obwohl es gute Argumente dafür gibt

    Gendern. Hochemotionales Thema, aus den unterschiedlichsten Gründen. Ich kenne mindestens zwei Leserinnen dieses Blogs, deren Herzschlag jetzt schon schneller geht. Denn zunehmend ist das eine Frage, die an mich in meinen Seminaren und Beratungen herangetragen wird. Sollen wir oder sollen wir nicht. Und wenn ja, wie.

    Ganz grundsätzlich: Gendern bezeichnet die Berücksichtigung des Geschlechts in der Sprache. Und das umfasst die unterschiedlichsten Varianten. Die „lieben Kolleginnen und Kollegen“, mit Sternchen, Doppelpunkt oder Unterstrich oder neutral formuliert wie in „die Studierenden“ – all diese Formen haben gemein, dass sich grundsätzlich erst einmal mehr Menschen angesprochen fühlen könnten. Mehr Menschen, d.h. all diejenigen, die man mit dem weit verbreiteten generischen Maskulinum möglicherweise ausschließt.

    Weil die meisten es bisher nicht tun, möchte ich an dieser Stelle einmal drei Argumente nennen, weshalb es sich lohnen könnte, sich mit dem Thema auseinander zu setzen.

    Erstens. Wer gendert – ob als Organisation, Institution oder Unternehmen – bekennt sich nach außen zu einer inklusiven und diversen Unternehmenskultur. Und das ist ja erstmal nichts Schlechtes.

    Zweitens. Wer vor allem junge Zielgruppen ansprechen möchte – zum Beispiel, um Stellen zu besetzen, sollte sich mit diesem Thema befassen. Eine Infratest-dimap-Umfrage aus dem Mai 2021 zeigt, dass die Befürwortung einer gendergerechten Sprache bei den 18-bis 39-Jährigen mit 38 Prozent am höchsten ist.

    Drittens: Auch für diejenigen, die einen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Auftrag wahrnehmen wollen, könnte Gendern eine Idee sein und das ist für mich persönlich das stärkste Argument, sich mit dem Thema Gendern auseinanderzusetzen. Denn: Zahlreiche Studien belegen, dass vor allem Kinder das generische Maskulinum nicht begreifen und sich bei männlichen Berufsbezeichnungen wie Pilot, Arzt oder Wissenschaftler eher männliche Vertreter vorstellen.

    Bei einem Experiment an der Freien Universität Berlin wurden Grundschülerinnen und Grundschülern Berufsbezeichnungen vorgelesen. Entweder mit Doppelnennung oder nur in der männlichen Form. Ergebnis: Diejenigen, die die Doppelnennung gehört hatten, konnten sich eher einen „typisch männlichen“ Beruf für sich vorstellen als die andere Gruppe. Allein mit Sprache können wir alle bereits im Kindesalter dafür sorgen, dass Mädchen bestimmte Berufe nicht kategorisch ausschließen.

    Schöner Nebeneffekt: Auf diesem Weg lässt sich auch daran arbeiten, dass mehr Frauen sich für eher männlich besetzte Berufe entscheiden. In diesem Zusammenhang fallen mir spontan folgende Stichworte ein: Chancengerechtigkeit, mehr Frauen in Führungspositionen, weniger Fachkräftemangel.

    Und wie genau das mit dem Gendern am besten geht – auch vor dem Hintergrund von Suchmaschinenoptimierung usw., darum geht es an anderer Stelle.

    So, und jetzt freue ich mich über (hitzige) Reaktionen. ;)

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    Die Kunst des guten Erzählens am Beispiel von Helgoland

    Zum ersten Mal war ich als Mitglied der Theater-AG meiner Schule auf Helgoland. Wir sollten dort unser Stück aufführen – „Der Geizige“ von Molière. Danach folgten noch einige Besuche. Und nach jedem Besuch auf Deutschlands einziger Hochseeinsel fuhr ich mit dem Gefühl: War schön, aber ich muss wiederkommen. Weil sie so schön ist, ich fasziniert bin von der Leere, wenn die Tagesbesucher wieder in ihre Katamarane gestiegen sind, weil es dann doch noch so viel Unentdecktes gibt. Und nach der Lektüre von Isabel Bogdans neuem Buch „Mein Helgoland“ habe ich nun noch ganz viele andere Gründe gefunden, die Insel noch einmal zu besuchen.

    “Mein Helgoland” ist eine Erzählung von Isabel Bodgan, die lange Zeit vor allem als Übersetzerin tätig war. Als sie vor einigen Jahren selbst einen Roman veröffentlichte, wurde der gleich zum zum Bestseller. (Sie ist zudem eine Bloggerin der ersten Stunde, aber das ist eine ganz andere Geschichte.) Bodgan erzählt über ihr Helgoland, das sie sehr stark mit dem Schreiben verbindet, denn dort verbrachte sie die eine oder andere Schreibzeit – allein und mit befreundeten Autor*innen. Und deshalb erzählt sie nicht nur von Helgoland, sondern auch vom Schreiben, worauf es ankommt, was ihr hilft, wie Romane und Geschichten entstehen. Das Allerschönste an dem Buch sind die Parallelen, die sie zieht, zwischen dem Geschichten erzählen, dem Schreiben und einem Besuch auf Helgoland. Was es für gutes Storytelling benötigt – auch hierfür liefert sie Inspiration.

    „Schreiben ist auch eine Insel. Man ist allein mit dem Text, abseits von allem anderen, und man bleibt gedanklich auch dann, wenn man gerade nicht am Schreibtisch sitzt, immer irgendwie bei der Geschichte, bei den Figuren, bei dem Thema, mit dem man sich gerade befasst. Man findet im Alltag plötzlich Dinge, die man für den aktuellen Roman gebrauchen kann, man hält immer die Augen offen nach verwendbarem Material (…).“

    Viele dieser unverwechselbaren Helgoland-Momente bringt sie mit dem Schreiben in Verbindung. Die Düne als Abschweifung, Nebenthema, die dadurch zum heimlichen Star der Geschichte wird. Sie verdeutlicht das am Besuch in den Bunkergewölben von Helgoland: „Für eine gute Geschichte muss man ebenfalls tief hinuntergehen, mitten rein ins Fundament. Dahin, wo die Verletzten und die Toten sind. Wo die Traumata sitzen. Man muss das nicht alles im Detail erzählen, aber als Autorin muss ich wissen, wie das Fundament aussieht. Ich muss wissen, in welchem tiefen Loch meine Figuren gesessen und sich zu Tode gefürchtet haben.“

    Ein bisschen Unterstützung holt sie sich dabei von Helgolands berühmtestem Autor James Krüss, vor allem, wenn es um die Kunst des Erzählens geht und zitiert ihn wie folgt: „Kästner hat mir sehr viele Ratschläge erteilt, wie man Kinderbücher schreiben muss. Zum Glück habe ich keinen einzigen seiner Ratschläge befolgt. Denn jeder muss sich seine eigenen Rezepte machen.“

    Zum Schluss findet Isabel Bogdan eine wunderbare Parallele zwischen dem drohenden Ende des Aufenthalts auf der Insel und der Frage, wann eine Geschichte eigentlich fertig ist. „Fertig ist man nie, man kann immer noch weitermachen, immer noch mal überarbeiten, etwas ergänzen, streichen, komplett ändern. Wann ist es fertig? Fertig ist immer auch eine Entscheidung (powered by deadlines).“

    Hier kann ich wiederum Parallelen erkennen: Fertig werde ich mit Helgoland nie. Aber ich entscheide mich dafür, in das Schiff zu steigen und vorerst zurückzufahren. Genauso wie ich jetzt der Meinung bin, dass ich dir am Ende dieses Textes den Link zum Buch darreiche, den Fun-Fact, dass die Ärzte in der ersten Demofassung des Songs „Westerland“ Helgoland besungen haben und einen dazugehörigen Youtube-Beweis. Viel Spaß mit dem Ohrwurm.

    (Dieser Text war in einer abgewandelten Version Teil meines Newsletters, in dem ich jede Woche Inspiration, Best Practice und Tipps und Tricks zur Digitalen Kommunikation verschicke. Hier kannst du ihn abonnieren.)

    Warum Medienmacher und Kommunikatoren einen Blick in das Usethenews-Playbook werfen sollten

    Wie nutzen junge Menschen eigentlich Medien? Diese Frage beschäftigt uns alle berufsbedingt immer wieder. Deshalb konsumiere ich beispielsweise zum einen Kanäle und Medien, die genau für diese Zielgruppe gemacht sind. Und manchmal wundere ich mich dabei, zum Beispiel über die Überinszenierung von Podcast-Formaten wie „Noise“ oder „Wild Wild Web – die Kim Dotcom Story“ oder fühle mich gut informiert wie etwa in „Der Mann in Merkels Rechner„. 

    Zum anderen kannst du Studien und andere Meta-Analysen lesen. Eine davon ist zum Beispiel das Usethenews-Playbook. Es beschäftigt sich damit, wie sich junge Menschen (bis 30) in Deutschland informieren und wie man für diese Generation ansprechende und zeitgemäße Nachrichtenangebote entwickelt. Neben Erkenntnissen aus der umfangreichen Studie zur Mediennutzung der U30-Generation zeigt das Playbook viele Beispiele für „junge“ Nachrichtenangebote und teilt Erkenntnisse der Macher. So erhält jeder, der das Buch liest, wirklich einen guten Eindruck, worauf es ankommt. Besonders gut finde ich die Hinweise auf das Zusammenspiel von Journalismus und Medienkompetenz. Denn wenn wir als Gesellschaft wollen, dass Jugendliche in der Lage sind, gute von nicht so guten Quellen zu unterscheiden, dass sie schätzen, was Journalismus leisten kann, dann muss die Vermittlung von Medienkompetenz bereits in der Schule stattfinden – zeitgemäß.

    Einer der entscheidenden Sätze der gesamten Studie war für mich folgender: „Nur durch solides Handwerk sowie verlässliche und tiefgründige Inhalte aus verschiedenen Perspektiven kann es gelingen, sich von nicht journalistischen und meinungsstarken Akteur:innen abzugrenzen und einen überzeugenden Mehrwert zu schaffen, für den man im Zweifel auch bereit ist, Geld zu bezahlen.“

    Gleichzeitig müssen die Formate und Produkte einen klaren Nutzen transportieren, sich auf strategische Ziele fokussieren, im Markt bestehen können und im Rahmen der eigenen Ressourcen umsetzbar sein – Dinge, die für jedes digitale Produkt und Format gelten, egal an welche Altersgruppe man sich wendet. 

    Der dritte Punkt, um Zielgruppen gut zu verstehen, ist: ran an die Zielgruppe. Reden, beobachten, verstehen. Was macht eine 17-Jährige bei Tiktok? Auf welchen Plattformen sind sie unterwegs? Und wie funktioniert eigentlich Discord? Ist das, was wir uns da gerade ausdenken, wirklich zeitgemäß? Produkte, Formate, Medien – sie werden immer besser, wenn sie von Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen und Kompetenzen entwickelt werden.

    (Dieser Text war Teil meines wöchentlichen Newsletters. Hier kannst du ihn abonnieren.)

    Kann man von Merkel etwas für die digitale Kommunikation lernen? Ein Versuch.


    An den vergangenen drei Abenden habe ich jede freie Minute damit verbracht, den Deutschlandfunk-Podcast „Merkel-Jahre – der unwahrscheinliche Weg der Angela M.“ zu hören (ganz gut gemacht!) und dabei kam mir eine Idee: Könnte man einige der positiven Merkel-Prinzipien, die ihr immer wieder nachgesagt werden, nicht auch in die digitale Kommunikationswelt übertragen? Nach einigem Hin und Her kam ich zu dem Schluss: Ich versuch es einfach mal. Hier sind sieben Merkel-Prinzipien für die digitale Kommunikation. Also los. 

    1. Rainer Eppelmann, Thomas de Mazière oder Jean-Claude Juncker – egal welcher ihrer Wegbegleiter in dem Podcast zitiert wird, aber auch in den zahlreichen Porträts, die dieser Tage über Angela Merkel erscheinen: Immer wieder wird darauf hingewiesen, dass Merkels große Stärke sei, die Dinge vom Ende her anzugehen.
    Heißt: Nur wenn ich weiß, was ich erreichen möchte, kann ich auch zielgerichtet handeln. 

    2. Als Angela Merkel aus der Fraktionsführung heraus 2005 in den Wahlkampf zog, versuchte sie es mit einem recht radikalen neoliberalen Kurs, der ihr beinahe den Wahlsieg gekostet hat. Wäre sie dabei geblieben, wäre eine Große Koalition nicht möglich gewesen. Oder die Kehrtwende beim Atomausstieg nach der Katastrophe in Fukushima 2011. Die einen warfen ihr Prinzipienuntreue vor. Andererseits könnte man auch sagen: Sie trifft Entscheidungen dann, wenn Zeit und Stimmung günstig sind. 
    Heißt: Jeder Inhalt sollte perfekt auf Kontext und Zielgruppe abgestimmt werden. 

    3. Die Datsche in der Uckermark, die Kartoffelsuppe als Lieblingsessen, die Urlaube in den Bergen – trotz ihrer Rolle auf den internationalen Weltbühnen bleibt sie sich treu und steht dazu.
    Heißt: Authentisch bleiben.

    4. Es gibt diese eine Anekdote aus Merkels Zeit als Umweltministerin, als der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl eine Verordnung zum Sommersmog nicht diskutieren wollte. Da seien ihr Tränen gekommen, was natürlich auch an die Medien durchgestochen wurde. Schnell habe sie gelernt, Gefühle haben in der Politik meist nichts zu suchen. Und wenn dann setzt sie sie wohl dosiert ein. Zum Beispiel, als sie sich 2015 mit folgenden Satz an die deutsche Bevölkerung richtete: „Wenn wir jetzt anfangen, uns noch entschuldigen zu müssen dafür, dass wir in Notsituationen ein freundliches Gesicht zeigen, dann ist das nicht mein Land“. 
    Heißt: Nur wer Fehler macht, entwickelt sich weiter. Und: Wenn wichtige Botschaften auch wirklich ankommen sollen, braucht es eine emotionale Ansprache.

    5. Ziemlich häufig gab es die Momente, in denen Angela Merkel zu einem Thema lange Zeit nichts sagte, die öffentlichen Debatten laufen ließ. So lange, bis sich das eine oder andere Thema von alleine erledigte, der eine oder andere politische Gegner sich durch die vorschnelle Reaktion selbst erledigte.
    Heißt: Die erste Reaktion ist nicht immer die beste. Auch wenn es gerade in emotionalen Momenten verdammt schwer fällt.

    6. Erinnerst du dich noch? Die EU-Gipfel während der akuten Phase der Finanzkrise waren lang und zäh, wurden unterbrochen und am Ende kamen nach nächtelangem Ringen nur Miniergebnisse heraus. Für ihre Beharrlichkeit wurde sie selbst von politischen Gegnern geschätzt, dass überhaupt etwas herauskam, lag oft auch an Merkels Rolle. In diesem Artikel über eine Merkel-Biographie beschreibt der Autor Stefan Reinecke ihre Strategie in Krisensituationen: „Sie strebte keine Ziele mehr an, sondern entwickelte die situative Reaktion auf Krisen zur Perfektion.“ Eines ihrer Erfolgsrezepte: perfekte Vorbereitung durch penibles Aktenstudium. 
    Heißt: Dranbleiben, reinfuchsen und optimieren. Dann gibt’s auch gute Ergebnisse.

    7. Es ist schon erstaunlich, wie konstant der engste Kreis um Angela Merkel über all die Jahre geblieben ist. Ich bin fest überzeugt, dass es daran liegt, dass sich hier jeder auf jeden verlassen kann.
    Heißt: Such dir Vertraute und vertraue, gib Rat und suche ihn, sei verlässlich. 

    Und nein: Nächste Woche kommen dann nicht die sieben Merkel-Schwächen, die du auf keinen Fall in der digitalen Kommunikation anwenden solltest. 

    (Dieser Text war Teil meines wöchentlichen Newsletters. Hier kannst du ihn abonnieren.)

    Ciao oder eine Anleitung zur perfekten Empörung auf Twitter

    „Euer Ernst, @diezeitung?“, „Einfach nur asozial“, „Das ist ein Schlag in die Fresse von Feministinnen, und falls ihr euch fragt, wie misogyn und erbärmlich männliche Journalisten noch werden können, Hans Benedek zeigt es eindrucksvoll“. Das sind nur drei von insgesamt 61 Tweets, die die Autorin Johanna Adorján in ihrem Buch „Ciao“ verfasst hat. Sie beschreiben den Shitstorm, der den in die Jahre gekommenen Feuilleton-Redakteur Hans Benedek trifft. Jeder einzelne dort abgedruckte Tweet ist so auf den Punkt formuliert – wie man Empörung über alte, weiße Männer und Redaktionen eben nur auf Twitter findet. Falls du also mal Inspiration für Beschimpfungen suchst – das Buch ist die perfekte Quelle.

    „Ciao“ ist eine Mediensatire: Kulturredakteur merkt nicht, dass er den aktuellen Zeitgeist nicht mehr trifft, obwohl er sich redlich bemüht und sich sogar regelmäßig mit Instagram-Stars trifft. Und dann wird ihm auch noch eine Chefin vor die Nase gesetzt, die plötzlich Spesenabrechnungen nicht mehr durchgehen lässt. Kein Wunder, dass sein Vorhaben, eine 24-jährige Feministin zu porträtieren, gehörig schief geht.

    Adorján wirft einige der Fragen auf, über die so oder ähnlich aktuell diskutiert wird: Wie halten mit dem Gendern? Wie umgehen mit Veganern in der Familie? Darf jeder zu allem eine Meinung haben und dürfen alte Männer junge Feministinnen porträtieren? Passen Twerken und Feminismus zusammen? Und warum muss ein Kulturredakteur allen Ernstes in die Onlineredaktion „abgeschoben“ werden? Haben wir noch 2016 oder wie?

    Vielleicht hast du demnächst ein bisschen Zeit, um mit „Ciao“ in den Medienbetrieb abzutauchen (Buch bitte beim Buchhändler um die Ecke kaufen!). Und wenn du Antworten auf die oben genannten Fragen gefunden hast und drüber reden magst, lass es mich wissen.

    (Diese oder ähnliche Buchempfehlungen gibt es immer wieder auch in meinem Newsletter. Hier kannst du ihn abonnieren.)

    „Kill your Darlings“ – kannst du dich von deinen Lieblingen trennen?

    Nach gerade einmal acht Monaten ist Schluss: Fleets, die Twitter-Variante von Instastories, wurde wieder abgeschaltet. Gerade einmal acht Monate hat Twitter Fleets gegeben und gehofft mit diesem niederschwelligen Feature die Menschen dazu zu animieren, ihre Gedanken zu äußern. „We hoped Fleets would help more people feel comfortable joining the conversation on Twitter.“ Hat nicht funktioniert. Am 3. August wurde die Funktion abgeschaltet.

    Das ist aus verschiedenen Gründen recht erstaunlich. Zum einen wundert es mich, dass Twitter nicht erst einmal versucht hat, das Feature zu verbessern, weitere Funktionalitäten hinzuzufügen oder es stärker in den „Markt“ zu drücken. Andere Netzwerke gehen damit ganz anders um: siehe Instagrams Bemühungen, Reels zu etablieren. Fleets müssen ein derart großer Flop gewesen sein, dass die Entwickler keine Hoffnung gehabt haben, das Ruder noch herumreißen zu können.

    Es zeigt außerdem: Der Launch neuer Funktionen sorgt nicht unbedingt für neue Nutzergruppen. Nur weil man ein Feature kopiert und integriert, heißt das noch lange nicht, dass Nutzerinnen und Nutzer ihre Gewohnheiten verändern.

    Und noch eine Sache zeigt die Rolle rückwärts von Twitter, die Heiko Scherer auf Twitter ziemlich gut auf den Punkt gebracht hat: „Rolling back #Fleets just shows how good @Twitter product development became – not just adding stuff but killing it rather sooner than later is a real skill.“

    Kill your darlings – das Prinzip, das die einen sicherlich vom Schreiben kennen – von US-Schriftsteller Stephen King stammt folgendes treffendes Zitat: „Kill your darlings, kill your darlings, even when it breaks your egocentric little scribbler’s heart, kill your darlings.“ Ich bewundere beispielsweise mit welcher Konsequenz die Autorin Juli Zeh mit ihren eigenem Werk umgehen kann, wenn es darum geht, es veröffentlichungstauglich aufzubereiten (Im Hotel-Matze-Podcast erzählt sie es sehr anschaulich).

    Die anderen kennen die Kill-your-Darlings-Methode vermutlich aus dem Innovationsmanagement. Ideen sollen rational bewertet und dann auch schonungslos aussortiert werden, egal, wie lieb gewonnen man die jeweilige Idee hat. Dabei helfen folgende Fragen: Warum ist die Idee sinnvoll? Wie kann sie umgesetzt werden und wie trägt sie dazu bei, meine Ziele zu erreichen? Hat die Idee nach einer bestimmten Zeit die gesetzten Ziele erfüllt?

    Egal woher: Die eigenen Projekte, lieb gewonnene Gewohnheiten – es kann sinnvoll sein, diese und die eigenen Handlungen von Zeit zu Zeit zu hinterfragen und so objektiv wie möglich zu bewerten. In einigen Fällen kann dabei auch eine dritte Person helfen. Von welchen „Darlings“ hast du dich zuletzt getrennt?

    (Dieser Text erschien zuerst in abgewandelter Form in meinem Newsletter. Hier kannst du ihn abonnieren.)